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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine
Autoren: Pai Kit Fai
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Devereauxs Grab schaufelten. Er wurde in der Uniform zur Ruhe gebettet, die er nur zu ganz besonderen Anlässen getragen hatte. Sing selbst hatte seinen Leichnam gewaschen und angekleidet und über den Sarg die Hausflagge der Devereauxs ausgebreitet - die roten und grünen Drachen, die noch immer auf dem flammend gelben Untergrund leuchteten.
    Tränenlos beobachtete Sing, wie ein Schwimmkran einen zwei Tonnen schweren Block aus feinstem Marmor auf das Grab herabsenkte. Die Gartenbank wurde sorgfältig wieder an ihren angestammten Platz gestellt. Auf ihrer Rückseite war eine neue Messingplatte angebracht:
    Hier ruht Ben Devereaux - störe ihn, wenn du dich traust.
    Dezember 1941
    Die Vermählung von Sing Devereaux und dem kürzlich beförderten Major Toby Hyde-Wilkins fand auf der Ozeanterrasse der Villa Formosa unter einem frischen Herbsthimmel statt. Die kurze, private Zeremonie wurde entsprechend einer obskuren Vorschrift in
der militärischen Bibel, die als King’s Rules and Regulations bekannt war, von Colonel Pelham durchgeführt. Die Ehrenwache bestand aus Tobys Offizierskollegen, die mit ihren gezogenen Säbeln einen glitzernden Bogen bildeten.
    Die Braut wurde von Captain Rodriguez da Silva fortgegeben, der in der antiquierten Aufmachung eines Kommandanten der portugiesischen Marine erschienen war. Sein wildes, graues Haar hatte er für den Anlass gezähmt und seinen Bart hastig gestutzt. Angus Grant war Trauzeuge und trug die Kilt-Uniform seines Black Watch Regiment of Reserves . Miss Winifred Bramble war Trauzeugin, und Lady Pelham sorgte für das leibliche Wohl und dafür, dass alle Formalitäten eingehalten wurden.
    Sing trug ein Kleid, das aus einer leuchtend gelben Seide angefertigt war, die man bei den Seidenballen gefunden hatte, die in den Double-Dragon-Lagerhäusern gelagert wurden, ein Kleid ähnlich dem, das Li-Xia auf dem Porträt mit Ben trug, mit einer Schärpe aus der Glücksseide der Mutter. Ihr Strauß, den Ah-Kin ihr stolz mit den Worten überreicht hatte, dies seien die Lieblingsblumen ihrer Mutter gewesen, bestand aus Gardenien, eingefasst mit Veilchen und Mentzelien.
    Toby und Colonel Pelham trugen ihre Galauniformen, scharlachrote Waffenröcke und weiße Hirschlederhosen, dazu auf Hochglanz polierte kastanienbraune Kavalleriestiefel. Fast alle männlichen Gäste trugen Uniform, was dem Anlass nicht nur einen Anflug von Farbe und Flair gab, sondern notgedrungen auch daran erinnerte, dass die Japaner Richtung Hongkong marschierten. Selbst Lady Margaret und Miss Bramble trugen die Uniformen des Roten Kreuzes. Der Golfplatz in Fanling war bereits in ein Feldlazarett umgewandelt worden, desgleichen der Happy Valley Jockey Club, der Hongkong Club und andere bedeutende Einrichtungen der gehobenen Gesellschaft der britischen Kolonie.
    Nach einem herrlichen Dinner standen Sing und Toby draußen und sogen die Abendluft ein, die mit den Düften der Gartennachtblüher geschwängert war. Er nahm sie fest in die Arme und streifte
mit den Lippen ihr Ohr. »Ich bitte dich nochmals«, flüsterte er. »Bei Wan-Chai liegt ein britischer Zerstörer vor Anker, bereit, britische Bürger zu evakuieren. Bitte, meine Liebste, Justin hat eine Kabine organisiert. Meine Eltern würden dich nur zu gern kennenlernen.«
    »Reist Lady Pelham auch ab?«, fragte ihn seine Braut.
    »Nein, sie ist die Frau des befehlshabenden Offiziers.«
    »Und ich bin nun die Frau des Adjutanten. Ich werde hier gebraucht.« Sing wandte sich um und betrachtete die wunderschöne Villa, deren Fenster warm erleuchtet waren, lauschte dem leisen Stimmengewirr, das aus dem Esszimmer drang. »Hier gehöre ich her. Ben Devereaux und Li-Xia hätten den Weg der Gefahr auch nicht verlassen.« Sie lachte. »Mein Vater würde sich im Grab herumdrehen, wenn ich die Villa Formosa aus Angst vor der Zukunft verließe.«
    Sie drehte sich wieder zu ihm zurück, zog ihn an sich und legte den Kopf an seine Schulter. »Wir haben noch zwei Tage, bis du zurück an die Grenze musst. Bei deiner Rückkehr muss ich hier auf dich warten. Meine Mutter liegt hier begraben, und der Geist Ben Devereauxs ist überall. Ich bin zu weit gereist, um sie zu finden. Jetzt lasse ich sie mir nicht mehr nehmen.«

    Bei Sonnenaufgang am nächsten Tag trat Ah-Kin aus seinem Haus und blickte zum Himmel hinauf, auf dem sich silbrige Pink - und Purpurfarben einer frisch geöffneten Perlenmuschel widerspiegelten. Nachdem er die wohlriechende Luft seiner geliebten Yuan-Gärten tief
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