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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater
Autoren: P Bordage
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Prolog
    D ie In-Creatur – das künstliche, nicht geborene Wesen – glaubte, das Schwierigste vollbracht zu haben: denn ihre im Universum verstreut lebenden Getreuen beraubten die Menschheit nun ihres Gedächtnisses, ihrer Macht. Und der unsterbliche Hüter der Inddikischen Wissenschaften hat sich, nach fünfzehntausend Jahren untadeliger Wachsamkeit, auf die Reise in eine andere Welt begeben.
    Die In-Creatur stand kurz vor der Machtergreifung. Alles war bereit. Doch jetzt beschritt ein Mann den Weg des Lichts. Ein Mann, der die geheime Pforte gefunden hat, und der – sollte er in seinem Bestreben fortfahren – durchaus die Seinen zu ihren Ursprüngen zurückführen könnte. Dann würden die Menschen wieder die Oberhoheit erlangen. Seit Tausenden von Jahren kämpft die In-Creatur gegen die Vormachtstellung der Menschen, sie verfälschte die Worte ihrer Propheten und Visionäre; sie säte Tod und Verzweiflung durch Streit, Zwist und Krieg …
    Seit Urbeginn, seit die Materie unter den ersten Strahlen des Lichts Gestalt angenommen, seit die Wärme Leben ermöglicht und die Schöpfer ihr Werk begonnen hatten,
musste die In-Creatur immer weiter zurückweichen, da sie diesen Kräften und der unaufhörlichen Ausdehnung des Universums nichts entgegenzusetzen hatte.
    Und jetzt, gerade zu dem Zeitpunkt, an dem sie endlich die Früchte ihrer geduldigen Arbeit ernten könnte, behinderte dieser Abschaum das Wirken ihrer Göttlichkeit.
    Denn dieser Mann hatte eine Vision: In der Ferne sah er ein herrliches Bauwerk, einen Tempel mit sieben Säulen und vielfarbigen Fenstern von unvorstellbarer Pracht. Dieser Tempel soll das Symbol des Ursprungs werden, das Urschiff, eine Arche, die die Inddikischen Annalen birgt – die unveränderlichen Gesetze der Schöpfung und somit den Schlüssel für die Renaissance der Menschheit.
    Es drängte ihn sich zu beeilen, denn die Attacken der formlosen Kraft wurden immer heftiger, und zudem machte ihm diese unerträgliche Kälte mehr und mehr zu schaffen. Auch wenn die In-Creatur nicht direkt gegen Urmenschen  – wie den unsterblichen Wächter der Annalen – vorgehen konnte, verstand sie sich doch geschickt darauf, deren Schwachstellen zu attackieren. Gierig drang sie in den Geist eines jeden ein, ließ vergrabene Erinnerungen auftauchen und säte Zweifel und Angst. Auf diese Weise würde irgendwann das mentale Gerüst dieses Menschen zusammenbrechen. Dann würde seine Persönlichkeit auseinanderfallen, er würde vor dem Nichts stehen. Hass und Entsetzen vernebelten sein Denkvermögen, und das Schiff des Lichts wurde immer undeutlicher. Eine tiefschwarze, eiskalte Spirale durchbohrte ihn und ließ ihn in einem Abgrund aus Schmerz und Verzweiflung zurück.
     
    Er wachte im Packeis auf. Es war Nacht, und er war allein, vernichtet durch sein Scheitern. Nur seine Kleidung war
ihm geblieben: eine leichte Tunika und eine Pluderhose, die ihm die Pilger geschenkt hatten. Seit Tagen marschierte er über das Eis, halb verhungert und erfroren, das einzige Geräusch war das Knirschen seiner Sandalen auf dem harschen Schnee, seinen Durst stillte er mit Eisbröckchen. Kein Stern leuchtete am nächtlichen Himmel. Das Gefühl, die Menschen verraten zu haben, lastete schwer auf ihm. Noch immer hörte er die Worte des unsterblichen Hüters des Schiffs des Lichts. Sie waren kein Trost für seine verzweifelte Seele.
    »Du wirst allein sein … Solltest du scheitern, bedeutet dein Scheitern das Ende der Menschheit und den Anbruch eines neuen Zeitalters – das Zeitalters des Unfassbaren, das Zeitalter des Planeten Hyponeros …«
    Er war erschöpft und fast am Ende seiner Kräfte.
    Trotzdem musste er genügend Kraft aufbringen, um den geheimen Pfad wiederzufinden. Niemals könnte er sich verzeihen, das Unfassbare nicht bekämpft zu haben. Da sah er in der Ferne ockerfarbene Rauchfahnen aufsteigen.
     
    Erst nachdem die Pilger einer nach dem anderen das Antra angerufen und um Hilfe gebeten hatten, weinte Aphykit. Die Pilger hatten sich bereits in der Unendlichkeit des Äthers aufgelöst, und das Dorf schien wie ausgestorben. Die einzigen Lebenszeichen waren die funkelnden Blüten des Dornenstrauchs, den der Narr gepflanzt hatte.
    »Du darfst nicht weinen, Mama«, sagte Yelle. »Ich habe immer gewusst, dass sie fortgehen werden. Die Pilger haben mit der Arbeit begonnen, andere werden sie vollenden …«
    Überrascht wand sich Aphykit zu ihrer Tochter um. Das kleine Mädchen war erst sieben und ein
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