Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir
Autoren: Alegra Cassano
Vom Netzwerk:
am Hals!
    Meine Freundinnen gucken schon ganz komisch, als ich mit der Kleinen nach draußen komme. Wenigstens trägt die heute nicht ihr schönes Kleid, sondern eine alte Hose von mir. Es hat mich richtig gefreut, als Mama meine alten Sachen aus dem Keller holte. Normalerweise bekommt die meine kleine Cousine, aber die wohnt weiter weg und wir fahren nicht so oft hin, deshalb sind die aussortierten Anziehsachen noch da.
    Wir treffen uns immer an der Sandkiste. Birgit, vom Haus nebenan ist da, und Britta, vom obersten Stockwerk unseres Hauses. Manchmal kommen noch Christina und Cordula, die wohnen in einem anderen Häuserblock und haben ihre eigene Sandkiste.
    Eigentlich nennen die Eltern das Gelände vor unserem Wohnblock Spielplatz, aber da sie ihre Autos dort parken, dürfen wir da nicht mehr Ball spielen, damit wir nichts kaputt machen. Die Schaukeln sind schon lange weg und sonst gibt es nur noch die Sandkiste.
    „Das ist Tanja, die wohnt jetzt bei uns“, sage ich notgedrungen, als ich bei meinen Freundinnen ankomme. Die sagen nichts, sondern gucken nur.
    „Sie kann ja das Baby sein“, schlage ich nach einer Weile vor und bohre meine Fußspitze in den Sand. Vielleicht darf ich jetzt wieder nicht mitspielen, weil ich Tanja dabei habe. Ich war die Jüngste, bevor Tanja kam, und ich habe nichts zu melden. Britta ist unsere Anführerin. Sie ist schon in der Schule. Birgit kommt zwar mit mir zusammen rein, aber sie hat im Frühling Geburtstag und ich erst im Herbst. Schließlich nickt Britta. Ich bin so was von erleichtert!
    Blöd ist nur, dass sie Tanja unbedingt mit Gras füttern wollen, weil sie ja das Baby ist. Aber die will das Gras natürlich nicht essen, nicht mal so tun als ob und es dann ausspucken. Da ist sie gleich unten durch. Ich bin sauer, weil sie sich nicht mal ein bisschen anstrengt.
     
     
    „Dann fütter du sie“, sagt Britta und wirft das Gras weg, das sie in der Hand gehabt hat.
    „Wenn du sie anschleppst, musst du dich auch um sie kümmern“, meint Birgit.
    Ich bin ein bisschen ratlos. Schließlich habe ich nichts zu essen dabei, was ich Tanja statt des Grases in den Mund stecken könnte.
    „Sollen wir nicht was anderes spielen?“, frage ich.
    Die beiden Mädchen schütteln die Köpfe.
    „Entweder du fütterst sie jetzt oder ihr könnt beide abziehen“, sagt Britta streng.
    Da muss es wohl sein. Ich bücke mich und zupfe ein paar Grashalme ab, wirklich nicht viele. Die halte ich Tanja hin.
    „Mach schon! Ich habe so was auch schon mal gegessen“, sage ich. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch denke ich daran, wie die anderen Kinder mich gezwungen haben die ekeligsten Dinge zu essen. Ein lebender Regenwurm war bisher das Schlimmste. Aber ich bin es gewohnt, zu machen, was die Großen sagen und habe längst nicht so einen Aufstand gemacht, wie Tanja jetzt. Die soll sich mal wegen einem bisschen Gras nicht so anstellen! Aber sie will nicht und kneift die Lippen so fest zusammen, dass ich nicht dazwischen komme. Birgit und Britta feuern mich an. Ich weiß, dass ich mich jetzt durchsetzen muss, sonst kann ich die beiden gleich vergessen.
    „Du isst das jetzt!“, schreie ich Tanja an und reiße ihr in den langen Haaren. Sie macht den Mund ein bisschen auf, spuckt aber die Grashalme aus und beginnt zu jammern. Es hilft alles nichts.
    Ich stoße sie auf den Boden und setze mich auf sie drauf. Britta und Birgit jubeln und helfen mir Tanjas Arme festzuhalten. Mittlerweile heult sie, aber das tut sie ja dauernd. Rotz läuft ihr aus der Nase und ihre blauen Augen starren mich an. Es muss schnell gehen!
    Irgendwie bekommen wir ihren Mund auf und ich reiße, ohne hinzusehen, Gras aus und stopfe es ihr rein und dann noch eine Handvoll und noch eine. Ich bekomme gar nichts mehr mit, fühle nur, wie sie unter mir zittert. Es fühlt sich auf jeden Fall besser an, als selbst unten zu liegen. Irgendwann zieht Britta mich von Tanja runter.
    „Das reicht wohl“, meint sie. Ich bin noch ganz benebelt, so als wäre ich gerade geweckt worden. Was ist passiert? Ich sehe Tanja auf dem Boden liegen. Gras klebt überall auf ihrem Gesicht. Der Schnodder klebt es fest. Ihre Sachen sind dreckig. Das wird Ärger mit Mama geben!
    Britta und Birgit heben Tanja hoch, die einen ganz roten Kopf hat. Die Kleine hustet und jammert und spuckt Grashalme und kotzt fast. Jetzt tut sie mir ein bisschen leid. Aber so darf sie auf keinen Fall nach Hause gehen! Gerade rechtzeitig fällt mir ein, dass wir sie sauber machen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher