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Eine Andere Welt

Eine Andere Welt

Titel: Eine Andere Welt
Autoren: Philip K. Dick
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WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN
HEYNE-BUCH Nr. 06/30 im Wilhelm Heyne Verlag, München
Titel der amerikanischen Originalausgabe
FLOW MY TEARS, THE POLICEMAN SAID
    Deutsche Übersetzung von Walter Brumm Das Umschlagbild schuf Karel Thole Die Innenillustrationen sind von Giuseppe Festino
Sonderausgabe des HEYNE-BUCHS Nr. 06/3528
    Redaktion: Wolfgang Jeschke
Copyright © 1974 by Philip K. Dick Copyright ©1977 der deutschen Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München Printed in Germany 1984
Umschlaggestaltung: Atelier Ingrid Schütz, München Gesamtherstellung: Elsnerdruck GmbH, Berlin
ISBN 3-453-31020-9
    Die Liebe in dieser Geschichte ist für Tessa. Die Liebe, die in mir ist, gehört ihr auch. Sie ist mein kleines Lied.
ERSTER TEIL
    Fließt, meine Tränen, dem Quell entspringt! Verstoßen für immer, laßt mich klagen; Wo der Nacht schwarzer Vogel sein traurig Lied singt, Dort laßt mich elend mein Unglück tragen.
1
    A
    m Dienstag, dem 11. Oktober 1988, endete die Jason-TavernerShow dreißig Sekunden zu früh. Ein Fernsehtechniker winkte durch die Glaswand Jason Taverner zu, der eben die Bühne verlassen wollte. Der Techniker tippte auf seine Armbanduhr, dann zeigte er zum Mund.
    Jason griff sich das nächste Mikrofon und sagte gla: »Vergessen Sie nicht, liebe Zuschauer, schreiben Sie mir, wenn die Sendung Ihnen gefallen hat. Und bleiben Sie jetzt eingeschaltet für Scoy, den außerordentlichen Hund und seine Abenteuer.«
    Der Techniker lächelte; Jason lächelte zurück, und dann wurden Bild und Ton ausgeblendet. Das einstündige Musik- und Varietéprogramm, das die zweitbeste Einschaltquote aller vergleichbaren Unterhaltungsproduktionen hae, war zu Ende. Und alles war gutgegangen.
    »Wo können wir eine halbe Minute verloren haben?« fragte Jason seinen besonderen Gaststar des Abends, Heather Hart. Es beschäigte ihn; er legte Wert darauf, den Ablauf einer Schau bis auf die Minute genau zu planen.
»Laß gut sein«, sagte sie und strich ihm mit kühler Hand über die feuchte Stirn und das sandfarbene Haar.
    »Ist dir eigentlich klar, welche Macht du hast?« sagte Al Bliss, ihr gemeinsamer Agent.
Wie gewöhnlich, trat er beim Sprechen zu nahe an Jason heran. »Dreißig Millionen Menschen sahen, wie du heute abend den Reißverschluß an deinem Hosenschlitz hochzogst. Das ist auch eine Art Rekord.«
»Ich mache jede Woche meinen Reißverschluß an der Hose zu«, erwiderte Jason. »Das ist mein Markenzeichen. Oder verfolgst du die Schau nicht?«
»Aber dreißig Millionen!« sagte Bliss, das runde, blühende Gesicht mit Schweißperlen übersät. »Stell dir das vor! Und dann gibt es noch die Wiederholungen.«
»Bis die Wiederholungen dieser Schau zu Geld werden, bin ich längst tot«, sagte Jason lebha. »Go sei Dank!«
»Bei all diesen Fans von dir, die sich da draußen drängen, kannst du dich glücklich schätzen, wenn du heute abend mit dem Leben davonkommst«, sagte Heather. »Die warten doch nur darauf, dich in briefmarkengroße Stücke zu zerreißen.«
»Manche von diesen Leuten sind Ihre Fans, Miß Hart«, sagte Al Bliss mit seiner hundeartig japsenden Stimme.
»Zum Teufel mit ihnen«, sagte Heather ärgerlich. »Warum gehen sie nicht fort? Verstößt das nicht gegen ein Gesetz, Erregung öffentlichen Ärgernisses oder so?«
Jason ergriff ihre Hand und drückte sie so kräig, daß Heather ihn stirnrunzelnd anblickte. Er hae ihre Abneigung gegen Fans nie verstanden; für ihn waren sie das Wesen seiner öffentlichen Existenz. Und seine öffentliche Existenz, seine Rolle als Sänger und Unterhalter, war für ihn das Leben selbst.
»Wenn du so denkst«, sagte er zu Heather, »solltest du nicht im Showgeschä arbeiten. Such dir was anderes. Werde Sozialarbeiterin in einem Zwangsarbeitslager.«
»Dort drängen sie sich genauso«, erwiderte Heather grimmig.
Zwei Wachmänner der Polizei bahnten sich grob einen Weg durch die Menge zu Jason Taverner und Heather. »Wir haben den Korridor geräumt, so gut es ging«, schnaue der Dicke der beiden. »Gehen wir jetzt, Mr. Taverner. Bevor das Publikum aus dem Studio zu den Seitenausgängen kommen kann.« Er winkte drei weiteren Polizisten, die durch den stickigen, von hartnäckigen Verehrern noch immer fast verstopen Flur vorausgingen, der auf die miernächtliche Straße hinausführte. Und zum Rolls, der dort in all seiner kostspieligen Pracht wartete, das fast geräuschlos laufende Triebwerk wie ein mechanisches Herz pulsierend. Ein Herz, dachte Jason, das
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