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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Autoren: Peter Huelsmann
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Konzert aus befreienden Angst- und Angriffsschreien der Männer um ihn herum, mischten sich die quiekenden Todesschreie der Tiere, als die langen Lanzen ihre Hälse und Brustbeine durchschlugen noch bevor sie die Soldaten auf dem Boden nieder reiten konnten.
    Neben Johann schepperte es, als ein Reiter mit schwerer Rüstung auf dem Boden aufkam. Hilflos lag er in seiner schweren Rüstung auf dem Feld. Schon waren sie über ihm.
    Nur hoch.
    Der Mann kämpfte verzweifelt.
    Nur hoch.
    Auch Johann rappelte sich in der Vorwärtsbewegung auf. Zwei, drei, vier Schritte und Johann stand und nahm ein ungöttliches Getümmel und Gemetzel wahr. Er zog sein Schwert und schrie nun selbst. Er fühlte neue Kraft in sich aufkommen. Der Schrei befreite. Die Angst wich einen Moment. Da war ja auch Robert! Johann verteilte seinen ersten Hieb, einen zweiten. Seinen Gegner nahm Johann kaum wahr. Schon hatte er sich bis auf wenige Meter seinem Freund genähert. Wieder wehrte Johann einen Schlag ab und ging gemeinsam mit drei anderen einen der Reiter an, der noch im Sattel saß. Der Mann rutschte rücklings, von dem schweren Gewicht seiner eisernen Rüstung gezogen, aus dem Sattel. Und wieder ging alles schnell. Die drei anderen machten sich über den Ritter her, ein Visier wurde aufgerissen, ein Schwert in ein entsetztes Auge gestoßen. Johann wendete sich ab. Er suchte Robert.
    Sein Blick glitt über die kämpfende Masse Menschen, die in einem Blutrausch zu tanzen schien. Der Anblick raubte ihm den Atem. Tief sog er die Luft ein. Kaum hundert Schritte vor ihm sah er das weiße Kreuz auf dem schwarzen Grund. Das Wappen des Erzbischofs wurde in die Schlacht getragen. Nun hatten auch die Fußtruppen des himmlischen Fürsten ihren Einzug in den weltlichen Kampf gefunden. Johann dachte an die Offenbarung des Johannes. Dies war das jüngste Gericht! Waren Sie mit Gott? Rechts von ihm tanzte das Wappen derer von Brabant, weiter hinten derer von Jülich und von Loon. Das Feld von Worringen glich einem Ameisenhaufen, in dem alle scheinbar ungeordnet durcheinander liefen, und doch einem von einem einzelnen nicht durchschaubaren, vielleicht überirdischen Plan folgten. Hier musste Gott spielen, dachte Johann, und betrachtete kurz das Wappen des Erzbischofs. Ein Spiel, bei dem er mit tausend Armen tausend Männer führte. Doch gegen wen spielte Gott hier? Wieder sah er das weiße Kreuz auf dem schwarzen Filz. Alles schien heute nur schwarzweiß zu sein. Alle Farben verschwanden. Es blieb das Rot. Johann sah das Blut. Wieder wehrte er einen Angriff ab. Ein Schlag, dann noch einer, dann ein Stich. Hatte er den Mann getötet, hatte dieser von ihm abgelassen? Wieder sah Johann rot. In der rechten Hand hielt er seine Waffe. Er ließ die Klinge nach unten sinken. Seine Hand war rot. Taub. Blut lief an der Klinge hinunter und sammelte sich an der Spitze des Schwertes. Unendlich langsam löste sich ein Tropfen. Dann ein zweiter. Johann sah wieder auf. Alles war so entrückt. Alles so fern. Das weiße Kreuz, der rote Löwe der Brabanter. Da tauchte Robert vor ihm auf. Johann lächelte.
    „ Halt!“ , hörte er einen Ruf. Ganz deutlich.
    Er sah den Freund ein letztes Mal. Sein Gesicht explodierte durch einen Keulenschlag in ein Sternenmeer aus tausend Farben. Dann nichts mehr als stille Schwärze.

20. September 1288
     
    Johann fuhr hoch. Es war kalt. Er hechelte und merkte, dass er mehr Atem brauchte. Er öffnete den Mund und die für einen späten September viel zu kalte Luft bahnte sich ihren Weg in seine Lungen und kam als warme Wolke wieder hervor. Johann fror. Er begann zu zittern und sah sich um. Da waren Sträucher, Bäume, ein feuchter brauner Waldboden. Er hörte ein Plätschern direkt neben sich. Ein Bach floss neben ihm und verlor sich nach ein paar Schritten hinter einer Felskante, um als kleiner Sturzbach zu fallen und darauf seine letzten Meter als Bach anzutreten. Das Plätschern verlor sich zwischen Büschen und mündete im leisen Rauschen eines weit über die Ufer getretenen Flusses, den Johann von seiner erhöhten Position aus sehen konnte. Johann atmete wieder ein und aus. Das Bibbern ließ nicht nach.
    „ Halt!“
    Er zuckte zusammen. Diesmal hatte er nicht geträumt. Das war ein Schrei gewesen. Johann sah sich erneut um. Hier oben war niemand zu sehen. Sie mussten hinter der Felskante sein, unterhalb seiner Liegestätte. Waren Sie gekommen, als er schlief? Er wusste schon, warum er nicht unten an dem Bach geblieben war und sich trotz
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