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Die Straße des Bösen

Die Straße des Bösen

Titel: Die Straße des Bösen
Autoren: Horst Hoffmann
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sagte lange Zeit nichts. Er verstand den Freund nur zu gut. Gapolo wollte reinen Tisch machen. Aber er würde auf Ablehnung stoßen, immer wieder. Die Salamiter waren ein zu stolzes Volk, um ihm schnell zu verzeihen.
    »Ich werde dich nicht halten«, sagte der Sohn des Kometen schließlich. »Wann willst du aufbrechen?«
    Jetzt fuhr der Kopf des jungen Fürsten in die Höhe. Unglaube und Dankbarkeit standen in seinem Blick. Die züngelnden Flammen warfen gespenstische Schatten auf sein Gesicht.
    »Gleich morgen«, antwortete Gapolo. »Sobald die Sonne aufgeht.«
    »Mein Weg führt nach Südwesten, vielleicht nach Leone«, sagte Mythor. »Es wäre kein großer Umweg für mich, wenn ich dich ein Stück begleiten würde. Erlaube mir wenigstens das, Gapolo, und ich entbinde dich deines Versprechens.«
    Der Salamiter rang sichtbar mit sich. Schließlich stimmte er zu. »Du solltest nach Buruna sehen«, sagte er. »Ich weiß, dass sie es war, die das Pergament aus deinem Wams genommen hat. Und sie hörte, wie Wolvur den Liebeszauber der Kundigen Frau erwähnte.«
    »Danke«, sagte Mythor nur. Mehr brauchte Gapolo ihm wahrhaftig nicht zu sagen.
    Mythor verließ das Feuer und stand Augenblicke später im Zelt der Alten. Lamir lag schwer atmend auf seinem Lager, aber das nahm Mythor kaum wahr. Er erstarrte.
    Buruna kniete mit dem Rücken zu ihm vor einer kleinen Decke, auf der eine Öllampe brannte. Die Alte war völlig in eine Beschwörung vertieft und bemerkte ihn ebenfalls noch nicht. Und in ihren Händen hielt sie das Pergament mit dem Abbild Fronjas!
    »Weiche aus ihm!« zischte die Alte ganz leise und machte mit einer Handfläche kreisende Bewegungen über dem Pergament. »Weiche aus dem Manne Mythor! Gib ihn frei! Fahre aus seinem Geist und seinem Herzen! Gib ihn frei für diese, die dich nun durch ihre Hände und das Feuer der Reinheit für immer verbannen wird. Brennen sollst du! Brennen!«
    Noch ein paarmal folgten diese Worte und die kreisenden Handbewegungen. Mythor konnte nicht fassen, was er da sah. Er schluckte, und nur mit Mühe konnte er noch an sich halten. Dann aber, als Buruna das Pergament nahm und die Alte die Abdeckung der Öllampe entfernte, stieß er einen Schrei aus und stürzte vor. Ehe Buruna das Pergament in die Flammen halten konnte, war er heran und riss es ihr aus der Hand.
    Die Alte schrie schrill und kroch auf allen vieren in die hinterste Ecke des Zeltes, schlug beide Hände vors Gesicht und begann laut zu jammern und zu zetern.
    Buruna drehte sich ganz langsam um, sah Mythor über sich, sprang auf und rannte an ihm vorbei aus dem Zelt.
    Kein Muskel zuckte in Mythors Gesicht, als er das Pergament betrachtete. Buruna hatte es nicht beschädigt. Fronjas Antlitz sah ihm überweltlich schön wie immer entgegen.
    »Schlange«, murmelte Mythor. »Wahrlich, Alte, ich hätte dich brennen lassen wie sie.«
    Vor dem Zelteingang entstand Lärm. Wolvur und zwei bewaffnete Akinlayer stürmten herein. Blitzschnell ließ Mythor das Pergament unter seinem Wams verschwinden, und erst jetzt fühlte er, wie heftig sein Herz schlug.
    »Du brauchst nichts zu sagen«, knurrte der Anführer der Flüchtlinge. »Wir haben deinen Schatz aus dem Zelt laufen sehen und ihn uns geschnappt. Sie hat uns alles gebeichtet.«
    Wolvur schritt an Mythor vorbei auf die Alte zu. Er zerrte sie an ihren Lumpen in die Höhe und rüttelte sie, bis ihr Jammern verstummte.
    »Du hast dich dazu hergegeben, die unseren Freunden gewährte Gastfreundschaft zu missachten, Murnja.« Im flackernden Lampenlicht wirkte sie tatsächlich wie eine Hexe, und bei dem Gedanken daran, dass Lamir von ihr »behandelt« wurde, erschauerte Mythor.
    Doch Wolvur schien seine Befürchtungen zu kennen. »Du wirst diesen jungen Barden gesund pflegen, Murnja. Ich weiß, dass du es tun wirst, denn sonst wirst du als Hexe brennen, darauf mein Wort!«
    Der Akinlayer ließ sie los und zog Mythor mit sich aus dem Zelt. »Mach dir keine Sorgen um deinen Freund«, sagte er, als sie weit genug fort waren. »Er wird leben, wenn es auch nur die geringste Aussicht dafür gibt. Murnja wird nun die beste Heilerin sein, die er sich wünschen kann.«
    *
    Am nächsten Morgen brachen Mythor und Gapolo auf. Lamir hatte das Bewusstsein wiedererlangt und die Freunde erkannt. Beine und Arme waren schon nicht mehr so dunkel, und auch das Fieber ging zurück.
    Buruna war Mythor aus dem Weg gegangen. Nur Gapolo hatte kurz mit ihr gesprochen. Sie wollte bei Lamir bleiben und mit diesem
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