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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine
Autoren: Pai Kit Fai
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Generationen die fruchtbare Erde bearbeiteten.
    Die bäuerlichen Sippen des Südens, die Hakka, kannten sich nur mit den reichen Ernten des Mondes und den Segen der Tu Ti - der Erdgötter - aus, die mit wohlwollendem Blick über hart arbeitende Familien wachten. Sofern sie nicht zu schwanger dafür war, bestand der Daseinszweck einer Frau darin, zu pflanzen und zu pflügen, zu ernten und zu mahlen, zu dreschen und zu bündeln. Hatte Frau Nummer Eins bei ihrem dritten Kind nicht fast bis zum Augenblick der Geburt auf der Reisterrasse weitergearbeitet - und nur aufgehört, um ihm einen gesunden Sohn zu schenken, sich den restlichen Tag auszuruhen und dann am Tag darauf bei Sonnenaufgang den Büffel ins Joch zu spannen und die Arbeit mit dem Pflug wieder aufzunehmen?
    Mit dem Appetit einer Hure hatte ihm Nummer Zwei im Schlafzimmer wie einem kleinem Jungen Herzstolpern bereitet … aber sonst war sie zu nichts nütze gewesen und hatte ihm mit ihrer weinerlichen Stimme den letzten Nerv geraubt. Richtig, Nummer Drei konnte lesen und schreiben, und die Abakuskugeln bearbeitete sie wieselflink … allerdings nur für die Buchführung im Lagerhaus.
Eine Frau mit Hirn unter Yik-Munns Dach reichte vollauf. Im Allgemeinen brachte eine gebildete Frau einer Sippe nichts als Ärger ein.
    Für einen Mann, der ums Überleben kämpfte, waren so robuste und duldsame Frauen wie Eins und Zwei ihren Reis wert und von unschätzbarem Vorteil. Inzwischen hatten sich die Zeiten jedoch geändert. Das Gewürzgut gedieh. Seine älteren Söhne besuchten die besten Schulen, einer von ihnen führte auf dem Goldenen Hügel von Hongkong ein eigenes Restaurant. Die jüngeren arbeiteten noch immer auf den Gewürzfeldern, und seine Enkelsöhne waren schon imstande, Reis anzupflanzen und die Ernte einzubringen.
    Pai-Ling war folglich ein Spielzeug - unter Umständen gebar sie ihm weitere Söhne, aber mehr erwartete er nicht von ihr. Deshalb sah er über die beunruhigende Entdeckung hinweg, dass sie nicht nur lesen und schreiben konnte, sondern angeblich auch die vielen Gesichter des Mondes studiert und Kenntnis über die Sternengötter hatte. Eigentlich war dieses Wissen allein Priestern und Wahrsagern vorbehalten; ein Mädchen, das sich solche Kenntnisse aneignen wollte, galt schnell als unzurechnungsfähig. Womöglich begehrte es auf und wurde zu einer Gefahr für seine Mitmenschen. Dennoch, die Kosten für Pai-Lings Ausbildung hatte ihre Familie aufgebracht, und sie waren es gewesen, die es ihr gestattet hatten, boshafte Kobolde um Rat zu fragen und geheimnisvolle Götter anzubeten.
    Yik-Munn hatte sich eine knusprige, junge Konkubine verdient, der man die Flausen erst noch austreiben musste und die ihn mit ihrem jungfräulichen Körper stärken und sein Ansehen mehren sollte. Die Verrücktheiten würde er schon bald aus ihr herausgeprügelt haben, und der unverschämte Ausdruck in ihren Augen würde dann einem dankbaren und respektvollen weichen. Mit ihrer rebellischen Lebenskraft würde er seinen Geist nähren und ihre reine Essenz wie Tau von einer geöffneten Blüte in sich aufnehmen.
    Dass sie ihn furchtlos und mit unverhohlenem Missfallen ansah, ja, ihm sogar einen warnenden Blick zuwarf, hatte sein Blut
in Wallung gebracht. Er fuhr sich mit einem knochigen Finger um den engen Kragen, der von einer knallbunten Krawatte zu fest eingeschnürt wurde. Er lächelte beifällig und entblößte dabei seine großen, prächtigen Zähne. Die Aufsässigkeit dieses jungen Dings erregte ihn so sehr, dass nichts anderes mehr zählte. Sie würde so klein und eng wie ein Mäuseohr sein. Liebe, Zuneigung oder gar die Freundschaft einer zärtlichen Kameradin erwartete er nicht. Hatten ihm die Frauen Eins, Zwei und Drei solch nutzlosen Gefühle nicht einst zur Genüge entgegengebracht?
    Von Pai-Ling versprach er sich, was ihm im Schlafzimmer am besten gefiel: das unvergleichliche Gefühl absoluter und unumstößlicher Macht. Zudem hatte seine ältere Schwester, die ehedem der Shanghaier Gesellschaft angehört und beste Beziehungen gepflegt hatte, diese vornehme Familie empfohlen. Hier, so hatte sie ihm versichert, würde er eine passende Konkubine finden - einen Sommerpfirsich, der ihm in seinen Herbstjahren ewigen Frühling brächte.
    Nun, da das Vermögen der Familie Ling zusammen mit dem vieler anderer wohlhabender Familien Shanghais dahin war, sie nur noch fortwollten und ihnen kein Verhandlungsspielraum mehr blieb, war der Zeitpunkt für Geschäfte ideal.
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