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Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster

Titel: Die Terranauten TB 03 - Planetenmuster
Autoren: Robert Quint
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führte zum Himmel hinauf und ging auf halber Höhe in eine Steilwand über. Dort klebte einer der Weber und sponn seine Fäden. Die Fäden zitterten im Wind, waren nach oben gerichtet, dem Baldachin entgegen.
    Das Purpurrot der Fäden war außer dem Grün der sinkenden Sonne die einzige Farbe in dieser Ödnis. Sayrin war noch immer grau vom Staub der Ebene.
    Das Huftier stand da und beäugte mit traurigen Blicken den kahlen Boden. Es scharrte im Sand, im Kies, doch bald gab es die hoffnungslose Suche auf.
    Ganz nach Huftier-Manier wartete es jetzt. Darauf, daß Gras dem Felsen entwuchs oder der Tod es niederstreckte. Es würde nicht fortlaufen und woanders suchen. Es sah Grau und Stein und für das Huftier bestand damit die ganze Welt aus Grau und Stein.
    Sayrin wandte sich ab und begann die Geröllhalde zu erklimmen. Sie stolperte und rutschte, fiel und kam wieder hoch, schlürfte sich Beine und Arme auf, aber sie stieg weiter.
    Die Ebene hatte sie nicht aufhalten können. Sie würde auch die Berge überwinden. Im Tal hatte sie davon gesprochen, so wie jeder davon sprach, ohne es jemals wirklich zu tun.
    Nur Narren machten ihre kühnen Worte wahr. Und Narren waren selten in den Talkesseln.
    Jeden fünften oder zehnten Zweitsommer wagte jemand den Marsch zu den Webern. Keiner dieser Narren kehrte zurück.
    Aber ich werde zurückkehren! dachte Sayrin zornig. Ich werde es ihnen schon zeigen!
    Natürlich würde sie es schaffen.
    Sayrin zweifelte nicht daran. Sie war jung und kräftig und zu allem entschlossen. Sie besaß eine flinke Zunge und einen klaren Verstand. Immer hatte sie aufmerksam zugehört, wenn die Alten an den Feuern des Devries-Tales von den Webern erzählten.
    Sie kannte die Weber besser als die meisten Calharen.
    Die Weber waren aufgeplusterte, dumpfe, verdrehte Kreaturen, deren einziger Lebenszweck darin bestand, ihre Netze über die Berge zu spinnen und zu hoffen, daß sie eines Tages, eines Nachts, die Wolken erreichten. Die Weber klebten an den Felsen und sie starben nicht. Nie hatte man davon gehört, daß ein Weber sein Leben ausgehaucht hatte.
    Der Tod paßte nicht zu den Webern.
    In den luftigen Höhen der Gipfel schien das Sterben seine Bedeutung zu verlieren und das Leben an Sinn zu gewinnen – als Ersatz für die nie geborene, träge, steinerne Existenz des grauen Granits.
    Sayrin kletterte weiter.
    Und während sie kletterte, legte sich eine unsichtbare Klammer um ihren Schädel. Der Druck war nicht unangenehm, aber er irritierte sie.
    Kiesel rollten unter ihren Füßen davon und purzelten hinunter zum Boden, wo das Huftier stand. Einfach dastand und atmete. Die Ebene erstreckte sich wie ein schmutziges, riesiges Tischtuch bis zum Horizont, hinter dem man die Weite des Hügellandes erahnen konnte.
    Sayrin keuchte und schwitzte und fluchte, wenn sie ausrutschte und den Halt verlor und einige Meter zurückschlidderte. Der Weber klebte hoch über ihr und sponn seine purpurroten Fäden im verblassenden Sonnenlicht.
    Der Weber wirkte jetzt nicht mehr weiß, sondern grau wie die Ebene selbst. Mit dem Fortschreiten der Dämmerung würde er braun und schließlich schwarz werden.
    Doch Sayrin wußte, daß dies nichts zu bedeuten hatte.
    Kein Weber ließ sich von der Dunkelheit beeindrucken.
    »Ho, he«, murmelte Sayrin und spuckte Staub aus. »Ich hole mir dein Netz. Erde, ferne Erde, ich hol’s mir, und wenn ich dafür den ganzen Erstsommer in der Wand hängen muß!«
    Der Weber gab keinen Laut von sich.
    Er besaß keine Stimme. Keine Ohren, keine Augen, keine Beine und Arme. Nichts außer Leimnäpfen und Spinndrüsen und einen seidigen Chamäleonpelz, der sich stets den Lichtverhältnissen anpaßte.
    Ein Weber, dachte Sayrin bei ihrem Aufstieg, ist auf eine gewisse Weise noch ärger dran als ein Huftier. Huftiere können durch den Menschen nur gewinnen. Sie haben kein Leben, das sie einbüßen können. Aber die Weber? Weber verlieren ihre Netze, wenn sie nicht ewig auf der Hut sind. In den Himmel dürfen die Netze steigen; es ist gleich, ob die Grasschrecken sie auf ihrem Flug gen Süden verzehren, doch wenn ein Mensch Hand an die Fäden legt …
    Das Geröll endete.
    Steiler stieg die Wand jetzt empor und bestand aus festem, schroffem, gewachsenem Granit. An zwei Stellen zogen sich Kamine die Wand hinauf. Weiter oben verengten sie sich.
    Sayrin löste den Blick von den Kaminen, in denen schon manch guter Calhare einen langsamen Tod gefunden hatte, und musterte die Haken aus Huftierknochen, die
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