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Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)

Titel: Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
Autoren: Peter Huelsmann
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nicht gewichen. Seine ganze Körperhaltung verriet, dass er jeden Moment mit weiteren Schlägen rechnete. Nichts dergleichen geschah. Stattdessen ging beiden den kleinen Hang hinauf. Johann verharrte. Dann, als der Mann mit dem Mantel, in seine Richtung sprach, verstand er wieder einen Satz.
    „ Der Schwarze wird toben!“, dann folgte noch etwas, doch sie waren schon zwischen den Büschen verschwunden, so plötzlich wie sie gekommen waren. Johann starrte auf die Stelle, wo eben noch die Männer standen. Er lauschte in den morgendlichen Wald hinein. Kaum Vogelrufe waren zu hören. Hatten Sie ihn doch entdeckt und kamen nun von hinten, ihn zu erledigen? Den Zeugen zu beseitigen! Johann bekam es mit der Angst zu tun! Gegen zwei und noch dazu bewaffnete Männer hatte er geringe Chancen. Er sah sich um und atmete besonders leise. Kein ungewöhnliches Geräusch. Das Plätschern des Sturzbaches und des Flusses wurde hörbar laut, als sich Johann weiter auf die Stille konzentrierte. Er sah nach unten, wo eben noch der Mörder und der Schläger standen. Nur der Tote zeugte von den Ereignissen der letzten Minuten. Johann betrachtete den Mann, der ein paar dutzend Schritte unter ihm auf dem Waldboden lag. Das braune Haar war nach dem Kampf auf dem Boden voller Blätter. Auch er trug, wie Johann bemerkte, Beinlinge, allerdings in einem kräftigen Zinnoberrot. Darüber einen hüftlangen, ebenfalls roten Rock. Die Beinlinge endeten an den Füßen in dicken, schwarzen Lederstiefeln. Da wo der Mann zuvor durch die Büsche gekommen war, lag noch sein Mantel, ein großes Stück Stoff aus blauem Leinen mit roter Schmuckborte und einem Kragen aus Fuchspelz.
    Johann starrte nach unten.
    Kleidung! Endlich wieder Kleidung!
    Sie hatten dem Toten seine Kleidung gelassen. Und Johann fror so entsetzlich, dass ein erster Gedanke ihn nach unten stürmen lassen wollte. Dann aber zögerte er und lauschte wieder. Wenn Sie nun zurückkämen? Oder nur ein paar Meter weiter ihr Lager hätten? Sie könnten ihn entdecken. Dann könnte sich Johann direkt neben den Toten legen. Andererseits bezweifelte Johann, dass er noch viele Tage ohne festere Kleidung seinen Weg nach Hause vorsetzen konnte. Er würde in den kalten Nächten schlicht erfrieren. Er sah an sich hinunter. Von seinem Rock war nicht mehr alles in einem Stück. In Kniehöhe klaffte ein Dreieck aus dem Stoff. Einen Mantel hatte er nicht mehr, kein Beinlinge und keine Schuhe. Seine Füße waren in Lederfetzen eingewickelt, die er notdürftig an den Knöcheln mit   Riemen verschnürt hatte. So waren seine Füße vom langen Marsch wund und beinahe so kalt wie der morgendliche Herbstboden. Das einzige, das ihn neben seinem Gewand vor der Kälte schützte, war die schlichte Pferdedecke, die er sich fest um die Schulter gezurrt hatte. Er musste einen erbärmlichen Eindruck machen! Er sah aus wie ein hungriger Aussätziger in einem Büßergewand.
    Johann ließ den letzten Tag vor seinem inneren Auge passieren.
    Am gestrigen Mittag hatte er endlich das Tal des langen Flusses erreicht. Als der Abstieg von den steilen Hängen geschafft war und die letzten Bäume und Büsche nicht mehr den Blick versperrten, ließ Johann die Augen über die breiten Auen wandern. Er machte eine kleine Verschnaufpause, sah das satte Braun der frisch abgeernteten Felder mit letzten, kleinen hellen, gelben Kornflecken. Hier und da bedeckten kleine Strohinseln den dunklen Untergrund. Die Bauern hatten bei der Ernte nicht einen Halm übriggelassen. Johann konnte sehen, dass die Felder und Wiesen vor ihm nach wohl dreihundert Schritten versumpften. Der Fluss war durch die Regenfälle weit über die Ufer getreten. Ein Spalier von Trauerweiden zeigte, wo der Fluss sein eigentliches Bett hatte. Johann hatte sein Ziel erreicht. Die Ruhr. Von hier aus konnte er sein Zuhause nicht mehr verfehlen. Immer entlang des Flusses laufen. Noch fünf oder sechs Tagesmärsche und er käme endlich nach Hause zur stolzen Raffenburg! Johanns Blick folgte den aufgereihten Bäumen und dem schimmernden Verlauf des Flusses flussaufwärts. Zu seiner rechten lag ein kleines Dorf. Mehr eine Ansammlung von Häusern und kleinen Hütten, aber ein steinerner Kirchturm ragte aus der Mitte und streckte wie eine Hand seinen spitzen Finger dem Himmel entgegen, als könne er Gott berühren. Johann hatte keine Ahnung, wie man diese Siedlung nannte, aber sie mochte wohl zur Grafschaft Mülheim gehören. Er ging los.
    Kurz vor dem Ort wurde der Weg breiter und
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