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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Autoren: Peter Huelsmann
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bereist tot war. Er hatte wohl einen Tag auf dem Blut durchtränkten Boden gelegen, mehr tot als lebendig. Der Schwertstreich seines Gegners hatte ihn hart in die Seite getroffen, wo nun ein Loch klaffte. Doch wie durch ein Wunder war Johann nicht tot und wie durch ein Wunder hörte auch die Wunde auf zu bluten, bevor Johanns Lebenssaft gänzlich in der Wiese vor Worringen versickert war. Dann kamen Mönche und trugen ihn wie viele andere zur Versorgung. Seltsam, hatte Johann in einem lichten Moment gedacht, dass sie sich er erst im Namen Gottes die Wunden schlugen, um dann im Namen Gottes wieder zusammengeflickt zu werden. Und waren auf dem Feld beim Sterben alle Menschen gleich, so waren sie es hier im Fieber und im Leiden auch. Es hatte fünf Wochen gedauert, bis Johann wieder zu Kräften kam und aufstehen konnte. Und es dauerte weitere vier bis er sich aufmachen konnte, den weiten Weg nach Hause anzutreten.
    Zu fünft waren sie losgezogen. Doch seine Begleitung hatten andere Ziele, weiter den Rhein hinauf. So war Johann schließlich allein. Die Wegzehrung reichte bei weitem nicht, den langen Marsch von der Fühlinger Heide nach Hause, zur Raffenburg bei Hagen an der Ruhr, zu bewältigen. Aber hier und da erbarmten sich Menschen und erfüllten ihren Christendienst und teilten mit ihm das wenige, was sie hatten. Und nun war es beinahe geschafft. Aber Johann war beinahe auch am Ende seiner Kraft. Vielleicht war es wieder Zeit für ein Wunder!
    Und nun lag solch ein Wunder direkt vor Johanns Nase. Johann ließ den Toten nicht aus dem Blick. Welche eine Art zu sterben, dachte Johann. Seit er an jenem Tag gesehen hatte, dass Männer wie Vieh geschlachtet wurden, hatte sich seine Sicht der Welt verändert. Und auch hier war der Tod nicht laut, sondern auf ganz leisen Sohlen, allerdings ohne Warnung gekommen.
    Nun lag er hier nah des Ruhrufers schon seit gut zwei Stunden. Johann entschied, dass die Zeit reif war. Wenn er den Mantels des Toten wollte, dann jetzt oder nie. Und seine Schuhe! Johann frohlockte. Die Mörder des Mannes schienen nicht wieder zu kommen, da war sich Johann jetzt sicher.
    Johann arbeitete sich den Hang hinunter, den er am Nachmittag zuvor hinaufgekrabbelt war. Ein letztes Mal sah er sich um und lauschte. Ach was! Her mit dem Gewand.
    Johann ging die letzten Meter auf den Toten zu. Er betrachtete den vor ihm liegenden Mann. Sein Blick wanderte über das schmutzige Gesicht. Der Mann hatte feine Züge, so wie Johann ebenfalls braune, längere Haare und einen vollen Bart im Gesicht. Allerdings sah dieser Bart nicht so aus, als wäre er wirklich gepflegt oder so wie ihn die Ritter, die aus dem heiligen Land kamen, zuweilen nach heidnischer Sitte trugen. Dieser Bart war seit ein paar Tagen nicht gestutzt worden. Erdkrumen hatten sich in den wirren Barthaaren verfangen, doch man konnte in dem unrasierten Gesicht deutlich sehen, dass dieser Mann einen Kinn- und Lippenbart gehabt haben musste. Johann löste sich vom Gesicht des Mannes und sah an ihm hinab. Er hatte stämmige Schultern, kräftige Unterarme und wirkte gut genährt. Auch seine schwielenlosen Hände verrieten, dass er kein Bauer oder Gehilfe gewesen sein konnte. An der rechten Hand fehlte dem Mann ein Finger. Johann stutzte. Wahrscheinlich hatte er dort einen Ring getragen, den seine Mörder nicht abziehen konnten. Da hatten sie ihm wohl den Finger abgetrennt. Ein Siegelring wäre Johann sehr hilfreich gewesen, um seinen Besitzer zu identifizieren. Aber allein der Besitz eines solchen Kleinods zeigte, dass dieser Mann die Kleidung, die er selbst am Leib trug nicht gestohlen hatte, sondern dass sie sein Eigentum waren. Ob er ein Kaufmann war? Johann hatte selbst auf seinen Reisen die fahrenden Händler getroffen. Ein lukrativer, aber auch gefährlicher Beruf; schließlich trugen die Händler häufig einen großen Teil ihrer Habe mit sich. Johann besah sich die Beintracht. Er strich über den Stoff. Feinstes Leinen! Auch der Rock des Toten war von bester Weberqualität. Die aufwendige Bordüre aus Fuchspelz verriet auch im Tode noch die weltliche Stellung des Mannes.
    „ Wahrlich, hier ist ein reicher Mann gestorben.“, führte Johann ein Selbstgespräch und kratzte sich verlegen am Kopf. Ungeschickt machte er sich daran, den Rock des Mannes auszuziehen. Erst jetzt sah Johann die Stichwunde in der Mitte des Torsos. Das Blut hatte man auf dem roten Rock kaum gesehen. Johann versuchte, den Toten zu drehen, um ihm den Arm aus dem Ärmel zu
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