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1697 - Aibons Echsenfalle

1697 - Aibons Echsenfalle

Titel: 1697 - Aibons Echsenfalle
Autoren: Jason Dark
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Der Mann gab keine Antwort. Er starrte vor sich hin, als würde er nachdenken.
    Die Verkäuferin wiederholte ihre Frage. Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken. Sie war beileibe nicht neu im Geschäft und hatte schon viele Kunden erlebt, doch einer wie dieser stellte eine Ausnahme dar.
    Dabei war der Mann völlig normal gekleidet. Eine graue Hose, ein schwarzer Pullover und ein kurzer Mantel, der ihm bis zu den Knien reichte.
    »Ja, ja …« Plötzlich nickte er und zerrte den Anzug vom Bügel. Er wusste, wo die Kabine lag, und ging mit kleinen, jedoch schnellen Schritten darauf zu. Um hineinzugehen, musste er eine helle Tür aufziehen, was er mit einer hastigen Bewegung tat. Dann war er in der Kabine verschwunden.
    Die Verkäuferin atmete einige Male tief durch. Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt. Jetzt beruhigte er sich wieder.
    Sie ging zur Seite, um einige Pullover zurechtzulegen, die ein Kunde einfach so hatte liegen lassen. Dabei behielt sie die Tür der Umkleidekabine stets im Auge.
    Um diese Mittagszeit herrschte in der Abteilung nicht viel Betrieb. Deshalb war die Angestellte auch allein. Ihre Kollegin war zu Tisch gegangen, sie würde erst in einer Viertelstunde zurückkehren.
    Lena dos Santos wünschte sich, dass der Typ bald wieder erschien und den Anzug kaufte. Alles andere war ihr egal. Dieser Mensch kam ihr nicht normal vor, obwohl er normal aussah. Aber es gab etwas an ihm, das sie gestört hatte.
    Sie wartete. Ihren Platz bei den Pullovern hatte sie nicht verlassen. Es blieb auch weiterhin ruhig in der Abteilung. Dabei hätte sie jetzt gern andere Kunden gehabt, um abgelenkt zu werden, doch gerade jetzt erschien niemand. Alle Welt schien sich gegen sie verschworen zu haben. Selbst der Abteilungsleiter ließ sich nicht blicken, obwohl sie ihn sich in diesem Fall herbeigewünscht hätte. Ansonsten konnte sie gern auf den arroganten Typen verzichten.
    Der Kunde hatte ihr nichts getan. Sie hörte auch nichts aus der Kabine. Das war auch nicht normal. Üblicherweise gaben die Kunden ihre Kommentare ab, auch wenn sie nur mit sich selbst sprachen.
    Lena hatte nicht auf die Uhr geschaut und auch irgendwie das Gefühl für Zeit verloren. Schließlich gab sie sich einen Ruck und ging auf die Kabinentür zu. Es gehörte nun mal zu ihren Pflichten.
    Einen Schritt vor der Tür hielt sie an. Sie reduzierte ihren Atem. Sie wollte auf keinen Fall stören und konzentrierte sich voll und ganz auf die Laute hinter der dünnen Tür.
    Da waren keine zu hören.
    Es gab nur die Stille. Lena kannte es anders, wenn Männer ihre Klamotten anprobierten. Das war in der Regel mit Kommentaren verbunden. Manche negativ, andere positiv. Hier hörte sie nichts.
    Wieder schlug ihr Herz schneller. Sie wusste, dass sie etwas Bestimmtes tun musste, holte tief Luft und versuchte, ihre Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen.
    »Sir, ist alles in Ordnung?«
    Keine Antwort.
    Die nächste Frage bestand aus einer üblichen Floskel. »Kommen Sie zurecht, oder kann ich Ihnen helfen?«
    Auf diese Frage erhielt sie eine Antwort. Nur klang die anders, als sie es sich vorgestellt hatte. Was da an ihre Ohren drang, war für sie nur schwer zu identifizieren. Sie vernahm so etwas wie ein Knurren. Es konnte auch ein Stöhnen oder Grummeln sein. Möglicherweise eine Mischung aus beidem.
    Das klang nicht normal.
    Lena schluckte. Plötzlich fing sie an zu zittern. In ihrem Kopf wirbelten Gedanken, die alles andere als positiv waren. Der Druck im Magen blieb auch weiterhin und das Herz klopfte abermals schneller. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn, aber sie gab nicht auf und versuchte es erneut.
    »Sir, bitte – ich möchte – ich meine – ist alles in Ordnung?«
    Wieder erhielt sie eine Antwort. Leider bestand sie nicht aus Worten. Ein Zischen erreichte ihre Ohren, dann erfolgte abermals der Stöhnlaut.
    Dahinter passiert was!, dachte sie. Und wahrscheinlich etwas Schreckliches. Das hatte nichts mehr mit einer normalen menschlichen Reaktion zu tun. Das war völlig anders.
    Lena dos Santos war eine Angestellte, die seit drei Jahren in diesem Betrieb arbeitete. Sie hatte Verhaltensregeln bekommen. So wusste sie, wie man sich Kunden gegenüber verhalten musste. Der Kunde war König und sie wollte nicht, dass sie einen Fehler machte.
    Diese Kabinen waren eine Welt für sich. Darin hatte sich schon so einiges abgespielt. Sie hatte Fixer erlebt, die sich einen Schuss setzen wollten, und einmal wollte ein Paar eine schnelle Nummer
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