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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Autoren: Peter Huelsmann
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5. Juni 1288
     
     
    D ie Nacht auf den Nonae des Junis 1288 war kühl, wohltuend kühl. Der Tag zuvor war auch für diese Jahreszeit ungewöhnlich warm gewesen. Und dieser Tag versprach nicht anders zu werden. Von Osten lugte schon früh die Sonne funkelnd über die Fühlinger Heide und die Anhöhen, Hügel und Berge in der Ferne. Die Farben erwachten aus dem Grau der Nacht und begannen, mit all ihrer von Gott gegebenen Anmut zu erstrahlen. Der breite Rhein schlängelte sich im Osten auf weiter Flur gen Norden. Allerhand führte er mit sich. Schwimmende Zeugnisse von der großen Stadt im Süden, Colonia Claudia Ara Agrippinensium, von seinen Einwohnern Coelln genannt, trieben wippend, tänzelnd auf der sich langsam vorschiebenden Oberfläche. Zwischen den Mauern der Stadt begannen, noch vor der ersten Stunde, die Menschen ihr Tageshandwerk. Die Kaufleute und Händler öffneten ihre Stände auf den Märkten, die Gerber, Kürschner, Steinmetze, die Schuster, Leinenweber und Schmiede begannen, die Welt mit ihren Händen nach ihren Vorstellungen zu gestalten und erschufen im Schweiße ihres Angesichts, so wie jeden Tag, mit ihren Händen eine neue Welt, bis sie das Bildnis ihres wahren Gottes, des Geldes, in eben ihren Händen hielten. In mitten dieser geschäftigen Menschen tobten spielende Kinder, bellte ein Straßenköter und wuselten Taschendiebe umher. Eine Frau lachte laut, eine andere stimmte ein. Ein Pferd wieherte. Der Hund bellte erneut. Die Stadt war erwacht und brodelte in der Morgenwärme.
    Auch hier, kaum zwei Fußstunden nördlich dieses Molochs waren Mensch und Tier schon lange wach. In der Tat, kaum jemand hatte in der Nacht geschlafen. Doch war hier die Geschäftigkeit eine andere. Die Männer und Tiere hatten Aufstellung auf der Ebene vor Worringen bezogen.
    Siegfried von Westerburg stand in einem Streitwagen und schaute auf die bunte Mengen Menschen und Tiere vor sich. Der schwere, mit Eisenplatten gepanzerte Lederhandschuh des hageren Mannes wies nach Osten. Der Blick seines untersetzten Gegenübers folgte dem Fingerzeig und dem langsamen, aber deutlichen Schwenk nach Osten.
    „… und von dort werden wir sie überrennen. Wir treiben sie euch in die Arme, Graf! Empfangt sie wohl! Gebt das Zeichen an die Reiter auf der rechten Flanke. Und dann rückt vor! Und lasst die Männer mit Ketten vorrücken. Ich will Gefangene machen!“
    Der andere zögerte und setzte zu einem Widerspruch an. Reinald von Geldern war ein alter Haudegen. Auch wenn er im heiligen Land einen Arm eingebüßt hatte, hatte ihm der Herr dafür die Erfahrung geschenkt, die ihm sagte, niemals zu Beginn einer Schlacht die Reiterei in die Mitte des Feldes zu führen. Selbst wenn es auch ihm so schien, dass die Gegner sich schon zurückzogen. Tatsächlich, die ersten zeigten ihren Rücken. Er hörte die lauten Anfeuerungsrufe der Gegner. Ja, sie machten sich Mut. Sie hatten Angst. Man konnte sie förmlich riechen. Aber Unvorsicht konnte hier noch einiges am Gewinn des Tages ändern, auch wenn sich die Besseren der Truppen unter ihrer Flagge versammelt hatten. Nun, das würde auch Siegfried von Westerburg wissen. Der Kölner Erzbischof hatte das Oberkommando an diesem Tag, an diesem Ort. Seinem Wort folgten edle Ritter und angeheuerte Söldner. Anderes als ihre Gegner, die hier, so konnte es von Geldern sehen, mit Mistgabeln und Dreschflegeln oder gar nur Knüppeln in die Schlacht zogen, waren die Berittenen bestens bewaffnet. Der hagere Mann lugte zu ihm hinüber. Sein glatt rasiertes Gesicht wurde von seinem Helm und zwei Lederriemen eng umfasst. Die zwei Augen funkelten grün. Graf Reinald von Geldern erwiderte den Blick kurz. Sehr kurz.
    „ Von Geldern...!“, zischte der Erzbischof, als er den Widerspruch im Gesicht des Mannes mit dem Doppelkinn sah, doch der schwere Mann in dem noch massigeren Eisenpanzer hatte sich schon in seinem Sattel umgewuchtet und sein Gewicht auf die andere Körperhälfte gelegt. Ein Kraftakt, auch für einen Mann von solch bäriger Gestalt.
    Reinald von Geldern schaute hinüber, gab die Befehle und sah nach einigen weitergegeben Rufen, dass die Zeichen gegeben wurden. Das Wappen des Erzbischofs wurde gen Osten geschwenkt, das ovale Schild mit einem aufgemalten, weißen Pferd, das Zeichen der Reiterei, dazu erhoben.
Reinald setzte zu einem erneuten Kraftakt an, wuchtete sich wieder in seinem Sattel herum. Sein Pferd tänzelte kurz. Von Geldern schaute an dem Erzbischof vorbei nach Osten. Dort schlängelte
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