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Die silberne Göttin

Die silberne Göttin

Titel: Die silberne Göttin
Autoren: P Rowell
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Ich habe es Ihnen ja gesagt höflicherweise verkniff. Sie hatte wenigstens den Anstand, bekümmert dreinzuschauen. Eine zarte Röte lag auf ihren Wangen. Er streckte die Hand aus. "Stellen Sie Ihren Fuß auf meinen, und stoßen Sie sich ab, wenn ich Sie hochziehe."
    Wortlos gehorchte sie, und Rob, der ihr zuvor den Malkoffer übergeben hatte, zog sie in seine Arme und setzte sie vor sich in den Sattel. Während er dem Pferd die Absätze in die Flanken drückte, legte er automatisch die Arme enger um die Dame. Sofort wurde sie am ganzen Körper steif. Verwirrt runzelte er die Stirn. Was stimmte bloß nicht mit ihr? Schließlich wollte er sie ja nicht entführen. Ganz im Gegenteil, er war dabei, sie zu retten!
    Er parierte sein Pferd. "Miss Kethley." Sie antwortete nicht, und ihr Gesicht konnte er nicht sehen, weil sie entschlossen nach vorne blickte wie eine Gefangene, die tapfer ihrem Schicksal ins Auge sah. Rob fasste sie am Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
    "Bitte, Miss Kethley, sagen Sie mir, womit ich Sie gekränkt habe." Sie schüttelte den Kopf. Schließlich öffnete sie den Mund, um ihm zu antworten. Doch sie schloss ihn wieder und blieb stumm. "Habe ich Sie auf irgendeine Art verletzt oder beleidigt?"
    Sie schluckte mühsam und schüttelte wieder den Kopf. "N…" Sie befeuchtete die Lippen und versuchte es noch einmal. "N…nein."
    "Und ich werde es auch nicht."
    Rob presste gekränkt die Lippen zusammen und ritt weiterhin den Berg hinauf.
     
    Iantha saß vor dem Baron im Sattel, durch seinen Körper gegen den Schnee geschützt, und zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie würde ihre Angst bezwingen. Schließlich hatte der Mann nichts getan, was diese Angst rechtfertigte. Er benahm sich korrekt und anständig – sogar ritterlich. Doch sie hatte geglaubt, das Herz bliebe ihr stehen, als er auf sie drauf gefallen war. Selbst das Gebrüll der Lawine war von dem Aufruhr in ihrer Seele übertönt worden. Die Angst, lebendig begraben zu werden, verblasste vor der Furcht, die das Gewicht seines Körpers in ihr hervorrief.
    Wenn sie doch nur diese verhassten Bilder aus ihrer Erinnerung verbannen könnte! Dann wäre sie jetzt einfach nur erleichtert darüber, nicht länger um ihr Gleichgewicht kämpfen zu müssen. Außerdem schirmte die kräftige Gestalt ihres Retters sie gegen Wind und Schnee ab, sodass sie die Kälte nicht mehr als so beißend empfand wie zuvor. Trotzdem schienen ihre Finger an dem Malkasten festgefroren zu sein, und sie konnte die Zehen nicht mehr spüren.
    Während sie so dasaß, stellte sie fest, dass seine Lordschaft viel größer war, als es ihr aus der Entfernung vorgekommen war. Seine breiten, muskulösen Schultern hatten ihn viel kleiner erscheinen lassen. Er war ein großer Mann. Stark. Sie ermahnte sich, daran zu denken, dass er seine Stärke nur dazu benutzt hatte, ihr zu helfen. Um ihre aufkommende Panik unter Kontrolle zu halten, durfte sie nur daran denken.
    Beherrschung. Beherrschung war die Festung, in der sie sich verstecken konnte.
    Und sie war fest entschlossen, diese Beherrschung aufrecht zu erhalten.
    Gerade als Iantha glaubte, Kälte und Wind würden nie aufhören, erreichten sie die Straße, die das Schloss mit dem Tal verband. Noch einige Schlitterpartien, und sie fanden sich in einem großen, steinernen Stallgebäude wieder, umgeben von Stille und willkommener Wärme. Iantha reckte ihre schmerzenden Schultern und blickte sich um. Ein grauhaariger, stämmiger Pferdeknecht kam eilig auf sie zu.
    "Mylord! Endlich sind Sie heil wieder zu Hause. Burnside und ich haben gerade beratschlagt, ob wir eine Suche starten sollen." Er reichte hinauf, blinzelte Iantha zu und nahm ihr den Malkasten aus den klammen Fingern. "Und wen haben wir denn da?"
    Er setzte den Lederkasten ab, streckte ihr die Arme entgegen, und Iantha ließ sich aus dem Sattel gleiten. Vorsichtig setzte er sie auf dem Boden ab und hielt vorsichtshalber ihren Arm fest. Und das war auch gut, denn die halberfrorenen Füße und Beine drohten, ihr den Dienst zu verweigern. Iantha hielt sich mit der anderen Hand am Sattel fest.
    "Hast du je erlebt, dass ich nicht wieder heil aufgetaucht bin, Feller?" Seine Lordschaft sprang gewandt vom Pferd und lächelte dem Stallknecht zu.
    "Nein, Mylord, außer damals in Orissa. Da waren Sie keineswegs heil." Feller grinste. "Ich hab's ja zu Burnside gesagt. 'Pass nur auf, wie ein falscher Penny wird er wieder auftauchen, ganz bestimmt', hab ich gesagt. Und da sind Sie!"
    "Und da bin ich",
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