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Die Spiele des Computer-Killers

Die Spiele des Computer-Killers

Titel: Die Spiele des Computer-Killers
Autoren: Denise Danks
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anschauten, als habe er mich im Visier. Ich stellte mein Glas hin, klappte meinen Notizblock zu und schob den Bleistift oben durch die Spirale. Er hatte vor einer Weile noch etwas zu trinken bestellt, aber ich fand, daß es jetzt Zeit war, zu gehen. Ich blickte auf und wollte etwas Entsprechendes sagen, und er lächelte ein bißchen. Seine Augen leuchteten, und ich wußte, daß er wieder bei seinem Thema war.
    »Jeder will es, jeder«, sagte er.
    »Und warum?«
    »Weil jeder sich mindestens eine Sache vorstellen kann, die er damit machen möchte.«
    Es klopfte, bevor ich antworten konnte. Ein junger Schwarzer, adrett in seiner grünen Uniform mit den blanken Messingknöpfen, kam mit einem Tablett herein und brachte uns die dritten und letzten Drinks. Als er gegangen war, hob ich mein Glas und prostete meinem Gegenüber zu; aber als ich trinken wollte, klebte das Eis erst am Glasboden fest und kam dann herunter und schlug mir gegen die Lippe. Ich hielt mir eine Serviette ans Gesicht und tupfte mir ein, zwei Tropfen vom Kinn und vom dünnen Stoff meines Kleides. Ich sah auf, und David rückte seine Brille zurecht, während mir das Eiswasser auf den Bauch tröpfelte.
    »Was dagegen, wenn ich rauche?« fragte ich und legte die feuchte Serviette auf die Armlehne meines Sessels. Ich steckte mir eine unangezündete Zigarette in den Mund.
    »Was würden Sie gern tun?« fragte er.
    »Ich? Gar nichts.«
    »Sie könnten tun, was Sie wollten.«
    »Tu’ ich doch schon.«
    »Ohne die Konsequenzen auf sich nehmen zu müssen.«
    Dieser letzte Satz sollte mir erstmal nicht aus dem Kopf gehen. Ich war noch nie bei irgend etwas ungeschoren davongekommen, noch nie. Wenn ich mal nicht die ganze Rechnung bezahlen mußte, dann doch wenigstens immer einen großen Teil der Raten. Er schaute mich an und wartete auf irgendeine Reaktion. Ich zeigte keine. Ich zündete mir auch nicht meine Zigarette an. Ich nahm sie aus dem Mund, und er reichte mir eine Streichholzschachtel.
    »Konnten Sie mal dran spielen?«
    »Unten? Nein, die Schlange war zu lang. Die Jungs waren vor mir da.«
    »Wenn das so ist, können Sie’s mal mit meinem Gerät probieren«, sagte er.
    Ich war überrascht. In seinem Ton klang die Zweideutigkeit durch, obwohl er nicht wie einer von den Männern aussah, die solche Bemerkungen machen. Aber er war auch keiner von denen, die nicht wußten, was sie sagten. Ich ging nicht auf den Doppelsinn ein.
    »Danke. Sagen sie, ist Ihre Realität denn realer als die der anderen?«
    »Natürlich. Sie ist teurer. Bei virtueller Realität geht es darum, daß Wahrnehmungen beeinflußt werden. Das geht mit einfachen Geräten und relativ primitiver Grafik, weil das menschliche Wahrnehmungssystem bemerkenswert tolerant auf eine geradezu lächerlich karge audiovisuelle Stimulation reagiert. Um mehr Realismus zu erzielen, brauchen Sie ein System, das umfangreiche Gleichungskomplexe mit hoher Geschwindigkeit löst. Sie brauchen Prozessoren, die parallel arbeiten. Je mehr Sie brauchen, desto mehr müssen Sie bezahlen. Realität kostet Geld.«
    Ich hatte mir die Zigarette immer noch nicht angezündet. Sie klebte an meiner Lippe. Er beugte sich herüber, nahm mir sanft die Streichholzschachtel aus der Hand und riß ein Streichholz an. Knisternd loderte es auf, und ich sog die Flamme in die Zigarette, so daß ich nicht aufzublicken brauchte, bis ich den Rauch in die Luft blasen mußte. Es wurde Zeit, ihm eins auf die Finger zu geben.
    »Also schön. Konzeptuell klingt das alles sehr außergewöhnlich, aber wovon ist denn hier in Wirklichkeit die Rede? Von einem hochentwickelten Display mit interessanten Peripheriegeräten, von weiter nichts. Eine prätentiöse Kiste«, sagte ich.
    Er nahm ein neues Streichholz aus der Schachtel, knickte es, ohne es zu zerbrechen, steckte das eine Ende in den Mund und schnippte mit dem Daumen gegen das andere, so daß es im Kreis herumgezwirbelt wurde. Ich paffte ein paarmal triumphierend an meiner Zigarette, bis er das verdrehte Streichholz zu den anderen in den Aschenbecher schnippte; dann stand er auf und deutete zum Fenster. Er wartete neben dem Tisch auf mich und führte mich hinüber; eine Hand drückte mir durch den Baumwollstoff meines Kleides ins Kreuz.
    Das Fenster reichte von einer Wand zur anderen. Da war der breite, graue Hudson River, und ein Frachter wühlte Wasser auf, das kräuselte sich um die fernen Massen der Freiheitsstatue. Ich stellte mir vor, daß auf dem Fluß Verkehrslärm herrschen müsse,
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