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Die Tochter der Konkubine

Die Tochter der Konkubine

Titel: Die Tochter der Konkubine
Autoren: Pai Kit Fai
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dass ihre Lotusfüße den Boden nicht berührten; ihre Lieblingsgerichte und ein mit frischem Wasser gefüllter Kürbis; Bilder vieler Bediensteter, die sich um jedes ihrer Bedürfnisse kümmerten; ein großartiges Herrenhaus, in das ihre Seele bei ihrer Ankunft einziehen konnte; dicke Bündel Himmelsgelds, damit sie sich im Jenseits alle Annehmlichkeiten leisten konnte - alles aus farbigem Papier gefertigt und über Rahmen aus gespaltenem Bambus geklebt.
    Er war ein vorsichtiger Mann und brachte für seinen ungeborenen Sohn am Tempel großzügige Opfer. Frisch gebratenes Schwein, eine Fülle von Früchten, Krüge mit Wein und Pyramiden aus Reiskuchen, so hoch wie sein Kopf, hatte er auf den Altar legen lassen, die später von Yik-Munn und seiner Familie unter einem Baum gegessen würden. Verschwendung brachte schließlich nichts.
    Das hatte er jeden Monat, den sein Sohn im Mutterleib herangewachsen war, getan. Auch war am Schrein des Erdgottes Gold-und Silberpapier verbrannt worden, und im Dorf waren seine Gebete an den heiligen Banyanbaum geheftet worden, um die Baumgeister milde zu stimmen. Sollte ein Sohn geboren werden, hieß es, jede Straße zum Himmel zu reisen und sich an viele Mächte zu wenden. Er hatte keine ausgelassen.
    Yik-Munn wurde dadurch aus seiner Träumerei gerissen, dass das Kreischen einem erstickten Stöhnen wich und der erste herzhafte Schrei seines Sohnes wie eine Hand von oben nach ihm ausgriff. Er fiel auf die Knie und machte dreimal einen tiefen Kotau. Sekunden später wurde das Haus von lautem Wehklagen erfüllt, die Worte der Hebamme, die zwischen den Dachsparren widerhallten, waren deutlich zu hören und breiteten sich dann über die Felder aus: »Ein Mädchen, ein Mädchen! Es ist ein Mädchen …!«
    Erst da erkannte er, dass seine Vorbereitungen und Opfergaben die acht Unsterblichen nicht zu beschwichtigen vermocht hatten. Der getrocknete Penis des Wildpferds, für den er allwöchentlich bezahlt und den er verzehrt hatte, um seine Nachkommenschaft
zu vergrößern und ihm einen Sohn zu garantieren, hatte nicht ausgereicht. Die beiden Enteneier, die er so sorgfältig in Pai-Lings Nachttopf platziert hatte, um die wertvollen Hoden eines Jungen hervorzulocken - alles vergebens. Alle Götter hatten sich von ihm abgewandt und den Bettelgeistern gestattet, ihm seinen Sohn zu entreißen. Es würde kein weiteres männliches Neugeborenes geben, keinen Sohn, der das Vermögen des Hauses Munn vergrößerte, dem Vater im Alter den verdienten Respekt erwies und sich um seine Seele im Jenseits kümmerte. Warum war er mit einem Mädchen geschlagen worden?
    Einer reichen und vornehmen Familie konnte eine Tochter großes Glück bringen. Sie konnte Privatunterricht in damenhaften Fertigkeiten und Künsten erhalten, in ein reiches Haus einheiraten, und alle profitierten davon. Aber für einen Bauern bedeutete ein Mädchen nur eine weitere Schüssel, die gefüllt werden musste.
    Augenblicke später verließ Yik-Munn mit einem kleinen Bündel das Haus, das im Schutz eines gewaltigen Nadelbaums stand, der dem Gut seinen Namen gab. Es handelte sich um eine Schuppentanne, die einzige dieser Art weit und breit, und sie war angeblich dreihundert Jahre alt. Er starrte in ihr weit über das Haus reichende Geäst. Ein Baum, so hoch, dass man bis in die Mitte des Senffeldes gehen musste, um seine Krone zu sehen, und von solch großem Durchmesser, dass fünf lange Schritte nötig waren, um ihn zu umschreiten. Seine Rinde hatte die Struktur verwitterten Stahls mit großen Tropfen goldenen Safts, der wie aus offenen Wunden lief. Zeitlebens war der Baum für ihn ein Monument des Wohlstands und der Stärke gewesen, der Beschützer seines Landes, der Mittelpunkt seines irdischen Glücks. Nun hatte er ihn im Stich gelassen.
    Er ist zu groß geworden, sagte er sich. Seine Energien haben sich gegen mich gewendet. Er wirft seinen Schatten über das Haus und zieht so die schattige Kühle des weiblichen Geistes an. Vielleicht würde er ihn trotz der zu erwartenden Kosten fällen lassen, um sein Haus im Yang des Sonnenlichts zu baden, seine Stimmung zu heben und seine Energie zu befeuern. Er konnte dem Mädchen ein
paar Wochen Erholung gönnen und es dann wieder besteigen. Bei allen Göttern, er würde das Miststück mit Söhnen füllen.
    Mit fast dreiundsiebzig kämpfte er tapfer um seine Potenz, bezahlte den Dorfarzt regelmäßig und gut, damit er ihn ausreichend mit den Säften der Jugend versorgte. Doch sein Körper hatte
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