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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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geschnürtem Gürtel und breitem V-Ausschnitt, der den Rollkragen ihres schwarzen Pullovers sehen ließ. Sie war ohne Kopfbedeckung, und die Strümpfe und die schwarzen Pumps waren viel zu dünn für die winterliche Jahreszeit. Eine Handtasche trug sie nicht bei sich.
    Sie überquerte die Straße und verschwand aus seinem Blickfeld.
    Die ersten Firmenangestellten verließen das Haus, und schließlich erschien der Mann, der Folke Bengtsson hieß, und schloß die Tür des Büros hinter sich ab. Gerade als er die Fahrbahn überqueren wollte, kam Sonja Hansson ihm entgegengehastet.
    Sie begrüßte ihn temperamentvoll, ergriff ihn am Ärmel und sagte etwas, während sie ihm offen ins Gesicht blickte. Dann nickte sie ihm zu, lachte, drehte sich auf dem Absatz um und eilte weiter.
    Stenström, der die Szene aufmerksam beobachtet hatte, war zufrieden. Ihr Gesicht hatte Eifer, Freude und Herausforderung ausgedrückt. Sie hatte ihre Rolle überzeugend gespielt.
    Der Mann stand immer noch auf demselben Fleck, wo sie ihn verlassen hatte, und sah ihr nach. Einen Moment schien es, als wolle er ihr nachgehen, aber dann steckte er die Hände in die Taschen und ging langsam mit gesenktem Kopf weiter. Stenström nahm seinen Hut, bezahlte am Tresen und schaute vorsichtig aus der Tür. Als Bengtsson um die Ecke bog, zog er die Tür hinter sich zu und ging ihm mit schnellen Schritten nach.
    Auf dem Polizeirevier Klara starrte Martin Beck düster auf das Telefon. Ahlberg und Kollberg hatten gerade ihre Schachpartie beendet und schwiegen sich aus, jeder hinter seiner Zeitung. Kollberg saß über einem Kreuzworträtsel und kaute auf seinem Kugelschreiber herum.
    Als das Telefon schrillte, biß er so heftig zu, daß der Kugelschreiber in zwei Teile zerbrach.
    Martin Beck hatte den Hörer schon am Ohr, ehe noch das erste Klingelzeichen zu Ende war.
    »Hier Sonja. Ich glaub, es hat geklappt. Ich hab mich genau an deine Anweisungen gehalten.«
    »Fein. Hast du Stenström gesehen?«
    »Nein, aber er war wohl irgendwo in der Nähe. Ich hab mich nicht getraut, mich umzugucken, bin bis zur Ecke bei NK gerannt.«
    »Nervös?«
    »Überhaupt nicht.«
    Erst um 13 Uhr 15 klingelte es zum zweitenmal.
    »Ich bin im Tabakladen bei Järntorget«, sagte Stenström. »Sonja war großartig. Sie hat ihm offensichtlich ganz schön eingeheizt. Wir gingen durch Kungsträdgärden, über die Strombrücke, und jetzt läuft er in der Altstadt umher.«
    »Sei vorsichtig.«
    »Keine Sorge. Der geht wie ein Zombie, sieht und hört nichts. Jetzt muß ich aber weiter, sonst entwischt er mir noch.«
    Ahlberg hatte sich erhoben und ging im Zimmer auf und ab. »Keine angenehme Aufgabe für das Mädchen.«
     
    »Aber sie schafft’s«, meinte Kollberg. »Und den Rest wird sie auch schaffen. Hoffentlich macht Stenström keine Dummheiten. Wenn der Kerl den Braten riecht…«
    »Aber Stenström ist eigentlich recht tüchtig«, fügte er nach einer Weile hinzu.
    Martin Beck schwieg.
    Die Wanduhr zeigte ein paar Minuten nach drei, als Stenström wieder von sich hören ließ.
    »Jetzt sind wir auf Folkungagatan. Er rennt straßauf, straßab, ohne stehenzubleiben und ohne sich umzublicken. Er wirkt ganz apathisch. «
    »Weitermachen«, befahl Martin Beck.
    Es gehörte allerhand dazu, Martin Beck aus der Ruhe zu bringen, aber als er den Blick eine volle Dreiviertelstunde zwischen der Uhr und dem Telefon hatte hin und her gehen lassen, ohne daß auch nur ein Wort im Zimmer laut wurde, stand er heftig auf und ging hinaus.
    Ahlberg und Kollberg wechselten einen Blick.
    Kollberg zuckte die Achseln und begann die Schachfiguren aufzustellen.
    Draußen im Waschraum spülte sich Martin Beck Hände und Gesicht mit kaltem Wasser und trocknete sich sorgfältig ab. Als er auf den Flur trat, öffnete sich eine Tür, und ein Konstabler in Hemdsärmeln rief, es sei ein Anruf für ihn da.
    Es war seine Frau.
    »Seit Ewigkeiten krieg ich kaum mehr als deinen Schatten zu sehen, und jetzt darf ich dich nicht einmal mehr anrufen. Was hast du eigentlich? Gedenkst du überhaupt noch mal nach Hause zu kommen?«
    »Was soll das? Du weißt doch, ich habe Dienst«, entgegnete er müde.
    Die Stimme am anderen Ende überschlug sich und wurde schrill, und er unterbrach sie mitten im Satz.
    »Ich hab jetzt keine Zeit«, sagte er schroff. »Und unterlasse bitte diese Anrufe.« Als er aufgelegt hatte, tat es ihm leid, daß er sie so angefahren hatte, aber er zuckte nur die Achseln und ging zu seinen
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