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093 - Wenn die Knochenmänner tanzen

093 - Wenn die Knochenmänner tanzen

Titel: 093 - Wenn die Knochenmänner tanzen
Autoren: Larry Brent
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    »Aaahhh!« Es
war ein furchtbarer Schrei, und der einsame Gast in dem Zimmer schreckte abrupt
hoch.
    Berthold
Erskin, auf dem Weg nach Torremolinos, um sich einen Bungalow zu kaufen, war in
dem kleinen, abseits gelegenen Hotel in den Bergen abgestiegen, um die Nacht
hier zu verbringen.
    Der Deutsche
lauschte auf die anschwellenden Geräusche. Schreie, Klagen und langgezogene
Seufzer drangen an seine Ohren.
    Und dazu
Musik. Erst leise, dann immer lauter werdend – heiße, rhythmische Töne, die ins
Blut gingen.
    Ein Flamenco!
    Kastagnetten
klapperten, Stiefelabsätze knallten, dazwischen abgerissene, grauenvolle
Schreie.
    Über Berthold
Erskins Rücken lief ein Schauer. Er hatte das Gefühl, als würde eine eiskalte
Hand seinen Nacken emporkriechen und die Kopfhaut zusammenpressen. Die Laute
waren so unheimlich, daß er es nicht länger im Bett aushielt. Er warf die dünne
Decke zurück, stand auf, schlüpfte in seinen Morgenmantel, schlang schnell den
Gürtel um seine Hüfte und öffnete die Tür.
    Lautstarke
Musik dröhnte durch das ganze Haus. Berthold Erskin kam erst jetzt auf die
Idee, einen Blick auf seine Armbanduhr zu werfen. Mitternacht!
    »Unverschämtheit«,
murmelte er. Er kannte Spanien und wußte, daß das Leben erst spät abends
begann, aber hier in den Bergen hatte er einen solchen Rummel wahrhaftig nicht
erwartet. Hinzu kam, daß er genau wußte, daß außer ihm kein weiterer Gast unter
dem Dach dieses alten, weit abgelegenen Hotels weilte.
    Es lohnte
also nicht, eine Flamenco-Show aufzuziehen. Für wen also?
    Daher konnte
es sich also nur um ein privates Fest handeln.
    Unwillkürlich
tastete er nach dem Lichtschalter, bis ihm einfiel, daß es so etwas nicht in
dem Hotel gab. Er befand sich im tiefsten Hinterland – ohne Elektrizität.
    Heute abend
hatte er bei Kerzenschein sein Abendessen eingenommen. Das war zwar recht
interessant und romantisch gewesen, dazu brauchte man nicht unbedingt
elektrisches Licht.
    Jetzt wäre er
froh gewesen, es zu haben.
    Es war
finster im Treppenhaus.
    Vorsichtig
tastete er nach dem Geländer und stieg dann die wurmstichigen Stufen hinab.
    Der Boden
zitterte, aber nicht von seinen Schritten, sondern durch das Stampfen der
Tänzer und die rhythmische, jagende Musik, die einem Höhepunkt entgegenraste.
    Die klagenden
und seufzenden Schreie gipfelten in einem einzigen, langgezogenen, nicht
endenwollenden Aufschrei.
    Ein Ton, der
weit davon entfernt war, zu dieser heiteren, jauchzenden, fröhlichen Musik zu
passen.
    Es war ein
Schrei, wie jemand ihn ausstieß, der furchtbare Schmerzen erdulden mußte, der
gefoltert wurde, der seinen Tod vor Augen sah!
    Der Gedanke
daran trieb ihm den Schweiß auf der Stirn.
    Diese
ungeheuerliche mitternächtliche Festlichkeit kam eindeutig von unten, und zwar
aus dem Restaurant, in dem er abends gegessen hatte.
    Berthold
Erskin stand vor der Tür. Der Flamenco endete mit einem tosenden Crescendo.
    Schlagartig
herrschte eine unheimliche Stille.
    Berthold tat
etwas, was er aufs tiefste verabscheute: Er legte ein Ohr an die Tür, um zu
lauschen.
    Und er hörte
etwas: heftiges Atmen, ein leises, langgezogenes Klagen. Nur die Musik war
verstummt.
    Er klopfte
an. Niemand schien ihn zu hören und forderte ihn auf hereinzukommen. Da drückte
er einfach die Klinke herab, die Tür schwang auf. Schon bei seinem Eintritt
erkannte er an dem Licht- und Schattenspiel auf den dunklen Wänden, daß Kerzen
brannten.
    Er wurde
Zeuge einer eigenartigen Szene.
    In der Mitte
des ausgeräumten Restaurants stand ein breites Bett. In ihm saß ein zu Tode
erschrockenes junges Mädchen, die Augen unnatürlich weit aufgerissen, den Mund
zum Schrei geöffnet. Das Bett war umringt von sieben in lange, dunkle
Kapuzengewänder gekleidete Gestalten, die ihre Köpfe zusammensteckten.
    Berthold
Erskin konnte es nicht fassen. Er sah, daß die Gestalt hinter dem Bett
plötzlich ein langes, großes Fleischermesser in der Hand hielt und auf die
völlig verzweifelte junge Frau einstechen wollte.
    »Nein!«
schrie er, ohne daß es ihm bewußt wurde.
    Blitzartig
ruckten die Köpfe der sieben Gestalten herum.
    »Neeeiiin!«
Diesmal schrie er aus einem anderen Grund. Seine Nackenhaare sträubten sich.
    Sieben leere
Augenpaare aus sieben Totenschädeln starrten ihn an.
     
    ●
     
    Sie kamen auf
ihn zu.
    Nur einer
nicht. Der führte das durch, was Berthold Erskin zu verhindern gehofft hatte.
    Der Vermummte
stach mit dem Fleischermesser zu. Die Schneide senkte sich tief in den
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