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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Praktiker, wie ich als sein später Nachfolger 1957-60 feststellen konnte. Alle anderen hatten nach ihrem Zoologie- (oder auch Veterinär-) Studium das harte Brot der Tiergarten-Praxis essen müssen, bevor sie wegen ihrer Erfolge in der Tiergärtnerei (in dem Bereich, das G. Durrell in diesem Buch so temperamentvoll vertritt) — oft gegen den Widerstand ihrer Fakultätskollegen — zu Professoren ernannt wurden.
    Aber es gibt leider oft noch einen Grund, weshalb — nicht nur in obskuren, von Geschäftsleuten zu Profitzwecken aufgezogenen »Tiergärten« (den Ehrennamen »Zoo« verdienen solche Etablissements nicht), sondern auch in wirklichen, fachmännisch geleiteten Zoologischen Gärten — das Notwendige oft nicht durchgeführt wird: Die Anmaßung der dem Direktor Vorgesetzten Behörde oder Institution, sie und nicht der Fachmann habe über die Wildtierhaltung im Zoo zu bestimmen und sie könne beurteilen, was fachgerecht sei und was nicht. Besonders ungünstig wirkt sich solche Einflußnahme sachunkundiger Vorgesetzter auf die Entscheidungen des sachkundigen Tiergärtners dann aus, wenn neue Tierhäuser und Gehege gebaut werden sollen. Wenn der fachkundige Tiergärtner nicht eine sehr starke Position seinen Vorgesetzten gegenüber hat, wird ihm allzu oft von städtischen Bauämtern oder — bei von Vereinen getragenen Zoos — von dem Vorstand angehörenden Bauunternehmern, Architekten, pensionierten Oberbauräten usw. in einer Weise in seine Tierhaus-Planung hineingeredet, die alle Fachkunde des Zoodirektors illusorisch macht.
    Ich könnte hier aus eigener bitterer Erfahrung manches Beispiel nennen; das, welches ich hier darlegen will, stammt aber aus einem anderen Bereich, dem der richtigen Ernährung der Zootiere, dem Gerald Durrell ja einen wichtigen Abschnitt seines Buches gewidmet hat. Einer der schlimmsten Fehler, die fachunkundige Zoo-Leiter begehen können, ist es, den Besuchern das Füttern der Tiere zu erlauben. Jede Tierart ist auf eine ganz bestimmte Ernährungsweise eingestellt, die bei der Fütterung im Zoo berücksichtigt werden muß. Nahe miteinander verwandte Tierarten — wie z. B. die Thompsongazelle und die Grantgazelle in der Serengeti — können nur deshalb nebeneinander im gleichen Lebensraum existieren, weil sie einen in Kleinigkeiten unterschiedlichen Nahrungsbedarf haben. Die Tiergärtner versuchen, diese Unterschiede herauszufinden und in ihren Fütterungsplänen im Zoo zu berücksichtigen. Nur so können die Haltungsbedingungen der Zootiere verbessert (ich möchte lieber sagen: berichtigt) werden. Aber alle derartigen Bemühungen sind völlig sinnlos, wenn es den Zoobesuchern erlaubt wird, auch nur ein einziges Tier zu füttern. Eine Grundregel fachgerechter Wildtierhaltung heißt also: Keine, aber wirklich gar keine Fütterung der Tiere durch Besucher.
    Ich selbst habe einen erheblichen Teil meiner tiergärtnerischen Fachausbildung im Frankfurter Zoo bei Prof. Grzimek erfahren. Da ich damals noch unter einer Kriegsverletzung litt, konnte ich allerdings keine Mistkarren schieben. Ich habe aber dort die Selbstverständlichkeit gelernt, daß Zootiere nicht von Zoobesuchern gefüttert werden dürfen.
    Von Frankfurt kam ich 1957 als Zoodirektor nach Münster/Westf. Ich sah dort zu meinem Schrecken, daß es in diesem von einem »gemeinnützigen« Verein verwalteten Zoo erlaubt war, die Tiere zu füttern. Es wurde sogar »Tierfutter« an den Kiosken im Zoo verkauft. Mir als ordnungsgemäß ausgebildetem, fachkundigen Tiergärtner war so etwas unfaßbar. Der Vereinsvorstand, meine fachunkundigen Vorgesetzten, bestanden darauf, daß man den zahlenden Besuchern diese Freude doch nicht nehmen dürfe. Ich habe das totale Fütterungsverbot dann nur durch einen Trick durchsetzen können: Ich brachte auf der Jahrestagung des »Verbandes deutscher Zoodirektoren« in Duisburg den Antrag ein, man möge beschließen, in allen Zoologischen Gärten generelles Fütterungsverbot für Besucher zu erlassen. Dieser Beschluß wurde gefaßt, und ich konnte in Münster das Fütterungsverbot durchsetzen.
    Einige Monate später mußte ich das Feld räumen, weil ich mich im Kampf um die Wildtiere in menschlicher Obhut doch wohl zu unbeliebt gemacht hatte. Mein Nachfolger im Amt hat aber selbstverständlich kein Jota zurückgenommen und konnte auf der vorhandenen fachlich vernünftigen Basis weiterbauen.
    Gerald Durrell geißelt sehr hart diese und ähnliche Mißstände in »etablierten« Zoos. Ich bin der
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