Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Titel: Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
Autoren: Robert Quint
Vom Netzwerk:
I
    Der Erstsommer auf Calhari war heiß; heißer als der Zweitsommer und die Mittenzeiten, die den Regen brachten. Es regnete Wasser, und es regnete Grasschrecken, rotgepanzerte Insekten, die alles unter sich begruben. Nach den Insekten strömten Wasserfluten in den Bachbetten wie Blut in offenen Adern zu Tale und ergossen sich in die fruchtbaren Kessel, schwemmten Ackerboden fort und spülten Schilfhütten davon.
    Die Flutwelle wälzte sich unaufhaltsam weiter, durch die Einschnitte in den Bergen, durch die Schluchten, die die Granitmassive spalteten, wälzte sich stets in Richtung Süden, wo das Planetenmeer lag.
    Das Planetenmeer … Ein schwarzer, stiller, träger Ozean, dessen Küstendämme aus Humus bestanden, aus fruchtbarem Boden und Menschenleibern.
    Begann der Zweitsommer, dann zerfielen die Kadaver der Grasschrecken in den leergeschwemmten und ausgedörrten Talkesseln, und in ihren sterblichen Überresten pflanzten die Calharen den Mais, der kein Mais war, säten die Kartoffeln, die fast so violett waren wie die Sonne am Himmel.
    Wie die kleine, heiße Zweitsommersonne.
    Doch jetzt war die Sonne grün.
    Es war Erstsommer, und niemand auf ganz Calhari dachte an den violetten Stern.
    Vielleicht von den Webern abgesehen, die immer noch nicht aufgegeben hatten, ihre Netze bis zu den Wolken zu spinnen. Mit der dumpfen Betriebsamkeit, die allein die Weber zu schätzen wußten.
    Sayrin blinzelte in dem grünlichen Tageslicht.
    Sie legte eine Hand wie ein Sonnendach an die Stirn und glaubte trotz der großen Entfernung die Netze an den Berghängen im frischen Höhenwind steigen und fallen zu sehen.
    Die Hänge waren schwarz, steil, narbig, feindlich.
    Die Weber klebten wie verirrte Bergsteiger in den Felsspalten und kümmerten sich weder um Tag und Nacht, noch um Regen und Sonne.
    Vermutlich, dachte Sayrin verdrossen und senkte die Hand, vermutlich läßt sogar der Tod sie kalt.
    Sie löste den Blick von den Bergen und betrachtete die Ebene, die sich bis zum Fuß des Granitmassivs erstreckte.
    Die Ebene war staubig und unfruchtbar wie alle Tiefländer Calharis. Sie war glatt, platt, öde, grau.
    Weit hinter Sayrin, jenseits des Horizontes, irgendwo im Süden, lagen die Täler. In den Tälern lebten die Calharen, und seit der Großen Havarie hatte kein Calhare den Versuch unternommen, die Ebenen zu besiedeln.
    Es war Erstsommer, und in den Talkesseln waren jetzt die Frauen mit dem Schlachtfest beschäftigt, die Männer mit dem Gerben der Huftierhäute und beide mit den Vorbereitungen für die nächste, nahe Mittenzeit.
    Hoch im Norden, im Mineraleis der Polkappe, die dünn war wie Pergament, braun wie rostiges Eisen, hoch oben im kalten Land, in das sich kein Calhare wagte, der noch alle fünf Sinne beisammen hatte … dort rekelten sich bereits die Larven der Grasschrecken in Erwartung der violetten Sonne und des Zweitsommers.
    In der Hitze würden ihnen Flügel wachsen. Sie würden summen und schweben und mit insektenhafter Schläue nach Süden äugen. Sie würden warten und dann aufsteigen und den schweren Regenwolken folgen, die sich aus dem Dunst des tauenden Polareises gebildet hatten.
    »Später«, murmelte Sayrin und kletterte die Böschung hinunter. »Noch ist Zeit.«
    Sie war froh, dem Anblick der Ebene entronnen zu sein, auch wenn es nur ein kurzer Aufschub war.
    Sayrin mußte den Hügel wieder erklimmen. Die Ebene wartete auf sie. Sayrin wußte, daß die Ebene geduldig war. Die Ebene lag einfach da und wartete. Träge und grau. So grau, daß selbst das grüne Sonnenlicht keine Farben in ihre Runzeln und Falten zaubern konnte.
    Sayrin näherte sich dem Huftier.
    Das Huftier scharrte im blauen, trockenen Gras und zermalmte die ausgedörrten Halme mit seinen großen Zähnen.
    Die Ebenen waren grau und öde, die Hügelländer blau und fast ebenso karg, und allein die Täler waren fruchtbar. Weit hinter dem Horizont ergoß sich das Hügelland in die Täler, die bis zu den Granitbergen reichten, der Grenze zum Planetenmeer.
    Dem Huftier waren die geographischen Tatsachen gleichgültig.
    Es kaute das blaue Gras und stand stumpf auf vier Beinen da, zwischen den kurzen Halmen, im grünen Sonnenlicht, und selbst Sayrins Nahen ließ es nicht innehalten.
    Sayrin starrte das Huftier verächtlich an.
    Es hat schon seinen Sinn, daß man diese dummen Viecher ins Schlachthaus führt, dachte sie mürrisch. Nicht nur, weil das Fleisch nahrhaft und wohlschmeckend ist, Hirn und Leber berauschend sind und man die Häute für
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher