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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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selbst.
    Danach wurde ihr Gespräch immer einsilbiger. Sowohl Katharina als auch Vera versuchten noch ein paarmal, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber sie spürten wohl beide, dass jetzt nicht der Moment für ein Gespräch über Belanglosigkeiten war, und so wurden sie schließlich immer ruhiger, bis sie am Ende schweigend nebeneinandersaßen.
    Katharina hätte nicht sagen können, wie viel Zeit verging, aber sie vermutete, dass der Totengesang der Wikinger so lange andauerte, bis das brennende Schiff endgültig verschwunden war, und danach verging noch eine geraume Weile, bevor Erik zu ihnen kam, begleitet von Ansgar und Baron zu Guthenfels, der sich jetzt nicht nur vollkommen frei bewegte, sondern auch wieder sein Schwert trug; wenn auch als Einziger. Sowohl er als auch Erik waren übereingekommen, seine überlebenden Soldaten zwar nicht mehr als Gefangene zu behandeln, ihnen ihre Waffen aber vorsichtshalber erst wieder auszuhändigen, wenn die kleine Flotte der Wikinger ablegte, damit es nicht aus lauter Nervosität doch noch zu einem Unglück kam.
    »Kara«, begann Erik. Vera nickte er nur flüchtig zu. »Ich dachte mir, dass ich dich hier finde. Du hast schon mit deiner Freundin gesprochen?«
    Er warf der Gauklerin einen verstohlen-fragenden Blick zu, von dem wohl allerhöchstens er selbst sich einbilden konnte, dass er Katharina entging, und Vera reagierte mit einem genau so schlecht verheimlichten Nicken darauf. Anschließend wartete er etliche Augenblicke vergebens, dass Katharina irgendwie antwortete.
    »Es wird … Zeit«, sagte er unbehaglich. »Die Letzten gehen gerade an Bord. Du musst dich entscheiden, mein Kind.«
    »Entscheiden?«
    »Ob du mit uns kommst«, antwortete Ansgar an Eriks Stelle.
    »Oder hier bei Vera bleibe?« Katharina schüttelte heftig den Kopf. Was sollte sie noch in diesem Land? Es gab hier nichts mehr, was sie noch hielt.
    »Überlege es dir genau, mein Kind«, mischte sich Guthenfels ein. »Deine Familie kehrt zurück in ihre alte Heimat, aber es könnte sein, dass dir das Leben dort nicht gefällt. Deine eigene Mutter hat es nicht ertragen.«
    Katharina sagte gar nichts dazu, sondern sah nur ruhig zu ihm hoch, und schließlich wechselte Guthenfels seine Taktik und wandte sich mit sehr ernstem Gesicht an Erik.
    »Und dasselbe gilt für Euch, mein Freund«, sagte er. »Bleibt hier. Ich sorge dafür, dass jeder erfährt, was wirklich geschehen ist. Guy de Pardeville wird seine gerechte Strafe bekommen, und niemand wird Euch oder Eurem Volk einen Vorwurf machen, das verspreche ich.«
    Erik schüttelte traurig den Kopf. »Ihr wisst, dass das nicht stimmt«, sagte er. »Ich weiß, dass Ihr Euer Wort halten werdet. Und vielleicht glauben Euch die Menschen sogar … aber es spielt keine Rolle, was sie glauben. In ihren Herzen wird die Erinnerung an diesen Tag bleiben, Baron, und an das Blut, das hier vergossen wurde. Ich danke Euch für alles, was Ihr für uns getan habt, aber es wäre sinnlos. Wir kehren zurück in unsere Heimat, mein Freund, wohin wir gehören. Vielleicht kommt ja irgendwann der Tag, an dem unsere Völker als Freunde nebeneinander leben können, aber noch ist es nicht so weit.« Er seufzte, lächelte ein kleines, schmerzliches Lächeln und wandte sich dann wieder an Katharina.
    »Es wird Zeit, Kara, aber du musst dich entscheiden. Baron zu Guthenfels wird dir ein gutes Zuhause bieten, wenn du es möchtest. Vielleicht ein besseres, als wir es können.«
    »Und wohin genau fahrt ihr?«, fragte Katharina.
    »Nach Hause«, antwortete Erik.
    Nach Hause. Katharina wiederholte das Wort ein paarmal in Gedanken, sah dann zu Erik und schließlich zu Ansgar hoch und lächelte. Nachdem sie Dwegr ein letztes Mal über den struppigen Kopf gestreichelt hatte, nahm sie die beiden Kätzchen in die Hand, stand auf und trat ohne ein einziges Wort an die Seite ihres Bruders und ihres Großvaters.
    Nach Hause , dachte sie noch einmal. Das klang gut.
    Und eigentlich war es sogar das Schönste, was sie jemals gehört hätte.
    ENDE
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