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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin
Autoren: Melanie Metzenthin
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demütigen.«
    »Was gedenkst du zu tun?« Lena war zu ihrem Mann getreten. Die Entrüstung in ihrer Stimme war unüberhörbar. Vermutlich fehlte nicht viel, und sie hätte sich selbst in den Sattel geschwungen, um Burg Regenstein ganz allein zu erobern.
    »Ich werde bei Herzog Leopold Klage gegen ihn erheben.«
    »Und Meret?«, fragte Lena. »Was soll aus ihr werden, bis du deine Klage erhoben hast?«
    »Er wird ihr nichts antun. Er will sie nur als Geisel in seiner Gewalt haben.«
    »Und sie für Wochen, vielleicht sogar für Monate allein auf seiner Burg festhalten?«, rief Rudolf entrüstet. »Sie ist doch erst elf!«
    »Was sollte ich denn eurer Meinung nach sonst tun?« Philips Blick flog zwischen seiner Frau und seinem Ziehsohn hin und her, und zum ersten Mal bemerkte Antonia seine Hilflosigkeit. »Regenstein belagern? Oder auf Knien um Merets Herausgabe bitten? Wenn es Sinn hätte, täte ich es, aber Eberhard würde mich nur auslachen und unannehmbare Forderungen stellen. Nein, ich kann die Regensteiner damit nicht so einfach durchkommen lassen. Ich erhebe Klage. Die Regensteiner haben schuldhaft den Frieden gebrochen. Herzog Leopold als unser beider Lehnsherr muss entscheiden.«
    »Und er wird in deinem Sinn entscheiden«, bestätigte Lena. »Das Recht ist auf unserer Seite, und Leopold ist dein Freund. Aber ich mache mir dennoch Sorgen um Meret. Es kann lange dauern, bis du recht bekommst.«
    »Wie ich schon sagte – Eberhard wird ihr nichts antun. Meret ist ein verständiges Mädchen. Sie wird es überstehen und weiß, dass wir alles für sie tun.«
    Lena atmete tief durch. »Du reitest morgen in aller Frühe nach Schlanstedt. Ich will, dass du sofort Klage erhebst!«
    »Nichts anderes als dies hatte ich vor.«
    »Darf ich dich begleiten, Vater?«, bat Antonia. Philip nickte.
    »Was ist mit mir?«, fragte Alexander.
    »Du hältst mit Rudolf die Stellung. Ihr beide kümmert euch darum, dass die Feierlichkeiten zum Pfingstfest wie geplant verlaufen. Die Bauern von Alvelingeroth vertrauen darauf.«
    Alexander nickte, und Rudolf verdrehte die Augen. Stephan stand noch immer stumm zwischen den Brüdern, das Gesicht hart und verschlossen. Empfand er tatsächlich Zorn und Entschlossenheit? Antonia war sich nicht sicher. Sie hatte eher den Eindruck, dass er nur mit Mühe seine Scham über die Niederlage verbarg.
    »Wenn damit alles geklärt ist, kann ich mich zurückziehen«, schnaubte Rudolf. »Kommst du mit, Stephan?«
    Der nickte und folgte Rudolf.
    Antonia sah den besorgten Blick, mit dem ihre Mutter Rudolf musterte.
    »Brennt das Feuer wieder in ihm?«, raunte sie ihrer Mutter zu. Sie wusste um deren Fähigkeit, die Seelenflamme in den Augen der Menschen zu sehen, den Lebensfunken, der zeigte, ob die Menschen mit sich im Reinen waren.
    »Ich weiß nicht recht«, antwortete ihre Mutter ebenso leise. »Es könnte gewöhnlicher Zorn über die Niedertracht der Regensteiner sein. Aber womöglich ist es mehr.«
    Antonia erschrak. »Du meinst, er verliert wieder das Gleichmaß?«
    Lena seufzte. »Ich hoffe nicht. Wir könnten im Augenblick nichts weniger gebrauchen.«

 4. Kapitel  
    I n Rudolf brodelte es noch immer. Mochten sein Vater und Alexander auch recht haben, er konnte es nicht ertragen, zum Nichtstun verdammt zu sein. Und ein Blick in Stephans Augen verriet, dass es ihm genauso erging. Die Schmach, die Stephan durch die Regensteiner erlitten hatte, schrie geradezu nach Rache.
    »Ich habe einen Plan«, sagte er zu Stephan, kaum dass sie den Kaminsaal verlassen hatten. »Wirst du mir helfen, Meret zurückzuholen?«
    »Was hast du vor?«
    »Nicht hier. Komm! Ich will nicht, dass Alexander etwas mitbekommt.«
    Stephan verzog das Gesicht, und einen Moment lang zweifelte Rudolf. Hatte er Stephan vielleicht doch falsch eingeschätzt? Er kannte ihn als einen Mann, der nicht lange fackelte, sondern tat, was er für richtig hielt. So wie vor sechs Jahren, als Stephan mit seinem Bruder Thomas voller Übermut ausgerückt war, um sich dem Kreuzzugsaufruf des französischen Königs Ludwig IX. anzuschließen, weil ihr Vater nicht genügend Geld hatte, um ihnen die Ausbildung zum Ritter zu ermöglichen.
    »Gehen wir in meine Kammer! Dann erzähle ich dir alles.«
    Stephan nickte und folgte ihm. Rudolf atmete auf.
    »Ich will heute noch nach Burg Regenstein«, sagte er, als sie in der Stube saßen.
    »Es wird bald dunkel«, warf Stephan ein. »Wir können nicht mehr viel ausrichten.«
    »Ich will die Burg nicht
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