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Tristan

Tristan

Titel: Tristan
Autoren: Martin Grzimek
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Erstes Buch
     
    TRISTANS KINDHEIT
     
    Zweier Tod, ein Leben ~1~ Am Ende ein Beginnen
     
    Es geschah am Morgen des siebzehnten Ianuarius auf dem Schlachtfeld nicht weit der normannischen Küste in den Hügeln bei Convue. Riwalin, König von Parmenien, wurde von Fürst Morgan, seinem eigenen irischstämmigen Lehnsmann, durch einen gewaltigen Schwerthieb tödlich getroffen. Riwalin war dicht an Morgan herangeritten und wollte gerade zum Schlag ausholen, als sich Morgans Pferd plötzlich wie eine Furie um sich selbst drehte, und im Schwung dieser Drehung hatte der Irländer, unvorhersehbar auf der anderen Seite neben dem König auftauchend, das Schwert gegen dessen Hals prallen lassen. Es durchtrennte die Maschen des Kettenhemds knapp über der Schulter, rutschte durch die Wucht der Bewegung zum Kinn Riwalins hinauf und schlitzte ihm die Halsader auf. Riwalin riss noch den Kopf herum, suchte den Feind, der ihn angegriffen hatte, erblickte Morgan und wollte schreien - da brach das Licht in des jungen Königs Augen, und das Blut, das ihm über die Brust rann, löschte das Feuer seines Zorns. Tot sank er vom Pferd.
    Nur einen halben Tagesritt entfernt auf der Burg Conoêl rang am selben Abend Blancheflur, Riwalins Frau und zugleich die Schwester von König Marke aus Cornwall in Britannien, mit dem Tod, um ihrem Kind, das einst und für alle Zeiten Tristan genannt werden sollte, ein ewiges Leben zu schenken. Die Tücher, in denen der Neugeborene seinen ersten Schrei ausstieß, waren voll von Blancheflurs Schweiß, von den Krämpfen ihres Todeskampfes, vom Glück ihrer Liebe.
    Floräte, die Frau Ruals, des Marschalls von Parmenien, und Elbeth, die Amme, bargen das Kind. Und während Floräte Blancheflur mit den zitternden Stößen ihrer angstvollen Atemzüge in den Tod weinte, wusch die Amme den Säugling und befreite ihn von Schleim und Blut. Sie wusch ihn mit ihren Tränen, während Floräte ihr Gesicht an der noch warmen, schweißnassen Brust der Toten verbarg. Alles war ein einziger Schmerz, ein Klagen mit aufeinandergepressten Lippen. Denn niemand durfte etwas von diesem Unglück erfahren. Und als Floräte aufschaute, wagte sie es, ihre glühende Wange für einen Augenblick an die der Toten zu drücken, ihre Hände um das schöne Gesicht ihrer Königin zu legen und ihr die Augen zu schließen, in denen ein Licht von innen her zu leuchten schien, bis es im erstarrten Blick verglomm.
     
    Der herbeigewünschte Regen ~ 2 ~ Die Dünen von Convue
     
    Ein wolkenverhangener, stürmischer Morgen war es gewesen, als Riwalin sich entschlossen hatte, Morgan und seine Truppen anzugreifen. Seine Berater hatten ihm prophezeit, es würde in Kürze zu regnen beginnen. Dann hätten sich die Dünen von Convue in schlammige Hügel und Täler verwandelt. Morgan wäre mit seinen Reitern in eine Falle geraten, und die Pferde hätten unter ihren Hufen den Halt verloren.
    »Wann regnet es denn endlich!«, schrie Riwalin in den dunklen Himmel. Er wollte eine Entscheidung. Rual hatte seinen Herrn zurückzuhalten versucht. Die Mannen seien noch nicht formiert, hatte er gesagt, wartet noch eine Stunde. Aber Riwalin war ungeduldig. Er hatte kaum geschlafen, war vor Sonnenaufgang im Zelt auf und ab gegangen, hatte mit Gott gestritten, warum er ihm nicht mehr an Beistand leistete, und immer wieder Morgan verflucht, diesen vierschrötigen, habsüchtigen Mann aus Erui, dessen ganzes Sinnen und Trachten darin zu bestehen schien, andere zu knechten und seine Macht zu genießen.
    »Was ist das für eine Macht?«, grollte Riwalin und achtete nicht auf die Worte seines Marschalls, als der von den Verlusten sprach, die sie am vorausgegangenen Tag erlitten hatten. Stattdessen wünschte er sich Regen herbei, nichts anderes als Regen. Aus den Wolken sollte er sich ergießen, Sturzbächen gleich. »O mein Gott!«, schrie er in den Himmel. »Du überschwemmst uns doch sonst mit deinen Tränen! Warum denn nicht heute, nicht jetzt?« Plötzlich wandte er sich um zu einem der Hauptmänner. »Wir brechen auf!«, schrie er. »Gib das Signal!« Entschlossen sprang er auf sein Pferd, hielt den Speer in den Himmel, als wollte er die Wolken aufstechen, hörte das Horn und preschte los.
     
    Der Speer ~3~ Die Niederlage
     
    Er warf als Erster den Speer und traf einen von Morgans Soldaten direkt in die Brust. Mit einem Kampfschrei spornte er seine Mannen an, sie ritten nun seitwärts der Düne, und Morgans Leute schienen schon die Flucht zu ergreifen und dem Meer
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