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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure
Autoren: Martina André
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was ich meine. Er ist vor Monaten überstürzt ins Exil geflohen, erst nach Norwegen, und nun erzählt man sich, er sei in Frankreich gelandet. Außerdem war es für mich mehr ein Krieg gegen meinen eigenen Vater als gegen die Covenanters oder das englische Heer.« John versuchte abermals, ihr schönes Gesicht einzuordnen. Vergeblich. Vielleicht war es schon zu lange her, seit er das letzte Mal daheim gewesen war. Immerhin befand er sich schon mehr als fünf Jahre auf Wanderschaft, und sie war vielleicht gerade mal zwanzig.
    John schüttelte verwundert den Kopf. Dann grinste er. »Ist es am Ende meine Schuld, dass du nicht den geheiratet hast, den du heiraten solltest?« Jetzt war er doch zu einer vertraulichen Anrede gewechselt, obwohl es ihm bei ihrem Anblick immer noch schwerfiel, zu glauben, dass sie sich in der Vergangenheit tatsächlich schon so nahe gekommen waren.
    »Gut möglich.« Madlen zwinkerte schelmisch und schlug danach sittsam die Augen nieder.
    Als sie aufschaute, erwiderte John ihren seltsamen Blick – lange genug, dass sie ihm mit einiger Verlegenheit auswich. Was immer ihre Brüder behauptet hatten: Von Hässlichkeit konnte bei ihr weiß Gott nicht die Rede sein. Und ganz gleich, wer sie war, ihm gefiel der Gedanke, so unvermittelt ein Stück Heimat gefunden zu haben.
    »Liegt es an deiner Königstreue, dass du in eurer Familie auf die Nachfolge deines Vaters verzichtet hast?« Die Frage war ziemlich direkt und traf John unvorbereitet.
    Er lenkte sein Augenmerk auf einen leeren Vogelkäfig, der am anderen Ende der Kammer auf einem weißen Schränkchen stand. »Das ist eine lange Geschichte«, erklärte er seufzend und schenkte Madlen erneut seine Aufmerksamkeit. »Mein Vater und ich, wir haben uns nicht so gut verstanden. Er hat mir nie verziehen, dass ich das katholische Erbe meiner verstorbenen Mutter angetreten habe. Sie war Irin und wäre niemals zu den Presbyterianern konvertiert. Nachdem ich mich entschlossen hatte, für Montrose und nicht für den Marquess of Argyll zu kämpfen, hat mein Vater meinem jüngeren Bruder den Vorzug gegeben und ihm das Erbe angetragen. Angeblich hatte ich der Familie großen Schaden zugefügt, indem ich mich gegen die Interessen unseres neuen Clanchiefs gestellt habe. Als ein treuer Gefolgsmann des jungen Loch Iol war mein Vater ein rückhaltloser Befürworter Argylls und der Covenanters. Es ist die Ironie dieses Krieges, dass Loch Iol zum guten Schluss mit Argyll gebrochen hat und selbst zu Montrose und den Interessen des Königs übergelaufen ist.« John schwieg für einen Moment, und auch Madlen erwiderte nichts, sondern schaute auf ihre Hände.
    »Bei mir war es umgekehrt«, sagte sie leise. »Meine Mutter war eine Campbell. Mein Vater hat sie geraubt und gegen ihren Willen geschwängert. Danach musste sie ihn ehelichen, um ihre Ehre nicht ganz zu verlieren. Er zwang sie, mich und meine Brüder im katholischen Glauben zu erziehen. Was mich betraf, so hat sie sich ihm heimlich widersetzt und mich die presbyterianischen Glaubensgrundsätze gelehrt. Ich nehme an, sie hat meinem Vater niemals verziehen. Ohne ihren Einfluss hätte ich ihm kaum den Gehorsam verweigert.«
    »Eine verrückte Welt, in die wir da hineingeboren wurden, nicht wahr?« John sah Madlen mitfühlend an.
    Erst jetzt schaute sie auf, und John ahnte, dass sie wusste, wovon er sprach, weil es ihr nicht anders erging. Ihre Stimme war sanft und voller Anteilnahme, als sie erneut zu sprechen begann.
    »Wie es scheint, konntest du deinem Vater nach allem, was geschehen ist, auch nicht verzeihen, habe ich recht?«
    John stieß einen Seufzer aus. »Wer wem nicht verzeihen kann, haben wir noch nicht geklärt.«
    »Ist das der einzige Grund, warum du bis heute nicht nach Hause zurückgekehrt bist?«
    »Nicht ganz«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Ich möchte endlich ein normales Leben führen, falls das in diesen Tagen überhaupt möglich ist. Und in den Highlands würde ich niemals zur Ruhe kommen, weil es dort keine Ruhe gibt. Wenn du mich fragst, halte ich den schottischen Bürgerkrieg für einen hausgemachten Wahnsinn, da es nur einen Verlierer geben wird, nämlich das schottische Volk selbst, ganz gleich, welche Sprache es spricht.« Er schluckte seine schmerzvollen Erinnerungen an unzählige tote Kameraden und all die Not und das Elend hinunter, das ihn auf etlichen Feldzügen begleitet hatte, und räusperte sich. »Während wir die Schlachtfelder mit unserem edelsten Blut tränken, reiben
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