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Die Straße des Bösen

Die Straße des Bösen

Titel: Die Straße des Bösen
Autoren: Horst Hoffmann
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säubern.
    »Auch Männer«, sagte Gapolo. »Selbst diese Stätte ist nicht gefeit gegen Abenteurer, die hier Schätze zu finden hoffen. Sie muss verteidigt werden. Doch warum fragst du?«
    Mythor stellte die Frage, die ihn immer mehr beschäftigte: »Ist es Brauch, dass Angehörige anderer Völker eure Helden auf dem letzten Ritt bis hierhin begleiten dürfen?«
    Gapolo zügelte sein Pferd und wartete, bis Mythor mit ihm gleichauf war. Dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter und sagte mit einem Lächeln, aus dem nichts als aufrichtiges Wohlwollen sprach: »Bis hierhin und zum letzten Schritt ihres Weges, Mythor. Glaubst du denn, ich wollte dir den Eingang ins Reich der Heroen verwehren? Nie hatte ich einen besseren Freund als dich, und ich bin dir die Ehre schuldig, dich mit auf die Reise zu nehmen.«
    Mythor wich zurück. »Was sagst du da?«
    »Du hast richtig gehört, Mythor. Der Tod wird die Bande unserer Freundschaft nicht zerreißen. Gemeinsam werden wir aus dieser Welt scheiden und in eine bessere, vollkommenere eingehen.«
    »Du weißt nicht mehr, was du redest!« rief Mythor aus. »Ich will leben, um für das Licht zu kämpfen!«
    Das Lächeln schwand aus dem Gesicht des Worsungen. Lange sah er Mythor in die Augen, und eine Spur von Trauer überschattete sein Gesicht. »Es ist zu spät zur Umkehr, mein Freund. Wusstest du denn wirklich nicht, dass niemand diesen Ort lebend verlassen kann? Wer das versucht, wer angesichts des Todes schwach wird, den erschlagen die Wächter des Hügels. Und dies wäre deiner nicht würdig. Nun komm und bereite dich mit mir vor, denn nur wer allem Weltlichen entsagt hat, findet Eingang ins Paradies der Heroen.«
    Kaltes Entsetzen griff nach Mythor, der keiner Worte mehr fähig war. Bestürzt erkannte er, dass Gapolo es ernst meinte.
    Mythor sah sich um, als der Worsunge sein Pferd weiter den Hügel hinauftrieb. Der Ring der Lehmbauten dort unten wirkte nun auf ihn wie der Wall einer uneinnehmbaren Festung - einer Falle, aus der es kein Entkommen mehr gab. Mythors Zorn auf den Salamiter war nur von kurzer Dauer. An seine Stelle traten Mitleid und ein Gefühl vollkommener Hilflosigkeit. Gapolo meinte es ja nur gut mit ihm - zu gut. Die Bande der Freundschaft gingen ihm über alles andere, und es war seine aufrichtige Überzeugung, dass er Mythor einen Dienst erwies.
    Nein, Mythor konnte ihm nicht lange dafür zürnen, dass er so einfach über sein Leben entschieden hatte. Gapolos Wertbegriffe waren anders als seine, und der Worsunge war bereits so weltabwesend, dass Begriffe wie Licht und Schattenmächte für ihn gegenstandslos geworden waren. Er sah sich bereits im Land der Helden, von einer Schande reingewaschen, die er niemals wirklich auf sich geladen hatte.
    Mythor fühlte sich zwischen widersprüchlichen Gefühlen hin und her gerissen. Er durfte jetzt nicht umkehren, nicht bevor Gapolo das getan hatte, was er im Geiste längst vollzogen hatte. Andererseits hatte er nicht die Absicht, selbst hier zu sterben.
    Wie viele Wächter mochte es geben? Wie waren sie bewaffnet? Wachten sie, irgendwo versteckt, darüber, dass diejenigen, die hierherkamen, sich selbst den Tod gaben?
    In geringem Abstand folgte er Gapolo, bis dieser sein Pferd zum Halten brachte und aus dem Sattel stieg. Ohne seine Habe, nur mit der schmalen Klinge in der Hand, schritt er auf einen von Steinen gebildeten Kreis knapp unterhalb der Hügelkuppe zu, wartete, bis Mythor bei ihm war, und trat in die Mitte des Kreises.
    Auch Mythor hatte das Schwert in der Hand. Pandor wartete wenige Schritte vor dem Steinkreis, und Horus war nun am
    Himmel zu sehen, wo er lautlos und wachsam seine Bahnen zog.
    Mythor wollte den Freund in dem Glauben sterben lassen, er gehe mit ihm in sein Paradies. Er sollte seinen Frieden finden. Mythor aber würde bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, um zu leben.
    Mythor blieb außerhalb des Kreises stehen, in dessen Mitte sich Gapolo nun auf die Knie fallen ließ.
    Lange kauerte er vornübergebeugt, nur den Arm mit dem Schwert zur Seite gestreckt. Es kostete Mythor fast übermenschliche Überwindung, tatenlos zuzusehen und den Todsuchenden nicht im letzten Augenblick noch zurück zu reißen .
    Was für ein Leben hätte er ihm geschenkt? Das eines Ausgestoßenen, ewig Ruhelosen, der geächtet und angespien wurde, getreten wie ein Hund, wohin er auch kam!
    Dann, als die Sonne ihren höchsten Stand am Himmel erreicht hatte, richtete der Worsungen-Fürst sich auf. Stolz und ungebeugt
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