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Märchenwald – Mörderwald

Märchenwald – Mörderwald

Titel: Märchenwald – Mörderwald
Autoren: Jason Dark
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Die Frau atmete so heftig, dass die Scheibe beschlug. Das kam von ihrer Unruhe, derer sie nicht Herr werden konnte, und so schaffte sie es auch nicht, ruhig stehen zu bleiben. Mal ging sie nach rechts, dann wieder in die andere Richtung, ohne allerdings ihren Blick von der Scheibe abzuwenden.
    Marisa Benson wusste genau, warum sie an dieser Stelle wartete. Obwohl sie im gedämpften Licht stand und das Glas alles andere als dick war, gab es der Frau eine gewisse Sicherheit.
    Es war Ende Mai. Man hatte in den Medien die ersten sehr warmen Tage des Jahres für den Süden Englands angekündigt. Die Hitze sollte allerdings nicht lange anhalten. Vielleicht zwei, drei Tage, dann sollte es wieder vorbei sein.
    In der Nacht war von dieser Strömung noch nicht viel zu spüren. Sie blieb weiterhin recht kühl und war auch klar. Der Himmel zeigte sich im Funkeln der Sterne, und es gab auch keinen Dunst, sodass Marisa Benson freie Sicht hatte.
    Peter, ihr Mann, war unterwegs. Beruflich. Ein Adliger hatte ihn eingeladen, um irgendwelche Dinge zu besprechen, und so hatte er seine Frau allein zurückgelassen.
    Die Frau des Försters hatte es hingenommen. Es hätte auch nichts gebracht, wenn sie Peter von seinem Vorhaben hätte abhalten wollen. Er wäre ihrer Bitte nicht gefolgt. Außerdem hatte er für die Dinge, die in der Nacht passierten, kein Verständnis. Er wollte sie nicht einmal sehen. So verstockt war er.
    Marisa aber wusste mehr. Sie hatte immer versucht, mit ihrem Mann darüber zu sprechen, der jedoch hatte nur abgewinkt. Er wollte mit solchen Geschichten in Ruhe gelassen werden.
    Abwarten. In die Dunkelheit schauen, in der sich bestimmt etwas tun würde.
    Die Frau dachte darüber nach, ob es nicht besser war, wenn sie das Licht löschte. Der helle Fleck der Lampe spiegelte sich in der Scheibe, und das störte sie. Es war besser, wenn sie völlig im Dunkeln stand und auf das Ereignis wartete, das bestimmt kommen würde.
    Sie löschte die Lampe und trat wieder an die Scheibe. Dahinter breitete sich die Wiese aus, hinter der der Wald begann. Große, mächtige Bäume, im frischen, dichten Laub stehend. Ein herrlicher Wald, der zum Revier ihres Mannes zählte. Für viele Menschen war es ein richtiger Märchenwald, aber aus dem Märchenwald konnte sehr leicht ein Mörderwald werden, und genau das war nicht nur ihre Befürchtung, sondern sie war sich dessen sicher.
    Der Wald verbarg ein Geheimnis. Ein böses Rätsel, vor dem sich Menschen hüten sollten. Diejenigen, die es nicht taten, mussten dafür büßen, und genau das war mit einer bestimmten Person geschehen. Der Märchenwald hatte sich in einen Ort des Horrors verwandelt.
    Er hatte die Menschen verschlungen. Und wenn er sie zurückschickte, dann...
    Marisa schüttelte den Kopf. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Es war ihr einfach zu unerklärlich, auch wenn die Tatsachen dafür sprachen. Ansonsten wollte sie nur warten, denn sie war sicher, dass sie Besuch bekommen würde.
    Sie wusste nicht mal, ob sie sich davor fürchten oder gespannt sein sollte. Getan hatte ihr der Besuch bisher noch nichts. Zwar hatte sie versucht, mit ihrem Mann darüber zu sprechen, doch von Peter war sie nur ausgelacht worden. Obwohl er es eigentlich hätte besser wissen müssen, weil er sich als Förster im Wald besser auskannte als alle anderen. Er war eben zu sehr Naturwissenschaftler und interessierte sich nur wenig für die andere Seite des Lebens.
    Ein leichter Wind fuhr über das Land hinweg. Er erreichte auch den Wald und spielte mit den Blättern der Bäume. Wäre Marisa jetzt draußen gewesen, so hätte sie das Rauschen gehört, aber das wollte sie nicht. Ihr ging es um etwas anderes.
    Ob ihr Mann noch in dieser Nacht zurückkommen würde, hatte er offen gelassen. Wurde es zu spät, würde er auf dem Sitz des Adligen übernachten. So etwas war schon öfter vorgekommen. Und gerade in den Nächten, in denen Marisa allein im Haus war, hatte sich ihr die andere Seite geöffnet.
    Sie wusste, dass es auch in dieser Nacht so sein würde. Das hatte sie einfach im Gefühl. Da würde sich der Wald öffnen und wieder einen Teil seines Geheimnisses preisgeben.
    Wie lange sie schon gewartet hatte, wusste sie nicht. Die Zeit hatte ihre Bedeutung für sie verloren, für sie galt nur das Warten auf ein bestimmtes Ereignis.
    Eigentlich passte die breite Scheibe an der Rückseite des Hauses nicht zu der etwas altmodischen Bauweise. Aber Peter hatte darauf bestanden. Er wollte, wenn er im Wohnzimmer
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