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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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wurde offensichtlich, wenn die Leute hörten, was ich vorhatte. Hätte ich beabsichtigt, eine Fabrik für Plastikflaschen, eine Popgruppe, ein Attraktionenlokal oder ein ähnliches unverkennbar dem Wohl der Menschheit dienendes Unternehmen aufzuziehen, so wäre ich zweifellos ihres vollen Verständnisses sicher gewesen. Aber einen Zoo? Einen Zoo, den man widerstrebend mit den Kindern aufsuchte, damit sie mal auf einem Elefanten reiten und sich an Eis überessen konnten? Ein Gefängnis für Tiere? Das konnte doch nicht mein Ernst sein! »Wieso ausgerechnet einen Zoo?« fragten sie.
    Bis zu einem gewissen Grad verstand ich ihre Reaktion. Ihre Vorstellung von einem Zoo war ja grundverschieden von der meinen. Der Kern des Problems lag in der Tatsache, daß in der Vergangenheit — und selbst heute noch — nur wenige Menschen, ob es sich nun um Wissenschaftler oder Laien handelt, den Wert eines guten Zoologischen Gartens richtig zu schätzen wissen. Als wissenschaftliche Einrichtung wird der Zoo einfach nicht ernstgenommen, sein Potential an wertvollem Forschungsmaterial zur Erhaltung von Tierarten und zur Vermittlung von Wissen, wird viel zu wenig genützt. In hohem Maße haben die Zoologischen Gärten selbst diese Unwissenheit gefördert; zu viele unter ihnen ermutigen weiterhin alle Welt, den Zoo schlechthin als einen Vergnügungsbetrieb zu betrachten. Er mag nicht so beweglich und so amüsant sein wie ein Zirkus, aber seine wissenschaftliche Bedeutung liegt auf dem gleichen Niveau. Wissenschaft ist für die meisten Leute gleichbedeutend mit Langerweile, und mit Langerweile kann man keine Geschäfte machen.
    Ein Zoologischer Garten kann Möglichkeiten bieten, mit denen keine andere ähnliche Einrichtung aufwarten kann. Im Optimalfall sollte er ein hochqualifiziertes Laboratorium, eine Bildungsstätte und eine Anlage zur Erhaltung der Tierwelt sein. Unser biologisches Wissen selbst über einige der am häufigsten vorkommenden Tiere ist beschämend gering, und gerade hier kann der Zoo, indem er vielfältige Informationen zusammenträgt, von unschätzbarem Wert sein. Daß dies der Erhaltung einer Tierart in freier Wildbahn nur dienlich sein kann, liegt auf der Hand; man kann jedoch von der Erhaltung einer Tierart erst reden, wenn man vom Verhalten dieser Tierart genügend Kenntnisse hat. Ein gutgeführter Zoologischer Garten sollte die Möglichkeiten zu derartigen Studien bieten.
    Gewiß ist es wünschenswerter, ein Tier in freier Wildbahn zu studieren, aber es gibt viele Aspekte der Tierbiologie, die sich leichter im Zoo untersuchen lassen, und es gibt sogar Aspekte, die sich nur dann studieren lassen, wenn das Tier sich in einer kontrollierten Umwelt, wie eben einem Zoo, befindet. Zum Beispiel ist es fast unmöglich, bei Tieren in freier Wildbahn die genaue Trächtigkeitsdauer zu errechnen oder das tägliche Wachstum und die tägliche Weiterentwicklung der Jungen zu verfolgen. Deshalb sind Zoologische Gärten — vorausgesetzt, die Tiere werden gründlich beobachtet und die Ergebnisse genau aufgezeichnet — ein unerschöpfliches Studierfeld und ein riesiges Reservoir wertvoller Informationen.
    Auch in der Wissensvermittlung fällt dem Zoo eine bedeutende Rolle zu. Jetzt, da wir die Megalopolis, die Verstädterung des Landes, erfunden haben, ziehen wir eine neue Generation heran, die ohne Hund, Katze, Goldfisch oder Wellensittich in den zum Himmel aufragenden Särgen der Wohnsilos aufwächst; eine Generation, die glauben wird, daß die Milch aus dem Karton kommt, ohne Zutun von Gras und Kuh und dem komplizierten Prozeß zwischen beiden. Diese Generation oder ihre Nachkommen werden vielleicht nur noch im Zoo sehen können, daß es außer Menschen noch andere Geschöpfe gibt, die auf der Erde leben möchten.
    Die Zoologischen Gärten sollten auf dem Gebiet der Arterhaltung wichtige Arbeit leisten, indem sie von den Tieren, die ihnen anvertraut sind, so viele wie möglich züchten, um so die Inanspruchnahme des Wildtierbestands zu verringern. Wichtiger ist jedoch, daß sie lebensfähige Zuchtgruppen jener Art aufbauen, deren Zahl in der freien Wildbahn beunruhigend geschrumpft ist. Viele Zoos haben das bereits mit Erfolg getan. Von den etwa tausend Tierarten, die gegenwärtig vom Aussterben bedroht sind, ist bei vielen der Bestand so stark reduziert, daß, abgesehen von der konventionellen Methode, sie unter Schutz zu stellen, die Entwicklung eines kontrollierten Zuchtprogramms eine unabdingbare Forderung sein muß. Die
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