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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
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verschoben hat. Den Sessel kann man zwei Mal ausklappen und dann erhält man eine Matratze. Weil das Etagenbett jetzt hinter der Tür steht, hätte man diese nicht mehr ganz öffnen können, denn sie geht nach innen auf. Papa baut eine Schiebetür aus Plastik ein. Dann erklärt er uns, dass wir eine neue Schwester bekommen werden.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 2
     
     
    „Wissen Sie, was passiert ist?“
    Ich sehe den Mann vor mir an. Wo ist der denn hergekommen? Und wer ist das überhaupt? Ich schüttele den Kopf. Hinter meiner Stirn klopft es dumpf.
    „Was ist das Letzte woran, Sie sich erinnern können?“
    Das Zimmer kommt mir nicht bekannt vor. Wo bin ich? Es sieht aus, als würde ich mich in einem Büro befinden. Irgendwie so ähnlich wie bei dem Schuldirektor, wo ich mich vorstellen musste, bevor ich in die Schule kam. Es gibt einen großen, dunklen Schreibtisch mit vielen Ordnern und Papier drauf, zwei Stühle und Bilderrahmen an den Wänden, aber da sind gar keine Bilder drin. Irgendwas steht dort, auf braunem Papier, doch ich kann nur ein paar Buchstaben erkennen.
    Meine Oma hat sie mir beigebracht. Ein S zum Beispiel, der Schlangenbuchstabe, den ich nicht schreiben kann, aber er kommt bei meiner Schwester Sabine am Anfang. Und da ist ein W, das ist ein M, das auf dem Rücken liegt, und M kommt in Mama vor.
    „Was ist mit Ihren Händen passiert?“, fragt der Mann.
    Ich schaue auf meine Hände. Sie fühlen sich schon die ganze Zeit komisch an, besonders die Rechte. Jetzt entdecke ich einen dicken, weißen Verband, vielleicht einen Gips. Auf den Fingerknöcheln an beiden Händen sind Krusten und Pflaster, aber kein Jod.
    Meine Freundin Birgit hatte mal einen Gips, aber am Fuß, und wir durften da alle was drauf malen, damit er schöner aussah.
    Vorsichtig bewege ich die Finger, die irgendwie komisch aussehen, so lang und dünn mit gefeilten Nägeln. Die Nägel sind gar nicht eingerissen oder dreckig, wie sonst. Die rechte Hand tut ein bisschen weh. Eine Faust kann ich nicht machen. Die Linke ist verschrammt. Das passiert mir öfter. Wenn ich hinfalle, schlage ich mir dauernd was auf.
    Ich weiß aber gar nicht, was jetzt passiert ist und werfe einen unsicheren Blick auf den Mann, der vor mir sitzt. Er kommt mir alt vor, obwohl er keine grauen Haare hat, sondern braune.
    „Ich bin Professor Stefan Wieland“, stellt er sich vor.
    „Sagen Sie mir Ihren Namen?“
    „Nicole“, entfährt es mir, bevor ich es stoppen kann. Ich soll doch nicht mit Fremden reden! Und das hier ist ein Fremder.
    „Wie alt sind Sie, Nicole?“
    „Ich bin sechs.“
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 3
    Früher
     
     
    Die neue Schwester kommt am nächsten Tag. Sie ist jünger als ich, einen Kopf kleiner und blond gelockt wie eine Barbie. Verstohlen späht sie hinter Papas Bein hervor. Wo kommt die denn her?
    „Das ist Tanja. Sie bleibt jetzt bei uns“, erklärt mein Papa und schiebt den blonden Engel in meine Richtung. Ich mag sie nicht.
    Wegen der musste ich meinen Schrank ausräumen? Wegen der haben wir jetzt so eine doofe Tür, durch die man alles hören kann? Die soll auch noch mit in das kleine Zimmer?
    Meine große Schwester ist ganz freundlich zu der. Sie nimmt sie an die Hand und zeigt ihr das Kinderzimmer, wobei sie mir verschwörerische Blicke zuwirft. Ich folge den beiden missmutig.
    Tanja steht verloren herum. Sie trägt ein Kleid! Ich besitze nur ein einziges Kleid. Meine Eltern finden sie unpraktisch und wir haben nicht so viel Geld. Außerdem haben sie sich nach meiner Schwester einen Jungen gewünscht und nicht noch ein Mädchen. Jetzt sind wir schon drei!
    Ich bin neidisch auf Tanjas Haare, die ihr in leichten Wellen über die Schulter fallen. Meine Haare sind dunkelbraun und kurz geschnitten. Mein Papa mag es so und eine Freundin meiner Mutter schneidet es regelmäßig in unserer Küche.
    Meine große Schwester Sabine versucht aus der Kleinen rauszukriegen, wo sie herkommt, aber Tanja scheint nicht sprechen zu wollen. Sie betrachtet alles mit ihren hellen, blauen Augen und sagt kein Wort. Irgendwann verlieren wir das Interesse an ihr und lassen sie auf ihrem Sessel, der ja auch ihr Bett sein soll, sitzen. Ich hoffe nur, dass die nicht an meine Sachen geht.
    Erst als Mama zum Abendessen ruft, wird meine Schwester geschickt, um Tanja zu holen. Es ergibt sich ein neues Problem. Am Küchentisch gibt es nur zwei Stühle und eine Eckbank. Bisher habe ich alleine auf dem längeren Stück der Bank
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