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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
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wird dann rückfällig.“
    „Mach du erst mal deine Assistenzzeit fertig“, meinte Gisela. Hier hatte schon mancher große Reden geschwungen und sich am Ende anders entschieden.
    „Nun sei doch nicht sauer“, meinte Frank, „ich rege mich nur über das System auf. Einerseits jammern die Gerichte über die Kosten und die lange Verweildauer und andererseits sind sie überrascht, wenn ein zu früh freigelassener Täter rückfällig wird.“
    „Am System wirst du aber nichts ändern“, meinte Gisela schnippisch.
    „Tut mir leid. Ich wollte meine Wut nicht an dir auslassen. Eigentlich bin ich ja auch nur nervös wegen der Verhandlung“, entschuldigte Frank sich kleinlaut.
    „Du könntest mir einen Kaffee holen, um dich bei mir wieder beliebt zu machen“, meinte Gisela schmunzelnd. Frank der Weltverbesserer!
    „Aber natürlich, Gnädigste. Und danach gehe ich Nicole willkommen heißen.“
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 98
     
     
     
     
    Hallo, ich bin Nicole und ich bin einundvierzig Jahre alt. Ich habe etwas Schlimmes getan, an das ich mich nicht erinnern kann, aber deswegen bin ich hier, in der Landesklinik für Psychiatrie.
    Mein Arzt, Professor Wieland, hat mir erklärt, dass ich so lange hier bleiben muss, bis ich mein Leben zu Hause wieder alleine bestreiten kann. Ich sehe ein, dass ich an den verschiedenen Therapien teilnehmen muss und dass ich auch über Dinge reden soll, die ich lieber für mich behalten würde. Die Therapeuten hier sind sehr nett. Am liebsten rede ich mit Doktor Frank Fabian. Wir gehen oft in den Entspannungsraum, denn dort ist es ruhig und ich kann mich besser öffnen. Die Traumreisen, die Dr. Fabian mit mir unternimmt, gefallen mir am besten. Es fällt mir so leichter, darüber zu sprechen, was mir in meiner Kindheit widerfahren ist. Aber immer noch blockiere ich einige Themen. Wir machen kleine Schritte, so wie Dr. Fabian es gesagt hat.
    Gleich kommt meine Familie zu Besuch. Ich freue mich immer sehr, sie zu sehen. Meine Kinder sind schon so groß, dass ich es kaum glauben kann. Denise, meine Tochter ist fünfzehn und sieht meiner Schwester Sabine zum Verwechseln ähnlich. Deshalb hatte ich zu Anfang Probleme mit ihr, aber mittlerweile kann ich unterscheiden, wen ich vor mir habe. Mein Sohn Robin ist gerade dreizehn geworden. Er kommt nach seinem Vater. Die Drei waren gestern in einem Altenheim, in dem meine Mutter untergebracht sein soll. Das kann ich gar nicht glauben! Meine Mutter ist für mich immer noch jung. Ich kann sie mir in einem Altenheim nicht vorstellen. Hoffentlich hat sie keinen Schock bekommen, dass sie gleich zwei Enkelkinder im Teenageralter aufgesucht haben. Wenn es mir weiterhin so gut geht, darf ich sie auch mal besuchen und Dr. Fabian will mich begleiten. Davor habe ich noch etwas Angst, deshalb bin ich erst einmal auf den Bericht meiner Familie gespannt.
    Ich wohne jetzt zusammen mit anderen Patienten in einer Wohngruppe, in der das Zusammenleben geübt wird. Einigen meiner Mitpatienten gehe ich lieber aus dem Weg, aber im Großen und Ganzen kommen wir gut zurecht. Wir gehen zusammen mit den Betreuern Lebensmittel einkaufen, kochen unsere eigenen Mahlzeiten und organisieren unseren Alltag selbst. Natürlich dreht es sich hier hauptsächlich um die Therapien.
    Ich habe das Malen für mich entdeckt und in meiner Wohngruppe hängt sogar ein Bild, das ich gestaltet habe. Aber vor allem hat mir das Schreiben sehr geholfen. Manche Dinge kann ich besser aufschreiben, als darüber zu reden. Ich führe nun ein Tagebuch, dazu notiere ich noch Erinnerungen und Träume. Über Briefe kann ich sogar mit meinen verstorbenen Angehörigen „reden“ und mich bei ihnen bedanken. Heute habe ich einen Brief an meine Oma geschrieben.
     
     
    „ Liebe Oma!
    Ich möchte dir für alles danken, was du je für mich getan hast. Leider war ich nicht da, als du gestorben bist, aber mit dem Herzen war und bin ich immer bei dir. Ich weiß, dass du auf mich warten wolltest, aber manchmal können wir uns das nicht aussuchen, wie du selbst gesagt hast. Ich hätte mir nur gewünscht, dich noch einmal zu sehen. Du bist immer in meinem Herzen und ich weiß, dass ich in deinem bin. Ich hoffe, du hast deine Söhne und alle Menschen, die du lieb hattest und die vor dir gestorben sind, wiedergefunden. Sicher sind auch Sabine und Papa bei dir. Immer wenn ich in den Himmel schaue, denke ich an euch und schicke euch einen Gruß. Wartet nur auf mich! Ich freue mich schon euch alle wieder
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