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Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Titel: Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
Autoren: Robert Quint
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geahnt hatte. Sie ließen sich nicht bestehlen. Wer ihre Netze wollte, bekam sie geschenkt.
    Eine Kraft begann mit zunehmender Stärke an Sayrin zu zerren. Sie klammerte sich verzweifelt an die Wand, den letzten Haken. Sie schwankte und ächzte. Der Schmerz in ihrem Kopf machte sie benommen.
    Die Fäden bewegten sich wie lebende Wesen. Der Sog wurde heftiger.
    Sayrin verlor den Halt.
    Ein Ruck, und sie wirbelte davon.
    Die Angst war so kehlezuschnürend, daß ihr Schrei erstickt wurde, noch ehe er die Lippen erreichte. Doch Sayrin stürzte nicht.
    Das Netz des Webers verhinderte den bodenlosen Fall und nahm sie mit hinauf, am Weber vorbei, an der Steilwand, dem gezackten Gipfel.
    Sayrin flog.
    Sie besaß ein Netz und flog tausend Meter über den Bergen, die in der Dunkelheit verschwanden. Wind warf sie hin und her. Sie stieg und fiel. Über ihr der purpurrote Baldachin, höher noch die Wolken.
    Nur Augenblicke später endete die kurze, wichtigtuerische Nacht, als die ferne Zweitsommersonne als violetter, matter Klecks am Horizont erschien. Ihr Licht war in dieser Jahreszeit zu schwach, um etwas bewerkstelligen zu können, das es verdient hätte, Tag genannt zu werden. So brach nur die lange, bleiche, kühle Morgendämmerung ein und würde sich vierzehn Stunden dahinziehen.
    In ihrem Faserkokon kämpfte Sayrin verzweifelt gegen die Umklammerung an. Der seltsame Druck in ihrem Schädel ließ sie aufstöhnen.
    Sie sah nicht das Flimmern, das sich plötzlich über die Gipfel legte. Das glitzernde Oval, das ein Stück aus dieser Welt herausschnitt und es durch ein anderes Stück ersetzte. Und sie sah auch nicht den silbernen Diskus, der sich durch das Flimmeroval schob und zögernd Kurs auf sie nahm.
    Ihr Kopf drohte zu bersten, und dann brachte Ohnmacht das gnädige Vergessen.

II
    Die Stimme war die eines Mannes, und sie reichte über Millionen Kilometer hinweg.
    »… wer bin ich, wenn ich nicht ich bin? Wer kann ich sein, wenn ich mich selbst nicht erkenne? Wo bin ich gewesen, wenn ich keine Vergangenheit besitze? Wohin gehe ich, wenn mein Ziel niemals existiert hat? Was ist meine Bestimmung, wenn ich mich selbst verloren habe? Gibt es mich, wenn ich mir nicht sicher bin, daß ich je war? Welchen Sinn haben Fragen, wenn niemand antwortet? Kann man von Finsternis sprechen, wenn man kein Licht kennt? Wer bin ich …«
    Die Stimme klang vertraut.
    Claude Farrell fröstelte, während sie aus seinem Ohrempfänger tönte und die Sterne träge um ihn kreisten. Der Weltraum war nur fünf Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, und er war so kalt, daß allein die Vorstellung Farrell frieren ließ.
    Es war ein Fehler, dachte der hochgewachsene, schwarzhaarige Mann grimmig. Es war der schrecklichste Fehler, den ich je gemacht habe, und jetzt ist es zu spät. Mir bleibt keine Wahl mehr. Ich muß es tun. Ich muß den Weg bis zum Ende gehen, und sollte dies mein Tod sein.
    Fast lächelte er dann angesichts der dramatischen Worte, die er sich da selbst sagte.
    Er berührte einen Sensorknopf an seinem linken Ärmel. Die Helmscheibe seines Raumanzugs wurde undurchsichtig, und der Mikrocomputer schuf ein Phantombild vor seinen Augen.
    Farrell sah die Station.
    Cosmodrom Vircho-III.
    Ein Stahlball von zweitausend Metern Durchmesser. Ein Dutzend flexible Entsorgungsröhren aus Weichprotop ragten wie die Stacheln eines Igels von der schimmernden Metallhülle hinaus in den Raum.
    Einst hatten an diesen langen Röhren die Containerschlepper angelegt, um von den mobilen Computersystemen des Cosmodroms gewartet und überholt zu werden – für den langen, lichtjahrweiten Flug zu der fernen Erde.
    Doch es gab keine Containerschlepper mehr.
    Das alte Sternenreich der Menschheit war vor über drei Jahren zusammengebrochen, und die vollautomatischen Rohstoffrachter gehörten jetzt der Vergangenheit an.
    Ebenso wie Cosmodrom Vircho-III.
    Dreieinhalbtausend Lichtjahre vom irdischen Sonnensystem entfernt, weitab von allen Sternen, mitten im interstellaren Raum, der so leer war, daß selbst ein zufällig lokalisiertes Staubkorn heimatliche Gefühle erweckte.
    »… Was habe ich getan, daß ich nicht mehr ich bin? Was ist mit mir geschehen, daß ich mich nicht mehr kenne? Wer bin ich, wenn ich nicht mehr ich bin …?«
    Farrell dämpfte die Lautstärke des Funkempfängers, tastete über seine Gürtelkontrollen und verringerte den Drehimpuls.
    Altmählich kamen die Sterne zur Ruhe. Aus der Ferne waren sie so kalt wie der Weltraum selbst, und Farrell
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