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Die Straße des Bösen

Die Straße des Bösen

Titel: Die Straße des Bösen
Autoren: Horst Hoffmann
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stürmte er durch eine Lücke auf ein Feuer zu und riss ein Scheit heraus.
    »Kommt mir nicht näher!« schrie er. »Das ist unser aller Kampf!«
    »Du gehörst nicht mehr zu uns!« schrie eine raue Stimme. »Verschwinde, Elender!«
    »Redet nicht mit einem räudigen Hund, der euch die Beine nässt! Erschlagt ihn!«
    »Er ist die Klinge nicht wert!«
    Gapolos Schultern sanken herab. Mythor hielt sich zum Eingreifen bereit, doch wieder wandten sich die Salamiter ab, um auf breiter Front den aussichtslosen Kampf gegen die Pflanzen aufzunehmen.
    Wortlos, mit hängendem Kopf kehrte Gapolo zurück und stieg in den Sattel. Kurz blickte er Mythor an, und der Schein der Feuer reichte aus, um die Qualen des Worsungen erkennen zu lassen.
    »Komm«, sagte Gapolo nur. Er wollte sein Pferd antreiben und nach Westen reiten, als ein Aufschrei aus mehreren Kehlen ihn und Mythor zusammenzucken ließ.
    Fünf, sechs Schlangenpflanzen beugten ihre Spitzen blitzschnell herab und verschossen ihre Samenträger gleichzeitig um eine Gruppe von Salamitern herum. Noch bevor die Männer davonlaufen konnten, sprangen überall vor ihnen die peitschenden Schlangen aus dem Boden. In abergläubischer Furcht wichen die Eingeschlossenen zurück.
    »Warte hier!« rief Mythor Gapolo zu. Und schon galoppierte er auf Pandor auf die schnell in die Höhe schießenden Stämme zu, Alton in der Rechten. So schnell, dass das Auge es kaum erfassen konnte, ritt er um die Ableger herum, und Alton durchteilte klagend die Luft und fällte einen Stamm nach dem anderen.
    »Das soll euch lehren, den Stab über andere zu brechen!« rief Mythor den fassungslosen Männern zu. »Es kommt der Tag, an dem ihr zu Erain flehen werdet, Recken wie den in eurer Mitte zu haben, den ihr Elenden verschmäht!«
    Mythor blickte sich nicht um. Seite an Seite mit Gapolo ritt er davon, und weithin waren die Feuer vor der peitschenden, singenden und ächzenden Wand zu sehen.
    »Ich musste es tun«, sagte Mythor. »Nicht um deinetwillen!«
    »Du bist ein wahrer Freund, Mythor. Aber auch du änderst nichts mehr an meinem Entschluss. Ich habe genug gesehen.«
    Als der Worsunge sein Pferd antrieb und nach Südwesten ritt, da wusste Mythor, dass irgendwo dort der Lilienhügel lag.
    *
    Sie ritten zwei Tage lang, bis Gapolo sein Reittier in langsameren Schritt fallen ließ und die Unruhe der letzten Tage zusehends von ihm abfiel. Nachts hatten sie in Gehöften geschlafen, deren Bewohner ihr Zuhause erst vor kurzem verlassen hatten. Schon von hier flohen die Menschen, dachte Mythor bitter. Und von Norden her kamen immer mehr, die sich hier Sicherheit erhofften.
    Dreimal hatten sie Flüchtlingskarawanen aus der Ferne gesehen, und einige Male waren sie Salamitern begegnet, die nicht zu Gapolos Stamm gehörten, ihn aber dennoch ihre ganze Verachtung spüren ließen. Doch nun schien das alles von Gapolo abzuprallen. Er war dabei, seinen Frieden mit sich zu machen.
    Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als der Worsungen-Fürst sein Pferd zügelte und auf einen mächtigen Hügel inmitten des hier ebenen Landes zuritt. Mythor kniff die Augen zusammen und erkannte unzählige an den Hängen errichtete primitive Lehmhäuser, die wahllos ineinander verschachtelt erschienen.
    »Der Lilienhügel«, sagte Gapolo mit Ehrfurcht in der Stimme. »Hierher kommen Stammesführer, um zu sterben.
    Hier tragen Krieger ihre Ehrenhändel aus, und hierher kommen Entehrte, um sich von der Schande reinzuwaschen und doch noch Eingang ins Land der Heroen zu finden. Hier liegen die Helden vieler Schlachten begraben und jene, die an diesem Ort gerichtet wurden.«
    »Gapolo.«, begann Mythor, doch der Salamiter brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er sah ihn an, und ein eigentümlicher Glanz lag in seinen Augen, als er Mythor zunickte und anlächelte, zum erstenmal seit der Schlacht von Dhuannin.
    »Trotze nicht dem Schicksal, das in den Händen größerer Mächte als derer des Lichtes und der Finsternis liegt«, sagte der Worsunge. Die Wintersonne ließ sein schulterlanges, gelocktes schwarzes Haar an Stellen golden schimmern. Kein Lufthauch regte sich, als täten die Elemente das Ihre dazu, diesem Augenblick die nötige Würde zu verleihen.
    Groß war der Schmerz in Mythors Herz, groß die Versuchung, den liebgewonnenen Freund mit Gewalt an seinem Vorhaben zu hindern.
    Ein Blick in Gapolos Augen genügte, um diese Absicht zerbröckeln zu lassen. »Erzähl mir mehr vom Lilienhügel«, forderte er den Salamiter
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