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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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als geeignet betrachtet;
    3. Angemessene nahrhafte Kost, die das Tier interessant findet;
    4. Abwechslung, so daß möglichst wenig Langeweile aufkommt, d. h. >Mobiliar< in Käfigen und, wenn möglich, ein oder zwei Nachbarn, mit denen sich die Tiere aufregende, erbitterte, aber unblutige Gefechte und Zankereien liefern können.
    Doch dank der anthropomorphen Einstellung des Publikums haben wir immer noch diese entsetzlichen Tierhäuser, moderne Equivalente der Affentempel der Hindus, die so beliebt waren in den Zoos des neunzehnten Jahrhunderts und in denen so viele unglückliche und undankbare Rhesusaffen sich zu Tode fröstelten.
    Die Anteilnahme der Öffentlichkeit an den in Gefangenschaft lebenden Tieren ist lobenswert, aber in den meisten Fällen zielt sie in die falsche Richtung. Kaum prangern die Leute jene Dinge im Zoo an, die sie anprangern sollten; aber sie regen sich lautstark über Dinge auf, die für das Tier völlig unwichtig sind.
    Die Leute sagen, es ist unrecht, Tiere einzusperren; es ist unrecht, sie gefangenzuhalten; es ist unrecht, ihnen ihre Freiheit zu rauben. Selten, wenn je, kritisieren sie den Käfig selbst; die Idee des Käfigs ist es, gegen die sie etwas haben. Die Entdeckung, daß verschiedenartige Tiere Territorien unterschiedlicher Größe haben, die je nach Tierart von einigen Quadratmetern bis zu einigen Quadratkilometern reichen können, genauso wie auch Menschen Gärten, Parks, Landkreise und Länder haben, ist relativ neu, und wir wissen noch nicht viel darüber. Doch gerade diese Tatsache ist es, die berücksichtigt werden muß, wenn man einen Käfig oder ein Haus für ein Tier plant. Man beraubt das Tier nur bedingt seiner Freiheit, denn im Zoo kann es in einer Art natürlichen Käfigs leben, und das Wort >Freiheit< hat für ein Tier nicht die gleiche Bedeutung wie für einen liberalen homo sapiens, der sich den Luxus abstrakter Vorstellungen leisten kann. Tatsächlich verhält es sich so, daß man dem Tier sein Territorium nimmt, und deshalb muß man große Sorge dafür tragen, ihm einen angemessenen Ersatz zu geben, sonst sitzt man mit einem gelangweilten, kranken oder toten Tier da.
    Das, was einen Käfig zum Territorium macht, kann eine scheinbare Nebensächlichkeit sein; mit der Größe des Käfigs braucht das nichts zu tun zu haben, es kann die Form des Käfigs sein oder die Art seiner Ausstattung. Die Anzahl von Ästen, ein kleiner Teich, ein Fleckchen Sand oder ein Stück Baumstamm kann für das Tier den entscheidenden Unterschied ausmachen, ob es diesen Raum als sein Territorium betrachtet und nicht lediglich als einen Ort, wo es für den Rest seines Lebens dahinvegetieren muß. Wie ich schon sagte, die Größe des Raumes ist nicht von entscheidender Bedeutung. Da eben liegen die Leute falsch, die den Zoo in dieser Hinsicht kritisieren, sie haben wenig Ahnung davon, wie scharf abgegrenzt der Lebensbereich der meisten Tiere ist. Im Vergleich mit der Monotonie des täglichen Einerlei vieler Wildtiere würde sich die Existenz eines Bankangestellten, der Tag für Tag mit dem Vorortzug zwischen Heim und Arbeitsstätte hin- und herpendelt, wie ein Kapitel aus »Tausendundeiner Nacht< ausnehmen. Daß manche Tiere ihr ganzes Leben in einem winzigen Gebiet verbringen, übersteigt im allgemeinen das Vorstellungsvermögen der Menschen. In vielen Fällen leben, kopulieren und sterben Tiere in einem Gebiet, das relativ klein ist, und ziehen von dort nur fort, wenn irgendein wichtiges Attribut fehlt.
    Am Rande eines Lagerplatzes, den ich im westafrikanischen Regenwald aufgeschlagen hatte, wuchsen drei Bäume, die dicht von Epiphyten und Lianen überwuchert waren. Diese Bäume, von denen jeder etwa zehn Meter hoch war und die sehr dicht beieinander standen, waren für ein mittelgroßes Eichhörnchenpaar die ganze bekannte Welt. In diesem winzigen Gebiet hatten sie alles, was sie brauchten. Sie hatten Früchte und Schößlinge und Insekten zu fressen, sie hatten Wasser zu trinken, kleine Tau- und Regenpfützen, die sich in den Vertiefungen ansammelten, wo die Äste mit den Stämmen der Bäume zusammenstießen. Und schließlich, das darf nicht übersehen werden, hatten sie einander. Vier Monate lebte ich in diesem Lager. Von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang waren die Eichhörnchen zu beobachten. Nicht einmal habe ich gesehen, daß sie die drei Bäume verließen, außer wenn es galt, Eindringlinge ihrer eigenen Art zu vertreiben.
    Die drei wesentlichen Dinge, die diese kleinen
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