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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wirklich an Drachen geglaubt. Die alten Geschichten und Märchen wimmelten von ihnen, und manchmal erzählten die Alten abends am Feuer von den Abenteuern, die sie erlebt hatten, als sie selbst jung gewesen waren; Abenteuer, die meist in fremden Ländern spielten und in denen manchmal auch Drachen und andere und noch viel absonderlichere Ungeheuer vorkamen. Noch bis zum vergangenen Abend war Katharina davon überzeugt gewesen, dass sie samt und sonders ausgedacht waren, nichts weiter eben als spannende Geschichten.
    Aber das war gestern gewesen.
    Seither hatte sie gesehen, wie eine Armee von Dämonen Burg Ellsbusch in Schutt und Asche gelegt und alle seine Bewohner erschlagen hatte, und nun blickte sie auf den Fluss hinab und sah einen leibhaftigen Drachen. Er war riesig, mindestens zehnmal so lang wie die kleinen Fischerboote, die er rücksichtslos zur Seite gedrängt hatte. Es war zu dunkel, um Einzelheiten zu erkennen, denn am Himmel waren schwere Wolken aufgezogen, als ertrügen selbst die Sterne den Anblick des Leides nicht mehr, das über die Menschen gekommen war.
    Dennoch sah sie beinahe mehr, als ihr lieb war. Der Drache hatte einen schlanken, aber massigen Leib und unzählige dürre Beine, auf denen er sich im seichten Uferwasser niedergelassen hatte, aber er schlief nicht, wie man hätte meinen können, sondern hatte Hals und Kopf aufmerksam emporgereckt, und Katharina glaubte den Blick seiner unsichtbaren Augen regelrecht spüren zu können. Gewiss entging ihnen nicht die kleinste Bewegung, und ebenso zweifellos wartete das Ungeheuer nur darauf, eine Beute an Land zu erspähen, auf die es sich stürzen und die sie verschlingen konnte.
    Katharina hatte sich diesen Aussichtspunkt nicht willkürlich ausgesucht. Das Ufer war hier nicht flach und allenfalls von einer kleinen Böschung gesäumt. Vor langer Zeit hatte sich der Fluss hier seinen Weg durch einen Berg gegraben, sodass eine bröckelige Steilküste entstanden war, an dieser Stelle beinahe hundert Ellen hoch. Aber Katharina war ganz und gar nicht sicher, dass sie der Drache nicht selbst hier oben erwischen würde, wenn sie unvorsichtig war oder gar ein verräterisches Geräusch verursachte.
    Und wenn nicht er, dann das halbe Dutzend Dämonen, das neben ihm am Strand herumlungerte.
    Katharina konnte nicht erkennen, was sie taten, aber der böige Wind trug manchmal den rauen Klang ihrer Stimmen zu ihr herauf, und sie hörte sie jetzt ganz eindeutig lachen. Sie hatten keine Furcht, und warum auch, mit einem solchen Ungeheuer auf ihrer Seite?
    So behutsam, wie sie überhaupt konnte, schob sich Katharina rückwärts von der Kante zurück und stand erst auf, als sieganz sicher war, vom Fluss aus nicht mehr gesehen werden zu können. Ihr Herz raste, und sie spürte erst jetzt, wie sehr ihre Knie zitterten und wie scharf jeder einzelne Atemzug in ihre Kehle schnitt. Der unglaubliche Anblick dort unten hatte sie ihre Erschöpfung für einen Moment schlichtweg vergessen lassen, aber Tatsache war, dass sie nur Halt gemacht hatte, weil sie einfach nicht weiter konnte. Sie war so schnell gerannt wie noch nie zuvor in ihrem ganzen Leben, aber eine halbe Meile vor dem Dorf hatten sie einfach die Kräfte verlassen, und so hatte sie den Drachen gesehen.
    Drachen  … Allein das Wort jagte ihr schon wieder einen eisigen Schauer über den Rücken, Drachen und Dämonen, die brandschatzten und mordeten. Was würde sie wohl noch erleben, bevor diese Nacht zu Ende ging? Sie war in eine Welt finsterer Wunder eingetreten, in der der Schrecken kein Ende mehr zu nehmen schien. Vater Cedric hatte Recht gehabt, dachte sie schaudernd. Es gab Dinge, die sich ein Mensch nicht einmal vorstellen konnte. Aber mussten es denn ausnahmslos schlimme Dinge sein?
    Katharina schüttelte den Gedanken mit einiger Mühe ab, richtete sich vorsichtig auf und setzte ihren Weg fort, und immerhin erschienen keine Dämonen aus dem Nichts, um sie zu töten, und auch das Dorf empfing sie nicht mit neuen Schrecken, als sie es endlich erreichte. Wenigstens brannte es nicht, sondern lag dunkel und scheinbar friedlich unter ihr, als sie in Sichtweite kam. Nichts rührte sich. Zu ihrer maßlosen Erleichterung sah sie keine Dämonen, sie hörte keinen Schlachtenlärm, und nirgends brannte es. Tatsächlich war es vielleicht sogar zu still. Nicht einmal das ewige Licht in der Kirche brannte, obwohl Vater Cedric doch so sorgsam darauf achtete, den Docht der kleinen Öllampe niemals verlöschen zu lassen.
    Etwas
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