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Die Teufelshure

Die Teufelshure

Titel: Die Teufelshure
Autoren: Martina André
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Teil der Stadt, deren Festungsanlage auf einem hohen Fels, dem sogenannten Castle Rock, nicht nur die Stadt, sondern auch die umliegende Hügellandschaft weithin überragte.
    Die Hinrichtung war für zwei Uhr nachmittags angekündigt. Somit blieb ihnen knapp eine Stunde, um zum Horsemarket zu gelangen, wo die Exekution durch den Galgen stattfinden sollte. Die drei Männer hatten keine Mühe, mit John mitzuhalten, obwohl sie allesamt ein ganzes Stück kleiner waren als der hochgewachsene Highlander. John schien es nicht eilig zu haben. Paddy und die beiden anderen konnten an seiner verbissenen Miene ablesen, dass ihm der Grund ihres unverhofften Ausflugs ganz und gar nicht behagte. Zusammen mit Heerscharen von Menschen marschierten sie über die schlechten Straßen rund um Edinburgh, vorbei an Gemüsefeldern, Obstgärten und Schweineweiden, und wichen dabei immer wieder den riesigen Pfützen aus, die der lange Regen hinterlassen hatte.
    John hatte schon mehrmals versucht, aus Paddy herauszubekommen, warum man Stratton so plötzlich an den Galgen bringen wollte. Erst vor drei Tagen war das Urteil in einem Schnellverfahren gefällt worden – schuldig wegen Landesverrats und Verschwörung gegen das schottische Parlament –, doch niemand wurde so recht schlau daraus.
    John kannte Stratton von diversen Kneipenzügen rund um Edinburgh, bei denen sie sich immer wieder begegnet waren. Was jedoch nicht bedeutete, dass er oder einer seiner Kameraden mit ihm befreundet gewesen waren. Stratton gehörte zu jener Sorte von adligen Arschlöchern, die sich nie mit einem Arbeiter von den Docks auf einen Drink oder ein Kartenspiel eingelassen hatten.
    Paddy war mit Stratton schon einmal wegen eines Krugs Whisky aneinandergeraten, den der hochnäsige Pinsel im Half Moon Inn, ohne zu fragen, auf seine Rechnung getrunken hatte. Der Ire hätte eigentlich wissen müssen, warum man Stratton in Wahrheit hängen wollte, denn ihm entging so gut wie nichts, was in der Stadt passierte. Aber selbst er hatte eisern geschwiegen, wenn der ein oder andere seinen Zweifel an Strattons Schuld hatte verlauten lassen.
    »Man sagt, er habe sich den königstreuen Cavaliers angeschlossen und mit ihnen Attentate auf hochrangige Mitglieder der Covenanters im schottischen Parlament vorbereitet«, knurrte Paddy im Gehen ungeduldig, weil nicht nur John ihm mit seiner ewigen Fragerei auf den Geist ging. »Angeblich hat er sogar Flugblätter mit einem Aufruf drucken lassen, in dem er die Ermordung presbyterianischer Bischöfe fordert. Es hieß, er wollte damit den Verrat der Schotten an König Charles rächen.«
    »Stratton?« John sah seinen irischen Freund ungläubig an. Stratton war alles, was man sich vorstellen konnte, nur nicht religiös und schon gar nicht politisch. Und soweit John wusste, hatte er weder in der königlichen Armee unter Charles I. noch unter Cromwells Truppen als Söldner gedient. Er galt als geschniegelter Galan, der zwar aus noblem Hause stammte, aber leider kaum eigene Mittel besaß. Sein Vater weilte im niederländischen Exil, und Henry, der schon vor längerem mit seiner Familie gebrochen hatte, machte sein Geld beim Wetten und Kartenspiel oder als verlässlicher Begleiter alternder, vermögender Edeldamen. Dabei mied er die Kirche wie der Teufel das Weihwasser und war politisch nie in Erscheinung getreten.
    Paddy reckte seinen Hals über den Kragen seiner Joppe hinaus und entblößte sein lückenhaftes Gebiss zu einem hämischen Grinsen.
    »Der Aufschneider ist Lord Chester Cuninghame in die Quere gekommen.« Die Stimme des Iren klang verschwörerisch, als er seine schwielige Hand schützend an seinen Mund legte, obwohl ihn bei dem lautstarken Durcheinander, das in den Straßen herrschte, ohnehin kaum jemand hätte verstehen können. Er näherte sich John so weit, dass er ihm direkt ins Ohr sprechen konnte. Flüsternd verfiel er ins Irisch-Gälische, das John wegen seiner schottisch-gälischen Herkunft leidlich zu verstehen vermochte. »Cuninghame ist Parlamentsmitglied und unglaublich vermögend. Er hat verwandtschaftliche Beziehungen bis in die höchsten Regierungskreise und pflegt vielfältige politische Verbindungen, die er überwiegend zu seinem persönlichen Vorteil nutzt. Allerdings heißt es auch, er sei das schwarze Schaf der Familie, weil er sich bisher einer angemessenen Ehe verweigert. Angeblich gehört er einer geheimen Bruderschaft an, die den Freimaurern zugetan ist. Offiziell ist er ein Anhänger der Covenanters –
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