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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
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Kapitel 1
    Früher
     
     
    Mein Name ist Nicole und ich bin sechs Jahre alt. Im Sommer komme ich in die Schule und kurz danach werde ich sieben!
    Heute hat Mama gesagt, ich soll meinen Schrank ausräumen. Das finde ich ziemlich doof. Ich habe doch sowieso nicht so viele Sachen. Meine große Schwester ist noch in der Schule. Sie ist fast sechs Jahre älter als ich. Natürlich darf sie ihre Sachen behalten. Das ist gemein, aber Mama sagt, dass ich ja später von ihr alles bekommen werde. So ist das immer! Ich bekomme die alten Anziehsachen und das kaputte Spielzeug.
    Einmal habe ich mir eine Barbiepuppe gewünscht, damit ich mit den anderen Kindern spielen konnte. Die bringen ihre Barbies immer mit zum Spielplatz. Die Puppen sind so schön! Sie haben lange blonde Haare und tolle Sachen an. Meine Schwester Sabine musste mir dann eine Barbie abgeben. Sie hatte nämlich drei! Natürlich gab sie mir eine Kaputte und die hatte auch noch schwarze Haare.
    „Ein Hai hat ihr Bein gefressen“, sagte Sabine und drückte mir die hässliche Puppe in die Hand. Mama zog der Barbie ein langes, selbst gehäkeltes Kleid an, damit man das mit dem Bein nicht so sah. Ich liebte die Puppe trotz allem und nahm sie stolz mit auf den Spielplatz.
     
     
    „Was ist denn das für ein hässliches Ding?“, fragte Birgit vom Haus nebenan.
     
     
    „Mit so einer spielt meine Petra nicht“, meinte Britta vom obersten Stockwerk unseres Hauses. Sie nahm ihre schöne, blond gelockte Barbie und spielte in einer anderen Ecke weiter. Birgit folgte ihr.
    Ich spielte eine Weile alleine, ließ aber am nächsten Tag meine Puppe zu Hause. Da durfte ich wenigstens wieder mitspielen.
     
     
    Ich habe eine Kiste mit Sachen ausgepackt. Es fällt mir schwer, mich von meinem Spielzeug zu trennen. Ich besitze kaum was. Mama sagt, wir bräuchten Platz und sie meint, Papa würde die Kiste in den Keller stellen. Ich räume also mehr aus, als ich es sonst getan hätte. Schließlich denke ich, ich kann mir die Sachen aus dem Keller nach oben holen, wenn ich damit spielen will. Schon am Abend vermisse ich das Bilderbuch vom kleinen Häwelmann. Das habe ich so gerne. Lesen kann ich ja noch nicht, aber ich kenne den Text auswendig, weil meine Oma ihn mir oft vorgelesen hat. Die Bilder sind auch toll, besonders das, wo Häwelmann sein Hemdchen über sein ausgestrecktes Bein gehängt hat und hinein pustet, damit es sich wie ein Segel aufbläht. Der Häwelmann wollte nämlich immer mit seinem Gitterbett herumfahren. Aber das eine Bild vom Mond macht mir immer Angst, weil er da so böse guckt und den kleinen Häwelmann anschreit, er soll endlich schlafen. Da blättere ich immer schnell weiter.
    Ich jammere so lange herum, bis meine Schwester den Kellerschlüssel vom Haken nimmt und mit mir nach unten geht. Es ist noch ziemlich hell, denn wir haben Sommer und ich muss trotzdem um sieben Uhr ins Bett. Wir finden den Karton nicht. Ich heule fast. Schließlich hat meine Schwester eine Idee und wir gehen nach draußen. In unserem Müllcontainer finden wir nichts, aber in dem vom Nachbarhaus. Mein Vater hat meine Sachen einfach hier hineingeworfen!
    Meine Schwester hebt mich hoch, da der Container groß ist und wir nicht reingucken können. Je einer gehört zu einem Wohnblock. Ich kann kaum noch etwas von meinen Schätzen wieder finden. Vor dem Müllbehälter liegt eine Seite meines Lieblingsbuches, genau die mit dem Mond, wo er eine Schlafmütze aufhat und böse guckt, weil Häwelmann nicht schlafen will. Im Gebüsch finde ich einen abgerissenen Arm von meinem Gummiteufel. Den hat meine Tante mir bei einem Ausflug zu einer Talsperre geschenkt. Ich hebe beide Sachen auf und sehe meine große Schwester an. Vielleicht fällt ihr ja noch was ein, wo wir den Rest finden können. Doch sie zuckt nur die Schultern und sagt: „Heul jetzt bloß nicht!“ Dann bringt sie mich wieder nach Hause. Ich bin sehr traurig und stelle mir vor, wie andere Kinder meine Sachen kaputtmachen oder damit spielen. Irgendwann habe ich mich in den Schlaf geheult, den Gummiarm des Teufels fest umklammernd.
    Am nächsten Tag hängt mein Vater die Tür zu unserem Kinderzimmer aus. Ich schlafe mit meiner Schwester zusammen in einem kleinen Raum. Dort gibt es unser Etagenbett, einen Schrank und einen Schreibtisch mit einem Stuhl auf Rollen. Den Schreibtisch darf nur meine Schwester benutzen, weil sie ja schon in die Schule geht und ich nicht.
    Papa schleppt einen Sessel in unser Zimmer, nachdem er unser Bett
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