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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
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vermisst dich. Frank weiß, wo sie ist. Besuch sie doch mal und sag ihr, dass ich sie lieb habe.“
    Ich nicke. Mama lebt! Natürlich gehe ich sie besuchen. Aber ich möchte, dass meine Schwester bei mir bleibt!
    „Geh nicht weg!“, bettele ich.
    „Ich gehe nicht weg“, beruhigt mich Sabine, „ich bin immer bei dir. Du wirst mich wieder sehen. Schau deiner Tochter in die Augen und schau in dein Herz. Da wirst du alle finden, die du liebst.“
    Ich sehe Frank an. Er sieht aus, als wenn er gehen möchte und er wird Sabine mitnehmen. Aber ich will nicht, dass sie geht! Sie ist doch gerade erst zurückgekommen.
    „Du wirst jetzt schlafen, aber du wirst dir alles merken, was deine Schwester dir gesagt hat“, sagt Frank. Seine Stimme klingt so einschläfernd, dass mir die Augen schon zufallen wollen. Aber ich will Sabine noch einmal ansehen. Meine große Schwester, die ich so lieb habe.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 96
    Früher
     
     
    Alles ist so anders. Als ich in der Kur war, wollte ich nur nach Hause, aber das hier ist nicht mehr mein zu Hause. Mama liegt nur im Bett und schläft. Wenn sie nicht schläft, weint sie. Papa geht wieder arbeiten und ich bin mit Mama alleine. Wenn er da ist, trinkt er Bier. Der Kindergarten macht Ferien, aber ich komme ja hoffentlich doch im Herbst in die Schule. Niemand sagt mir was. Keiner ist da, den ich fragen kann.
    Frau Brauer macht mir immer Frühstück. Ich bin lieber bei ihr als zu Hause. In unserer Wohnung sind noch alle Sachen von Sabine. Ich weiß nicht, ob ich sie nehmen darf. Einmal habe ich Sabines Radio angemacht und es war sofort ganz laut. Da hat Mama geschrien und ich habe es sofort ausgemacht und nicht wieder angefasst. Nur Sabines dicker Teddy schläft jetzt immer bei mir. Die Couch wird nicht mehr ausgezogen, denn so viel Platz brauche ich alleine nicht. Das Bettzeug bleibt einfach da draufliegen, bis ich wieder schlafen gehe. Mama wäscht keine Wäsche mehr und sie kocht auch nichts. Manchmal esse ich deswegen bei Frau Brauer. Papa will das aber nicht. Er bringt meist etwas zu essen mit, wenn er von der Arbeit kommt. Oft schmeckt das nicht, aber bevor ich Ärger bekomme, esse ich es lieber auf. Frau Brauer hat mich letztens sogar gebadet, weil sie meinte, dass ich riechen würde. Da musste ich an Karin denken, die immer Angst hatte, dass sie stinkt. Ich habe sie nach der Kur nicht mehr wieder gesehen und das will ich auch gar nicht, denn sie weiß als Einzige, was passiert ist. Ich hoffe nur, dass Wolf sie nicht auch schon geholt hat. Jeden Tag habe ich Angst, dass Wolf zu mir kommt. Er hat ja gesagt, dass er mich besuchen will. Mama passt nicht auf mich auf. Wolf könnte mich ganz einfach mitnehmen. Deswegen bleibe ich immer drin und gehe nicht mehr raus. Wenn ich rausgehen würde, käme ich auch nicht mehr rein, denn ich habe keinen Schlüssel. Meist spiele ich in meinem Zimmer, aber alles hier erinnert mich an Tanja oder Sabine. Ich traue mich nicht, die blau-grauen Hasenpfoten von der Schranktür zu nehmen. Manchmal streichele ich sie, weil sie so weich sind.
    Sabines Anziehsachen hängen im Schrank, aber die sind mir viel zu groß. In Tanjas Fächern ist nichts drin. Ich habe aber auch nichts, was ich reinlegen könnte. Manchmal setzte ich mich auf den Schreibtischstuhl und spiele inhalieren. Ich halte mich an den Griffen fest und tue so, als wäre ich angebunden. Dann atme ich ganz tief ein und aus und schließe die Augen. Aber an der Stelle, wo Wolf erscheint, mache ich sie schnell wieder auf und stelle fest, dass er nicht wirklich da ist. Dann freue ich mich, dass wieder ein Tag vorbei ist, wo er mich nicht gefunden hat.
    Ich blättere oft in Sabines Büchern, doch ich kann sie nicht lesen. Bilder sind auch nicht viele drin, aber ich weiß, dass Sabine sie in den Händen gehalten hat. Ihre Schultasche steht unter dem Schreibtisch. Ich habe mal rein gesehen, hatte aber ständig Angst, dass Mama mich erwischt. So tolle Sachen! Sabines roter Füller zum Beispiel. Ich habe ihn aufgeschraubt, aber nicht damit geschrieben. Vielleicht darf ich den ja haben, wenn ich in die Schule komme.
    Papa ist komisch geworden, genau wie Mama. Er will nicht mehr zu Hause sein. Meist geht er gleich zum Garten, nachdem er mir was zu essen mitgebracht hat. Er trinkt dort auch Bier, wie zu Hause. Manchmal stinkt er ganz furchtbar, wenn er zurückkommt. Ich versuche dann, ihm aus dem Weg zu gehen. Papa schimpft aber nicht mehr so viel wie früher. Er redet sowieso
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