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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels
Autoren: Sabine Weigand
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Marburger Elisabethkirche, die als erster hochgotischer Kirchenbau Deutschlands gilt, steht immer noch der Schrein, der einmal ihre Gebeine enthielt (bis sie der zur Reformation übergewechselte Landgraf Philipp von Hessen 1539 entfernen ließ). Ein Meisterwerk rheinischer Goldschmiedekunst, unglaublich prachtvoll gearbeitet und übersät mit Edelsteinen. Sein Wert ist unschätzbar. Als ich vor diesem Schrein stand, überfiel mich plötzlich tiefe Bestürzung. Das konnte Elisabeth nicht gewollt haben. Die Elisabeth, die in Lumpen ging. Die alles, was sie besaß, herschenkte. Die nichts für sich selber wollte. Wenn ich Elisabeth je auch nur ein bisschen verstanden habe, dann haben ihre sterblichen Überreste hier niemals hineingepasst. Ja, heilig wollte sie werden. Den Menschen wollte sie Gutes tun, auch nach ihrem Tod. Aber ihr hätte ein einfaches Armengrab genügt.
     
    Zuletzt wie immer Hinweise zur Literatur. Am umfassendsten, historisch sorgfältig recherchiert und schön zu lesen: Ortrud Reber: Elisabeth von Thüringen. Landgräfin und Heilige. Regensburg 2006 . Einen guten Blick auf Elisabeth hat auch Norbert Ohler: Elisabeth von Thüringen. Fürstin im Dienst der Niedrigsten. Zürich 1992 .
    Wer in die Quellen gehen möchte: Hier ist als Erstes der sogenannte »Libellus« zu nennen. Genauer der »Libellus de dictis quattuor ancillarum sanctae Elisabeth«. Er ist das Ergebnis der Zeugenverhöre, die über das Leben Elisabeths durchgeführt wurden, um ihre Heiligsprechung zu ermöglichen. Im Jahr 1235 fand diese Befragung der Dienerinnen Elisabeths statt. Zwei davon, Guda und Isentrud, habe ich in den Roman aufgenommen, die beiden anderen, Hildegard und Hedwig, haben erst auf Geheiß Konrads in Marburg die letzten Jahre mit ihr verbracht. Natürlich wollten diese Frauen die Heiligsprechung und haben ihre Aussagen demgemäß ausgerichtet.
    Älteste Quelle zu Elisabeth ist die »Summa vitae«, geschrieben 1232 von Konrad von Marburg. Er beschränkt sich in seinem Bericht auf die Zeit von 1226 bis 1231 , in der er Elisabeth persönlich gekannt hat. Man muss auch hier große Vorsicht walten lassen: Er wollte Elisabeths Kanonisation wohl mehr als jeder andere. Am Ende appelliert er an den Papst: »Wir bitten Euch, wenn Ihr dies gelesen habt, zur Stützung der gesamten Kirche und zur Widerlegung der Schlechtigkeit der Ketzer, Elisabeth für würdig zu erachten, dass sie dem Verzeichnis der Heiligen eingereiht wird.« So zeigt sich also zumindest eines seiner Motive: Er sah Elisabeth als wirksame Hilfe bei der Ketzerbekämpfung an. Darüber hinaus erhoffte er sich wohl als »Seelenführer« einer Heiligen Prestige und Rangerhöhung. Und sein sadistisches Naturell zeigt sich nicht nur in der Behandlung seines Beichtkindes, sondern auch in seinem Umgang mit vermeintlichen Ketzern.
    Anzuführen als direkte Quelle sind auch die »Gesta Ludowici« des Kaplans Berthold. Berthold, der auch als Figur im Roman auftaucht, verfasst damit 1228 eine Lebensbeschreibung des Landgrafen, in der auch Elisabeth vorkommt.
    Alle weiteren Quellen stammen aus späterer Zeit und von Menschen, die Elisabeth nicht mehr persönlich kannten. Das früheste dieser Werke ist die »Vita sancte Elisabeth Lantgravie« des Zisterzienserpriors Cäsarius von Heisterbach, geschrieben 1236 / 37 . Wichtig ebenfalls die Elisabeth-Vita des Dietrich von Apolda, die 1289 / 90 verfasst wurde und auf ältere Quellen zurückgreift.
    Nicht im Einzelnen erwähnen kann ich die Vielzahl an neueren Elisabeth-Biographien, von wissenschaftlichen Studien bis hin zur religiösen Erbauungsliteratur.
     
    Was bleibt, ist die Tatsache, dass sämtliche Quellen und Vorlagen dem Historiker wie auch dem Romanschreiber lediglich als Anhaltspunkte dienen können. Ihr Wahrheitsgehalt wird nie genau abzuschätzen sein. Deshalb habe ich mir die Freiheit genommen, die Inhalte so zu interpretieren, wie sie mir logisch oder glaubhaft erschienen. Getreu der Romance-Theorie meines großen Vorbilds Nathaniel Hawthorne habe ich versucht, Fiktion und Wirklichkeit so zu verweben, dass eine Zwischenwelt entsteht, in der beides nicht mehr zu trennen ist. Ich wollte dabei ein Bild von Elisabeth zeichnen, das sie ein wenig greifbarer macht, als es bloße Heiligenlegenden können. Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, mir in meiner Darstellung folgen mögen, ist mir das Dank und Lohn zugleich. Vielleicht spüren Sie beim Lesen, dass ich oftmals hart darum gerungen habe, Elisabeth zu verstehen und
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