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Die Spiele des Computer-Killers

Die Spiele des Computer-Killers

Titel: Die Spiele des Computer-Killers
Autoren: Denise Danks
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Ekstase durchfuhr mich wie eine Lanze, und ein stechendes Gefühl der Angst zischte wie kochender Sand in mir herauf und ergoß sich über meine Kopfhaut wie lauter nadelspitze Splitter. Erschauernd wartete ich auf den Aufprall, der nicht kam. Ich war nirgends hingeflogen. Ich stand an die Fensterkante gelehnt, schnappte nach Luft, starrte in die Tiefe. Alles war still; nur die kleinen bunten Bauklötze hielten an und fuhren weiter, brummten und bremsten tief unten auf der Straße.
    Zwei Zoll. Das Fenster war zwei Zoll weit aufgegangen, weiter nichts. Mir war es vorgekommen wie ein halber Meter, wie ein Meter. Die Hotels richten die Fenster so ein. Der Spalt muß so schmal sein, daß man keinen Fernsehapparat hinauswerfen und den Kopf nicht hindurchstecken kann. Zwei Zoll oder ein halber Meter — ich zitterte, als sei ich wirklich aus dem Himmel zurückgerissen worden.
    Als ich mich schließlich umdrehte, hatte er seine Kleidung wieder in Ordnung gebracht. Er sah ordentlich und ruhig aus, als sei er gerade hereinspaziert. Ich zog mein Kleid herunter und ging ins Bad. Um mich zu übergeben, dachte ich, aber dann strich ich mir nur das Kleid glatt und warf mein Haar zurück, ehe ich die Suite verließ. Im Korridor wartete jemand, um ein Interview zu machen. Ich hörte, wie David auf seine höfliche englische Art sagte: »Guten Tag. Tut mir leid, daß ich Sie habe warten lassen.«
    Genau das hatte er auch zu mir gesagt.
     

 Ich kam fünf Minuten zu spät in die Messeausstellung, aber David wartete nicht. Ich spürte dumpfe Enttäuschung in der Brust. Er war nicht gekommen. Oder er war gekommen und wieder gegangen. Ich hatte heftiges Herzklopfen von der anstrengenden Fahrt und von der gespannten Erwartung. So wanderte ich in dem betriebsamen Garderobenraum umher und sah zu, wie Geschäftsleute in leichten Anzügen, mitgenommen von der Hitze, durch die schweren Glas- und Metalltüren ins Foyer drängten, um einzuchecken. Ich war nur fünf Minuten zu spät gekommen; ich schaute mich noch einmal um, spähte zur Anmeldung hinüber, um sicherzugehen, dann zu den nächsten Türen, die in die Messehalle führten, dann wieder zurück zum Haupteingang.
    Er war immer pünktlich. Ich kam meistens zu früh. Er hatte gesagt, ich sollte an der Garderobe warten. Das hatte ich getan. Ich tat es immer noch, aber ich war fünf Minuten zu spät gekommen. Ich geriet in Panik. Gab es vielleicht mehr als eine Garderobe? Ich drehte mich um und wollte mich erkundigen, da rutschte mir meine Tasche von der Schulter und fiel auf den Boden. Streichhölzer. Zerbrochene Streichhölzer. Manche V-förmig geknickt, manche entzweigebrochen, auf dem Boden verstreut wie Vogelfüße.
    Ich blickte hoch und sah ihn, eine regungslose Gestalt im Gedränge der Leute. Er stand mir direkt gegenüber, neben dem Lift in einem der mit dicken Teppichen ausgelegten Korridore, die links und rechts von der Halle wegführten. Ein Finger war in das Jackett gehakt, das über seiner Schulte hing. Seine dunkle Krawatte war tadellos gebunden und von einer Diamantnadel gehalten, und sein weißes Hemd war bis zum Kragen zugeknöpft. Er wirkte kühl und unzerzaust, während ich fühlte, wie mir der Schweiß zwischen den Brüsten hinunterrieselte.
    »David, entschuldige«, sagte ich und lief auf ihn zu.
    »Ich muß in zehn Minuten meine Präsentation geben.«
    »Wo warst du denn?«
    »Hier.«
    »Schon lange?«
    »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Ich habe ein Zimmer reserviert.«
    Er reichte mir einen gelben Memozettel. Darauf hatte er eine Zimmernummer und den Namen eines Hotels geschrieben, das zwei Straßen weiter lag. Es war ein großes, luxuriöses Hotel. David hatte gern große, luxuriöse Hotelzimmer, wenn er in der Stadt war. Ich wohnte in der Stadt, aber er kam nie zu mir nach Hause. Er meinte, es sei umständlich.
    »Wie lange bleibst du?«
    »Frag nicht. Komm mit«, sagte er.
    Ich folgte ihm durch den stillen Korridor und hastete hinter ihm her über den roten und malvenfarbenen Teppich, der auch die Wände bis zur Decke bedeckte, wo zahllose winzige Leuchten ihre Lichtstrahlen durch das Halbdunkel spießten. Rasch führte er mich zwei Treppen hinauf, und der Lärm des Foyers und das geschäftige Stimmengewirr in der großen- Halle blieben hinter uns zurück. Hier war der Korridor nicht beleuchtet, und rechts war eine große, leere Garderobe, wo Reihe um Reihe aneinandergeketteter Kleiderständer bis weit hinten ins tiefe Schwarz standen. Er trat hinter die Theke
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