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Die Tiere in meiner Arche

Die Tiere in meiner Arche

Titel: Die Tiere in meiner Arche
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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damit ich am anderen Ende Futter und Wasser hineingeben konnte, ohne Gefahr zu laufen, daß er mir eine Fingerarterie aufbiß.
    Die Größe des Reisekäfigs wird von der Überlegung bestimmt, daß es sicherer ist, Tiere in kleineren Käfigen zu transportieren. Wenn nämlich die Käfige von ungelernten Kräften verladen oder gehandhabt werden — und das ist leider häufig der Fall — und infolge von Unvorsichtigkeit fallengelassen werden, dann ist die Gefahr, daß das Tier dabei verletzt wird, bei einem kleineren Käfig weit geringer. Obwohl ein solcher Käfig wenig Raum bietet, stellt man im allgemeinen fest, daß ein Tier, das einige Monate lang in diesem Käfig gehaust hat, daraus ein solches Gefühl der Geborgenheit zieht, daß es oftmals bei Ankunft im Zoo sich weigert, seinen Käfig mit einem weiträumigeren Quartier einzutauschen. Der Reisekäfig ist ihm zum Territorium geworden, es fühlt sich geborgen in ihm, es kennt seine Grenzen, es kann sich darauf verlassen, daß es hier Futter und Wasser bekommt.
    Der neue Käfig, und wenn er fünfzigmal so groß ist, bietet auf den ersten Blick keines dieser Dinge. Er verspricht lediglich das, was der Mensch für so erstrebenswert hält — mehr Freiheit. Aber das ist das letzte, was das Tier haben möchte; es möchte Geborgenheit haben, und die hat es schon in seinem kleinen Reisekäfig. In vielen Fällen muß man den Reisekäfig mehrere Tage lang, manchmal wochenlang in dem größeren Zookäfig lassen, bis das konservative und vorsichtige Geschöpf sich entschließt, den größeren Käfig in sein Territorium einzubeziehen. Und selbst wenn es den größeren Käfig akzeptiert, wird es, wenn es Angst hat, schnurstracks in den kleineren flüchten, denn dort fühlt es sich zu Hause.
    Als wir einmal in Westafrika sammelten, brachte uns ein Jäger im letzten Moment, als wir schon auf dem Wege zu unserem Schiff waren, einige Zwerggalagos (Buschbabys). Ich kaufte sie zwar, hatte aber außer einer ziemlich alten, von den Eingeborenen benützten Fischfalle aus Korbgeflecht, nichts bei mir, worin ich die Tiere unterbringen konnte. Die Falle war etwa sechzig Zentimeter lang und maß im Durchmesser etwa fünfzehn Zentimeter. Zum Glück sind die Zwerggalagos die kleinsten der Galagoart — etwa so groß wie Goldhamster, die eine Schlankheitskur hinter sich haben — , und so paßten diese drei kleinen Tiere sehr gut in die Fischfalle, die ich mit trockenen Bananenblättern gefüllt hatte. Die Zwerggalagos gehören zu den reizendsten Vertretern der Buschbabys; sie sind bezaubernde kleine Geschöpfe mit großen dunklen Augen, zarten Ohren, einem weichen, grünlich-grauen Fell und den flinken, zierlichen Bewegungen von windgeblasener Distelwolle.
    Als wir, nur drei Tage später, die Küste erreichten, baute ich meinen Zwerggalagos einen Käfig und setzte sie hinein. Zum Glück hatte ich die Fischfalle nicht weggeworfen; kaum nämlich befanden sich die Tiere in ihrem neuen Käfig, da verfielen sie zusehends. Sie verweigerten alles Futter und kuschelten sich unglücklich in ihrem Schlafraum zusammen, während sie mich, wie drei verwandelte Elfen, aus großen seelenvollen Augen anstarrten. In meiner Verzweiflung setzte ich sie wieder in die Fischfalle, worauf sie sich augenblicklich erholten, wieder zu fressen anfingen und sich völlig normal verhielten. Auf der Reise nach England begann die Fischfalle sich langsam aufzulösen und mußte mit Bindfäden geflickt werden, damit sie nicht völlig auseinanderfiel. Bei der Ankunft waren die Zwerggalagos sich einig in ihrer Mißbilligung über den Zookäfig, der ungefähr fünfzigmal größer war als die Fischfalle, und sie widerstanden mit größtem Starrsinn der Evakuierung aus ihrem Eigenheim-Korbgeflecht. Die Fischfalle mußte an einer Wand des Käfigs aufgehängt werden, und die Buschbabys lebten ein ganzes Jahr darin, ehe sie sich endlich in die Weiten des Zookäfigs hinauswagten. Selbst dann noch verbrachten sie die meiste Zeit in der Ruine der Fischfalle und widerstanden allen Bemühungen, sie an einen solider konstruierten und geräumigeren Korb zu gewöhnen. Nach zwei Jahren schließlich zerfiel die Fischfalle endgültig in ihre Bestandteile, doch da hatten sich die eigensinnigen kleinen Zwerggalagos endlich an ihr neues Heim gewöhnt.
    Eine Riesenhamsterratte war es, die meine Aufmerksamkeit zum erstenmal auf das lenkte, was man vielleicht das >Reiseterritorium< nennen könnte. Gleichzeitig zeigte sie mir, mit welchem Gleichmut
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