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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure
Autoren: Martina André
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sagte er und nahm die Bewusstlose in seine starken Arme. Sie war nicht besonders schwer, und selbst als er sie anhob, um mit ihr die schmalen Stiegen ins Obergeschoss hinaufzugehen, regte sie sich kaum.
    Meg und die Dienerin waren vorangegangen und lotsten John in eine abgedunkelte Kammer, direkt neben der Treppe. Ihm stieg der süße Duft von Maiglöckchen und Rosen in die Nase, und er nahm noch einen tiefen Atemzug, bevor er seine kostbare Fracht beinahe andächtig in ein großes Bett sinken ließ. Meg öffnete das einzige Fenster und entzündete einen dreiflammigen Kandelaber. Die Dienerin zog ihrer Herrin die feinen Lederstiefelchen aus und brachte niedliche Füße in hellen Seidenstrümpfen zum Vorschein. Dann stützte sie den Rücken der Frau mit einem Wust von Kissen und fächerte ihr aus einem rasch geöffneten Kristallfläschchen Ammoniakdämpfe zu.
    Fasziniert beobachtete John, wie die junge Frau langsam zu sich kam. Und obwohl er seinen Teil an der Rettungsaktion längst erfüllt hatte, konnte er seinen Blick weder von ihrem langen weichen Haar lösen, das schwarz wie Ebenholz über die Schultern fiel, noch von ihren dunkelblauen Augen, die unter langen braunen Wimpern dankbar und zugleich neugierig zu ihm aufschauten.
    Die Lakaien hatten sich unterdessen auf Befehl der Dienerin ins Untergeschoss zurückgezogen, und auch Meg war nach unten gegangen, um für die Kranke einen Kräutertee zuzubereiten.
    »Wie ist Euer Name?« Die Stimme der jungen Frau klang melodisch und hatte einen leichten Akzent, der John an seine Heimat erinnerte.
    Er reagierte einen Moment zu spät und räusperte sich verlegen, bevor er zu sprechen begann.
    »John«, sagte er und nahm rasch seinen Hut ab. »John Cameron.« Von draußen brandete das Grölen der Massen zu dem kleinen Fenster herein, und er sah, wie sich die feinen Gesichtszüge dieser außergewöhnlichen Schönheit verdunkelten.
    Sie blinzelte einen Moment, und er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie mit den Tränen kämpfte. John drehte sich um, ging zum Fenster und schaute hinaus. Die Hinrichtung hatte bereits ihren Lauf genommen, und die Zuschauer standen so dicht auf dem gesamten Horsemarket, dass kein Boden mehr zu sehen war. Stratton war nicht betrunken, wie man es von einem üblichen Delinquenten hätte annehmen können. Er stand stolz, mit kurzgeschorenem Haupt und gefesselten Händen, auf dem Podest und ließ mit unbewegter Miene die zahlreichen Anschuldigungen über sich ergehen.
    John zögerte nicht länger und schloss die angelehnten Fensterläden. Die Stimmen wurden sofort leiser, und er wandte sich wieder der jungen Frau zu, indem er ein Stück auf sie zuging. Dabei zog er instinktiv den Kopf ein, um nicht an der niedrigen Zimmerdecke anzustoßen. Als er aufschaute, sah sie ihm ohne jegliche Scheu direkt in die Augen.
    »Ich danke Euch.« Ihr Blick lag wohlwollend auf seinem Gesicht. Dann wandte sie sich an ihre Dienerin, die mit mürrischer Miene neben ihr stand.
    »Ruth, geh hinaus und sage Ehrwürden, dass es mir besser geht und er sich keine Sorgen zu machen braucht.« Mit einer wedelnden Geste gab sie der Dienstmagd zu verstehen, dass sie das Zimmer verlassen sollte, während sie selbst immer noch sitzend im Bett residierte.
    Nachdem die Dienerin hinausgegangen war, getraute John sich endlich, seinerseits eine Frage zu stellen. Dabei hielt er seinen Hut mit beiden Händen und knetete nervös die breite Krempe.
    »Wollt Ihr so gütig sein und mir sagen, mit wem ich die Ehre habe, Mylady?«
    »Wollt
Ihr
Euch nicht einen Moment lang zu mir setzen?« Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem einladenden Lächeln. Er stand immer noch stocksteif vor ihrem Bett und fixierte ihre vollen Lippen, welche die gleiche Farbe hatten wie das granatrote Seidenkleid, das sie trug. Dessen tiefer Ausschnitt blitzte zwischen den offenen Mantelschließen hervor und zeigte unverhohlen einen Ausblick auf ihre appetitlichen Brüste.
    Mit einer leichten Verlegenheit lenkte John seinen Blick auf ihre linke Hand, die von einem cremefarbenen Spitzenhandschuh verhüllt war und mit der sie auf den einzigen Stuhl gegenüber dem Bett deutete.
    Schweigend folgte er ihrem Angebot, wobei er, kaum dass er saß, unter dem zum Rock gerafften Plaid, seine langen Beine ausstreckte, um es sich ein wenig bequemer zu machen.
    »Ich bin mir fast sicher, dass wir uns schon einmal begegnet sind«, sprach sie weiter und warf ihm dabei einen eingehenden Blick zu.
    »K… keine Ahnung«,
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