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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern
Autoren: Guido Dieckmann
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Personen vor, deren Besitz und Leben durch die Briefe gesichert werden sollen, so ist der Vertrag null und nichtig. Bernhild hatte nie vor, nach Oudenaarde zurückzukehren. Sie hat sich Euren Wünschen widersetzt. Eine ihrer Mitschwestern verriet ihre Pläne ausgerechnet an Rink. Damit haben sie das Unheil erst heraufbeschworen. Griet Marx ist daran unschuldig und nach dem Reglement, das Euer Sohn akzeptiert hat, nicht verpflichtet, mit ihrem Vermögen geradezustehen.»
    «Habe ich nicht soeben gesagt, dass ich mich gnädig zeigen und der Frau ihre Schulden erlassen will?», fragte Margarethe von Parma scharf.
    Don Luis lächelte. «Bei allem Respekt, ich denke, dass Gnade unter Kaufleuten längst nicht so beliebt ist wie das Recht, und das beruht nun einmal auf der Einhaltung von Verträgen. Die Witwe Marx ist niemandem etwas schuldig.»
    Einen Moment lang sagte niemand etwas. Dann brach die Fürstin plötzlich in Gelächter aus, das so ansteckend wirkte, dass alle Übrigen im Raum darin einstimmten. «Hat er das von Euch, meine Liebe?», fragte sie Cäcilia. «Diese Liebe zu Recht und Ordnung?»
    «Ich weiß es nicht, Herrin, aber ich wäre glücklich, wenn er mir die Gelegenheit gäbe, das herauszufinden.»
    Don Luis lächelte ihr zu.
    «Nun denn!» Der Fürstin wurde es vor dem Kamin zu heiß. Sie fächelte sich mit dem Brief des Königs Luft zu, bevor sie sich mit ernster Miene Don Luis zuwendete. «Dann bleibt nur noch eines, mein Freund, nämlich Euch aus meinen Diensten zu entlassen. Ihr habt Euren Auftrag erfüllt. Die Familie, auf die ich Euch aufzupassen bat, ist hier um mich herum versammelt. Ich sehe also keinen Grund mehr, länger ein Geheimnis daraus zu machen.» Sie sah Sinter an, der nervös mit den Knöpfen seines funkelnagelneuen Wamses spielte. Zwei Schneider der Fürstin hatten es genäht. «Was meint Ihr, Bruder?»
    Griets Augen weiteten sich jäh. Was hatte die Generalstatthalterin gesagt? Wieso sprach sie ihren Vater derart vertraulich an? Sie warf Don Luis einen Blick zu, in dem sich alle Fragen bündelten, die ihr durch den Kopf gingen.
    Don Luis ergriff ihre Hand. «Du darfst der Fürstin glauben, Griet. Dein Vater und sie sind Halbgeschwister. Du weißt, dass sie in Oudenaarde zur Welt kam? Als Tochter Kaiser Karls und einer jungen Zofe namens Johanna, der Tochter eines Teppichwebers? Dieses Mädchen wurde später, nachdem ihr Kind zur Erziehung an den kaiserlichen Hof nach Brüssel gebracht worden war, mit einem Edelmann namens van den Dijcke verheiratet. Deinem Großvater, Griet.»
    Griet war so durcheinander, dass sie nur heftig ausatmete. Konnte das wahr sein?
    «König Philipp hat meinem Vater bei strenger Strafe verboten, jemals ein Wort darüber zu verlieren», ergänzte Sinter. «Dafür zahlte uns das königliche Schatzamt eine jährliche Pension und …»
    Er redete nicht weiter, aber Griet begriff, dass der Hof die Eskapaden ihres Vaters lange stillschweigend toleriert, ihn mit einem Amt versorgt und mehrmals geduldig seine Schulden beglichen hatte, um die königliche Familie nicht zu kompromittieren. Erst die Wirren des Aufstands gegen die Herrschaft der Habsburger in den Niederlanden und die Auflösung des Hofs in Brüssel hatten dem Arrangement ein Ende bereitet.
    «Dann seid Ihr meine … Tante?» Griet konnte es noch immer nicht fassen.
    «Ja, das bin ich wohl», sagte Fürstin Margarethe, während Basse von ihrem Schoß aus den Hund ärgerte. «Mir war bekannt, dass noch immer Blutsverwandte in Oudenaarde leben, und ich wollte nicht, dass ihnen etwas zustößt. Mein Gewissen hat mich ohnehin viele Jahre geplagt, weil ich kaum nach meiner Herkunft geforscht oder nach meinen Geschwistern gefragt habe. Nach der Eroberung von Oudenaarde stellte ich mit Hilfe von Pater Jakobus und Don Luis, den ich in meine Dienste nahm, Nachforschungen an. Diskret, denn mein Sohn sollte davon nichts erfahren. Er ist so … ungestüm ist wohl das richtige Wort. Ja, ungestüm und misstrauisch. Er hätte sich über Verwandtschaft in einer Stadt, die ihm feindlich gesinnt war, die er belagert und schließlich erobert hat, kaum gefreut.»
    Griet lächelte. Es bedurfte keiner besonderen Vorstellungskraft, um Farneses entsetztes Gesicht vor sich zu sehen, wenn er erfuhr, dass sie seine Cousine war; insgeheim wünschte sie sich beinahe, dabei zu sein, wenn seine Mutter es ihm erzählte. Aber sie hielt es für besser, ihm so schnell nicht wieder über den Weg zu laufen.
    «Dann hast du dafür
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