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Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Titel: Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen
Autoren: Andreas Weiler
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das Pflaster des Weges hinwegrollte, der sich in engen Schleifen an dem Gebirgsrücken emporwand. Tirion warf einen raschen Blick zurück. Die Tempelanlage war ein verschachteltes Bauwerk, das sich an die Hänge der Berge schmiegte. Es hieß, einige der geheimsten Kavernen seien noch von dem Titanen selbst errichtet worden, aber es wußte nicht, ob das der Wahrheit entsprach oder nur ein Gerücht geschwätziger Novizen war. Der Strom der Kokonsammler kroch als vielleibige Schlange aus dem Tempel hervor, dessen Zentrum – die Warteoase – im Licht zahlloser Fackeln glomm. Weiter unten, am Fuß des Gebirges, klebte die Stadt, Tschitschoas genannt im Regionaldialekt der Nhumb’tis, in der allgemeinen Sprache als Baumkrabbenhort bekannt.
    Die Zugschrecke zirpte.
    Tirion griff nach dem Sanctum. Es leuchtete mit einem verheißenden Funkeln.
    Ja, dachte Tirion, während unten an den Hängen Trommeln dröhnten und Fanfaren schmetterten, ja, ich könnte es schaffen. Ich könnte zu ihm gelangen und ihn wecken, den Titanen.
    Das Ende eines Zyklus.
    Der Beginn eines neuen.
    Tirion fieberte der Begegnung mit dem Titanenmonument entgegen.
    Der Boden der Zerstreuungsröhre zitterte sanft, als Nayala ihrem Heim entgegenschritt. Sie hatte noch immer die Dünste der unteren Ebenen der Schwimmenden Stadt in der Nase, und der Kilt, den sie nun abgestreift hatte und als fleckiges Bündel in der Armbeuge trug, war klamm und dampfte. Ein Konglomerat aus vielen Stimmen tropfte ihr entgegen. Hier und dort, in Nischen und Alkoven, schwelten kleine Kräuterfeuer, und die purpurnen Rauchschwaden befreiten die Atemwege von Orgalla und Schüristi von dem Gärschlamm, den mehrere Arbeitsstunden weiter unten angereichert hatten.
    Dort, wo die Röhre auf eine andere stieß und so eine Breitkreuzung bildete, blieb Nayala kurz stehen, betrachtete die farbigen Symbole an den Hohlknochenwänden und legte den Kopf in den Nacken.
    Die einzelnen Ebenen und Turmdomänen der Schwimmenden Stadt der Böenreiter waren durch das transparente Material der Blähwalknochen deutlich zu erkennen. Ineinander verschlungene Konstruktionen aus einzelnen Röhren, Plattformen, Konkaven und Kuppeln, dann und wann eine Aussichtsnase, in der Späher die Kochende See weit unten beobachteten und Ausschau hielten nach den breiten Rücken der Blähwale. Eins der fragilen Luftboote der Böenreiter hielt auf die Zerstreuungsröhre zu. Der Hohlknochen leitete ein sanftes Knirschen weiter, als das Boot an die Röhre anlegte. Nayala zuckte mit den Achseln und marschierte weiter. Die Symbole an den Wänden sagten ihr, daß es nicht mehr weit war bis zu ihrem Heim.
    Freizeithändler boten in dem Wandelgang ihre Waren an: auf kleinen Holzkohlefeuern gebratene und gebackene Gärkrabben, Duftkräuter, die der Nase die Erinnerung an den Gestank weiter unten raubten – aber leider nur zeitweise –, aromatische Getränke, deren Zutaten von Schmugglern aus den oberen Ebenen herbeigeschafft worden waren, manchmal gar von den Böenreitern selbst, Drogen aller Art, manche zum Träumen, manche zum Weinen, manche zur Sensibilisierung bei der Kopulation. In den Nischen, die die Wände der Zerstreuungsröhre nun wie lange Kerbenreihen durchzogen, hockten Stadtmonteure und Abfallbeseitiger, Segmentbewacher und Fäulnisbeschwörer, Parasitensucher und Turmkletterer. Die Gesichter der Schüristi und Rantranen, der Märmale und Xyren waren gezeichnet von Strapazen und Erschöpfung. Wie Nayala hatten sie ihre Schicht beendet und waren nun zurückgekehrt in die zweifelhafte Geborgenheit der Röhre. Nayala beachtete sie kaum. Sie hatte in den vergangenen Wochen und Monaten gelernt, diese allgegenwärtige Melancholie zu ignorieren. Es war besser so.
    Kurz darauf verbreiterte sich die Röhre zu einer Aufenthaltshalle. Einige Tavernen lockten hier mit farbigen Hinweiszeichen, und aus den entsprechenden Alkoven drang das Grölen von Betrunkenen. Ganz in der Nähe hockte ein Orgalla-Kind an der Wand und schrie.
    Die Schwingen, von denen sich die Federn zum Teil abgelöst hatten, schlugen rhythmisch; der kleine Schnabel schabte über den pigmentierten Hohlknochen. Schleimiger Schaum tropfte daraus hervor und bildete bereits eine Lache auf dem Boden. Die Orgalla-Mutter betrachtete ihr Kind aus traurigen Knopfaugen. Die anderen, die sich hier in der Aufenthaltshalle befanden, ignorierten die vor Pein schreiende Orgalla-Frucht. Niemand wagte es, auch nur in die Nähe des Vogelkindes zu kommen. Nayala blieb kurz
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