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Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga

Titel: Die Tochter Der Midgardschlange: Die Asgard-Saga
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Er gehört mir.«
    Katharina hatte einen Moment lang damit zu tun, unter Wulfgar hervorzukriechen, der sie im Zusammenbrechen halb unter sich begraben hatte. Innerlich war sie wie gelähmt vor Schreck. Ihre Hände waren schon wieder voller Blut, und obwohl sie noch nicht einmal richtig begriffen hatte, was wirklich geschah, erreichte ihr Entsetzen eine neue und bisher unbekannte Qualität, die schon beinahe körperlich wehtat. Sie registrierte kaum, wie raue Hände nach ihr griffen und sie auf die Füße stellten, und noch weniger, wie sich weitere Männer über Wulfgar beugten, um ihm zu helfen. Alles schien sich zu drehen, als wäre die ganze Welt aus den Fugen geraten.
    Wie betäubt sah sie zu Pardeville und den anderen hin. Guthenfels stand breitbeinig über ihm, in einer Haltung, die zu gleichen Teilen so wirkte, als wolle er ihn beschützen und als könne er sich kaum noch zurückhalten, mit seiner ganzen Kraft und Wut über ihn herzufallen. Mehr als ein halbes Dutzend Krieger mit gezückten Waffen umgaben Pardeville und ihn, aber Eriks Befehl hielt sie davon ab, ihre Schwerter zu benutzen.
    »Du verdammter Mörder«, keuchte Erik. »Du …« Seine Stimme versagte. Langsam zog er sein Schwert, trat auf den gestürzten Adligen zu und versetzte ihm einen Tritt in die Seite, als Pardeville sich aufzurappeln versuchte. Pardeville wimmerte vor Schmerz und Angst, stemmte sich aber dennoch gleich wieder auf Hände und Knie hoch und funkelte ihn zornig an.
    »Dann töte mich doch!«, sagte er trotzig. »Bring mich doch um, damit auch ein jeder sieht, was für ein Barbar du bist!«
    Guthenfels brachte ihn zum Schweigen, indem er ihm hart genug mit dem Handrücken ins Gesicht schlug, dass er schon wieder stürzte und Blut und Rotz zu spucken begann, und Erik trat einen weiteren Schritt auf ihn zu und hob sein Schwert, wie um Pardevilles Aufforderung auf der Stelle nachzukommen.
    »Erik!«, sagte Guthenfels erschrocken. »Ich bitte Euch, tut das nicht!«
    Erik holte nur noch weiter aus, wie um Guthenfels nötigenfalls einfach niederzuschlagen, sollte er nicht aus dem Weg gehen, verhielt dann aber mitten in der Bewegung. Das Schwert in seiner Hand zitterte, und er hatte die Kiefer so fest aufeinandergepresst, dass seine Zähne knirschten.
    »Ich kann Euch verstehen, Erik«, fuhr Guthenfels in beschwörenden Tonfall fort. »Er verdient den Tod, mehr als irgendein anderer, aber nicht jetzt! Ich beschwöre Euch! Lasst mich ihn vor Gericht stellen! Ich gebe Euch mein Wort, dass er sterben wird, aber nicht hier, und nicht von Eurer Hand! Es würde alles nur noch viel schlimmer werden!«
    Einen nicht enden wollenden Moment lang stand Erik einfach nur da. Das erhobene Schwert in seiner Hand zitterte noch stärker, und Katharina konnte sehen, wie sich die Muskeln unter seinem Wams zum Zerreißen anspannten. Dann und mit einem Ruck ließ er seine Waffe sinken und wandte sich mit einer noch heftigeren Bewegung ab.
    »Schafft mir diese Kreatur aus den Augen!«, zischte er.
    Gleich vier seiner Krieger rissen Pardeville grob in die Höhe und zerrten ihn weg, und Erik ließ sein Schwert achtlos zu Boden fallen und eilte zu seinem Bruder. Etliche Männer umringten den gestürzten Wikingerfürsten, und Jorun hatte sich hinter ihm auf die Knie sinken lassen und seinen Kopf in ihren Schoß gelegt. Ihre rechte Hand lag auf seiner Stirn, mit den gespreizten Fingern der anderen versuchte sie die Wunde in Wulfgars Brust zuzudrücken, ohne dass es ihr gelang, den Blutstrom zu verlangsamen. Als Katharina ihrem Blick begegnete, deutete sie nur ein stummes Kopfschütteln an.
    Erik scheuchte die Hälfte der Männer beiseite und ließ sich neben seinem sterbenden Bruder auf die Knie sinken. Zitternd streckte er die Hand nach dem Dolchgriff aus, der dicht oberhalb des Herzens aus Wulfgars Brust ragte, wagte es aber nicht, ihn zu berühren. »Wulfgar«, murmelte er. »Bruder!«
    Wulfgar öffnete mühsam die Augen. Seine Lippen formten ein Wort, ohne dass der geringste Laut zu hören gewesen wäre, und nun lief auch Blut aus seinem Mund. Erik beugte sich vor und brachte das Ohr ganz dicht an sein Gesicht, und Wulfgar versuchte abermals zu sprechen. Katharina hörte auch jetzt nicht den geringsten Laut, aber Erik nickte, richtete sich wieder auf und sah sich einen Moment lang suchend um, bevor sein Blick auf ihrem Gesicht hängen blieb.
    »Kara! Komm her!«
    Katharina gehorchte, aber erst nach einem spürbaren Zögern, und es fiel ihr unendlich schwer.
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