Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen

Titel: Die Terranauten TB 06 - Monument der Titanen
Autoren: Andreas Weiler
Vom Netzwerk:
an.
    Die Pflegerinnen stimmten ein leises Lied an, als sie den Körper Tirions wuschen, ihm Kraft und waches Bewußtsein einmassierten. Es erzählte von dem schlafenden Titanen weit oben im Monument, von den Kokons der Seidenspinner, die nun in den Heiligen Schluchten gereift waren – was das Leuchten des Sanctums deutlich anzeigte. Es erzählte von anderen Neutrumjüngern, die vor Tirion auf die Wallfahrt gegangen waren, zusammen mit den Sammlern. Es erzählte von Freud und Leid, und es verkündete Trauer darüber, daß es noch keinem Neutrumjünger gelungen war, die Monumentschwelle zu überwinden und zum Titanen selbst zu gelangen. Rischen eilte an die Bademulde heran und zeigte Tirion das Prachtgewand.
    »Ich habe es extra für dich genäht«, sagte die halbstabile Nhumb’tis-Frau. »Sieh nur, ist es nicht wirklich herrlich? Ich bin sicher, kein anderer Neutrumjünger vor dir hat ein so prächtiges Gewand getragen auf seinem Pilgerweg.«
    Die Stickereien stilisierten das Monument, das sich oben in den Bergen erhob, umschmiegt vom Eis des Großen Gletschers. Sie zeigten die Heiligen Schluchten und die Seidenspinner, lachende Sammler. Und das Sanctum als eine Sichel, die all dies überspannte.
    »Du hast dir viel Mühe gegeben«, sagte Tirion, als es aus der Mulde stieg. Die Pflegerinnen trockneten seinen Körper ab und strichen dann geweihte Salben auf. Der Duft war betörend. Als die Kräuteressenzen eingezogen waren, streifte Rischen ihm das Gewand über. Die Seide war aus den Kokons der Spinner gewonnen – aus den überzähligen Kokons natürlich, denn in den anderen schliefen ja die offenen Neutren, von denen eines nach Ende des Zyklus zum neuen Sanctumträger wurde –, und sie war weich und geschmeidig und knisterte wie frisch gefallener Schnee.
    Draußen auf dem Hof der Warteoase, im Lichte Dutzender Fackeln, hatten die Titanenjünger und Tempelnovizen Aufstellung bezogen. Sie neigten die Köpfe, als Tirion auf den Platz trat. Die Bläser auf den Zinnen der Türme hoben ihre Homer und ließen einen Fanfarendonner erklingen.
    Dann herrschte wieder Stille.
    Und das Sanctum leuchtete so hell wie noch niemals zuvor.
    Lorant trat vor. Er trug nun die Festrobe des amtierenden Weisen Titanenjüngers, und der Schein der Fackeln spiegelte sich in den Rubinen, mit denen die Säume geschmückt waren. Man sagte, diese Festrobe sei fast ebenso alt wie das Titanenmonument, und Tirion erschauerte unwillkürlich in tiefer Ehrfurcht.
    »So hört meine Worte zum Abschluß dieses Zyklus!« rief Lorant. »Der Tag ist gekommen auf den wir alle warteten. Das Leuchten des Sanctums zeigt an, daß die Kokons der Seidenspinner in den Heiligen Schluchten gereift sind. Die Sammler werden die Ernte einbringen aber nicht mehr Kokons aus den Netzen lösen, als sie auch wirklich hierher zurückbringen können. Tirion, der Neutrumjünger, wird sie segnen, und das Sanctum ist Schutz vor allem Unbill der einsamen Höhen.«
    Lorant streckte den Arm aus.
    »Aber seht nur. Jünger des Titanen. Seht nur, wie hell das Sanctum erstrahlt in der Reifezeit der Seidenspinner-Kokons! Dies mag nicht nur bedeuten, daß die Ernte reichhaltig ist. Nein, es mag auch Zeichen dafür sein, daß Tirion die Monumentenschwelle überschreiten und dem Titanen selbst seine Ehre erweisen kann.«
    Ein Raunen ging durch die Menge der versammelten Priester. Hände malten heile Zeichen in die Luft. Von der Stadt her trug der Wind das Donnern Hunderter Trommeln herüber. Die Kuriere des Tempels hatten die frohe Botschaft überbracht.
    Tirion legte kurz den Kopf in den Nacken.
    Die Morgenwinde wehten die Lichtlosen Wolken auseinander. Perlmuttfarbener Glanz breitete sich aus, schien auf mysteriöse Weise mit dem kalten Feuer des Sanctums zu verschmelzen.
    »Wir ehren dich, Tirion, Neutrumjünger!« rief Lorant. »Wir wünschen dir Glück. Unser Segen begleitet dich auf deiner Wallfahrt.«
    Rasselndes Klappern ertönte.
    Die mit Blumen und Fastechtperlen geschmückte Zugschrecke zirpte und knurrte, als der Lenker im Haltegeschirr an den Zügeln zerrte und den Prachtwagen auf den Platz lenkte. Tirion stieg wortlos ein. Es hob die Hände zum letzten Gruß.
    Die Fanfaren ertönten.
    Dann herrschte für einen Augenblick Stille. Und als die Titanenjünger schließlich die Lobeshymne anstimmten, wandte sich die Zugschrecke mit einem lauten Krächzen den Bergen zu. Die eisenbeschlagenen Räder polterten und dröhnten, als der Wagen unter dem Torbogen hindurchfuhr und dann über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher