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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern
Autoren: Guido Dieckmann
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den Hintergrund. Als Don Luis sie noch einmal bat, ihn zu stützen, willigte sie ein. Langsam gingen sie über den verwinkelten Flur.

    Die Fürstin hielt sich in ihrem Erkerzimmer auf; trotz der Kälte hatte sie eines der Fenster geöffnet und blickte versonnen hinunter in den schneebedeckten Innenhof, wo sich ein paar Stalljungen mit Schneebällen bewarfen. In ihrer Hand hielt sie einen Brief, dessen Siegel das königliche Wappen trug. Cäcilia, Sinter und der kleine Basse waren bei ihr. Als Margarethes Leibdienerin Griet und Don Luis ankündigte, hob die Frau überrascht die Augenbrauen. «Konntet Ihr diesem dickköpfigen Mann nicht befehlen, im Bett zu bleiben?», rief sie, während Griet und Don Luis sich vor ihr verneigten.
    «Ich habe ihm nichts zu befehlen, Herrin», sagte Griet und hoffte, dass dies in den Ohren der alten Dame nicht zu frivol klang. «Das könnt nur Ihr!»
    Margarethe von Parma lächelte. «Wartet ab, bis er um Eure Hand angehalten hat, meine Liebe. Dann werdet Ihr schon Mittel und Wege finden, um ihn zur Vernunft zu bringen.» Sie winkte mit dem Brief in ihrer Hand. «Ich darf nach Parma zurückkehren. Ist das nicht wunderbar? Ein schöneres Weihnachtsgeschenk hätte mir mein Bruder nicht machen können.» Sie warf Cäcilia einen verschwörerischen Blick zu. «Mir und meinem Sohn, der es sicher kaum erwarten kann, nun auch offiziell den Titel des Generalstatthalters der Niederlande zu tragen. Offen gesagt, beneide ich ihn nicht. Er wird bald merken, dass sich an unserem Volk schon viele mächtige Herren die Zähne ausgebissen haben, ohne seinen Stolz und sein Selbstbewusstsein zu brechen.»
    Cäcilia merkte auf. Unser Volk , hatte Margarethe gesagt. Das war ein Bekenntnis, mit dem Cäcilia nicht gerechnet hatte. Aber insgeheim empfand sie Freude und Genugtuung, die Fürstin so sprechen zu hören. Sie selbst hatte das Ordensgewand abgelegt und war als Witwe eines spanischen Granden schwarz gekleidet, was ihr ein würdevolles Aussehen verlieh. Um den Hals trug sie anstelle der gefältelten Krause eine violette Schärpe, bei deren Anblick Don Luis sich kurz auf die Lippen biss. Sie stellte das Bekenntnis zum Haus de Reon dar und wurde seit Generationen in der Familie weitergegeben. Dass seine Mutter diese Schärpe in Gegenwart der Schwester König Philipps angelegt hatte, berührte ihn.
    «Dann wird Fürst Alessandro also seinen Feldzug fortsetzen?», erkundigte sich Sinter. Auch er hatte sich während der vergangenen Tage, die er als Gast im Schloss zu Namur verbracht hatte, erholt. Er hatte sich herausgeputzt und sogar seinen Bart gestutzt, um auf die Fürstin Eindruck zu machen.
    Margarethe von Parma nickte, doch ihr Gesicht nahm einen verschlossenen Zug an, der Griet verriet, dass sie nicht über die politischen Ziele ihres Sohnes reden wollte. Stattdessen rief sie Basse zu sich, der vor dem offenen Kamin auf einem Bärenfell saß und den Jagdhund der Fürstin streichelte.
    «Ich hörte, wie tapfer du gewesen bist, mein Kleiner», sagte sie, während sie den Jungen liebevoll in die Wange kniff. «Was hältst du davon, wenn ich deiner Mutter ihre Schulden erlasse?»
    Basse wusste nicht, was das Wort bedeutete, aber Griets Mund wurde trocken; natürlich hatte sie damit gerechnet, dass Margarethe über kurz oder lang auf ihr Geschäft zu sprechen kommen würde. Es war großmütig von der Fürstin, darüber hinwegzusehen, dass Griet ihren Teil des Vertrags nicht hatte einhalten können; die schwarzen Schwestern hatten ihr Haus in Oudenaarde nicht erreicht. Daran ließ sich nichts ändern. Jemand musste dafür bezahlen und Margarethe entschädigen. So stand es im Kontrakt, der beider Frauen Siegel trug.
    «Verzeiht, wenn ich mich einmische», sagte Don Luis. Er bestand darauf, stehen zu bleiben, während er sprach, obwohl Margarethes Dienerin genügend Stühle vor den Kamin gestellt hatte. «Euer Sohn, Fürst Alessandro, hat mich vor einigen Monaten als Supervisor eingesetzt. In seinem Auftrag arbeitete ich zusammen mit der Witwe Marx ein Reglement aus, welches sich zu Bedingungen und Ausnahmen im riskanten Geschäft mit der Sicherheit äußert. Ein Exemplar ließ ich Euch hierherschicken, bevor Ihr für die sieben schwarzen Schwestern Briefe kaufen ließet.»
    Griet runzelte irritiert die Stirn. An das Reglement hatte sie lange nicht mehr gedacht und wusste auch nicht, wie es ihr helfen sollte. Worauf also wollte Don Luis hinaus?
    «Liegt eine ernsthafte Gefährdung der Sicherheit durch die
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