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Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Titel: Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
Autoren: Robert Quint
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kostbarster Besitz, der die Form eines seltsam verschnörkelten Dreiecks besaß. Wie alles Metall auf Calhari stammte auch der Anhänger aus den Trümmern des Bootes, das geborsten an der Küste des Planetenmeeres lag und noch immer vom Grauen und Sterben der Großen Havarie kündete.
    Sayrin erwachte aus ihrem leichten Schlummer und öffnete die Augen.
    Sie konnte die Berge nun deutlich erkennen, ohne vom Glanz der Sonne geblendet zu werden. Wie seit Anbeginn der Zeit stiegen und fielen die Netze der Weber.
    Die Weber selbst waren weiße Punkte im schroffen Schwarz der Hänge. Es waren nicht viele. Zwei oder drei Dutzend im ganzen, verteilt auf die vielen Gipfel und narbigen Hänge des Massivs, das allein der Ebene etwas wie Charakter verlieh.
    Die Netze der Weber bildeten einen Baldachin aus Purpurrot über den Bergspitzen. Der Baldachin warf lange Schatten und ließ die Hänge noch finsterer und rauher erscheinen.
    Sayrin trieb das Huftier an.
    Der Tag ging allmählich zur Neige, und sie wollte die Berge noch vor Einbruch der Nacht erreichen.
    Gehorsam erhöhte das Huftier seine Geschwindigkeit. Mehr Staub wirbelte auf und reizte Sayrin zum Husten. Das Huftier hustete nicht. Es schnaubte auch nicht. Das Huftier galoppierte jetzt geschwind durch die Ödnis, und es war nicht in der Lage, mehr zu tun, als zu atmen und zu laufen.
    »Ho, he!« brüllte Sayrin den Webern zu, während der Wind ihr ins Gesicht blies und die mürbe Schmutzkruste fortwehte.
    »Her mit den Netzen, ihr Weber, nur her damit!«
    Die Weber hörten sie nicht. Und sie schwiegen. Unermüdlich spannen sie weiter ihre Purpurfäden, und wenn sie lang genug waren, zwackten sie sie ab und ließen sie in die Höhe fliegen. Selbst wenn kein Wind wehte, stiegen die Fäden und fügten sich zu den Netzen zusammen. Sie verbanden sich zu dem großen purpurroten Baldachin, Tag für Tag und Nacht für Nacht, und irgendwann kappten die Weber dann die Halteseile.
    Um zuzusehen, wie die Netze dem Himmel, den Wolken entgegendrifteten. Steil hinauf. Langsam steigend.
    Um zu erleben, wie die Grasschrecken aus den Wolkenbänken fielen und sich auf die Netze stürzten und sie in sich hineinschlangen, bis Sturm und Regen sie weiterwehten, weiter nach Süden, zu den Seen, die die Täler überschwemmten.
    Auf gewisse Art, dachte Sayrin, haben die Weber viel mit den Huftieren gemeinsam. Aber wenn die Huftiere dumm sind, so sind die Weber verdreht. Sie lassen ihre Netze zwar auffressen, doch sie lassen sie nicht stehlen.
    »Aber ich werde sie stehlen!« verkündete Sayrin im Sattel des Huftieres.
    Ihr langes braunes Haar flatterte im Wind, und ihre Apfelbrüste wippten leicht, als sie die Faust den Webern entgegenschüttelte.
    »Ich bin keine Närrin. Ich bin Sayrin Devries, und mein Urahne war Meister Devries, der Steuermann des Bootes. Ich werde es schaffen. Ich werde ein Netz stehlen und ins Tal zurückfliegen.«
    Die Erde dröhnte unter dem Galopp des Huftieres. Die Ebene beobachtete Sayrin und verfolgte ihren Weg. Sie fühlte, daß die Ebene sie beobachtete.
    Die Ebene würde zuschauen, wie sie die Berge erkletterte und hoch von den Hängen wieder zu Boden stürzte, ohne Netz, schwer wie ein Stein. Dann würde die Ebene sie verschlingen und zufrieden sein.
    Die Ebene war feindlich.
    Das Hügelland war gleichgültig.
    Nur die Täler waren freundlich.
    Und die Berge – lauernd. Wie alte, kranke Männer hockten sie auf der Ebene und trauerten den Jahrmillionen nach, in denen sie geschrumpft und verwittert waren. Die Zeit wetzte sie ab. Sie waren verloren, und sie ahnten es. Nicht noch einmal würde sich die Planetenoberfläche an dieser Stelle falten und sie erneut emportragen.
    Allein die Weber waren ihre letzte Hoffnung.
    Nur durch die Weber konnte die Materie der Berge ein zweites Mal die Wolken erreichen.
    Darum, dachte Sayrin scharfsinnig, neiden sie mir den Erfolg.
    Sie näherte sich den Bergen.
    Geröll tauchte im feinen Staub der Ebene auf. Dumpf trabte das Huftier weiter. Es würde sich den Hals und sämtliche Läufe brechen, wenn Sayrin ihm nicht den Befehl gab, langsamer zu werden. Ein Beweis mehr dafür, daß das Huftier nicht wußte, was es hieß, zu leben.
    Die Weber waren jetzt fette, zufriedene Klumpen an den hohen Hängen. Sie waren zehn- oder zwanzigmal so groß wie Sayrin. Weiß wie Kalk. Aufgedunsen wie die Leichen nach den Wolkenbrüchen in den Mittenzeiten.
    Sayrin brachte das Huftier im Schatten der Berge zum Halt und sprang ab.
    Ein Geröllhang
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