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Die silberne Göttin

Die silberne Göttin

Titel: Die silberne Göttin
Autoren: P Rowell
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zeigte nicht so viel Dekollete, wie es gewöhnlich bei Abendkleidern üblich war. Als sie fortfuhr, den Schrank zu durchsuchen, fand sie genügend Unterröcke, um den üppigen Rock aufzubauschen, damit sie nicht Gefahr lief, beim Gehen über ihn zu stolpern. Glücklicherweise schien die frühere Lady Duncan etwas kleiner als Iantha gewesen zu sein.
    Sie schlüpfte in das Kleid und verbarg die Pistole wieder unter ihren Röcken. Dann verbrachte sie eine Weile damit, sich mit dem Kamm, den sie auf dem altmodischen Toilettentisch gefunden hatte, die zerzausten Haare zu frisieren. Sie ordnete die schimmernden Locken zu einer schlichten Frisur, indem sie sie mit ihren eigenen silbernen Haarkämmen teilweise hochsteckte. Die restlichen Haare fielen ihr in weichen Wellen in den Nacken. Zumindest war ihr Haar, als es seine Farbe verlor, lockig geblieben.
    Iantha fühlte sich an ihre Kindheit erinnert, als sie mit den Gewändern ihrer Großmutter Verkleiden gespielt hatte. Sie öffnete die Tür und warf einen Blick hinaus in den Flur. Als sie niemanden sah, schlug sie die Richtung ein, aus der sie, wie sie glaubte, mit Lord Duncan gekommen war, und machte sich auf die Suche nach der Halle. Sie hatte bereits erkannt, dass es der falsche Weg war, als sie um eine Ecke bog und beinahe mit einer höchst wunderlichen Erscheinung zusammengestoßen wäre.
    Iantha schnappte erschrocken nach Luft und fuhr zurück.
    Die Erscheinung tat es ihr nach.
    Aber dann verbeugte sie sich.
    "Ich bitte um Vergebung, Madam, dass ich Sie erschreckt habe. Ich bin Vijaya Sabara."
    Iantha starrte den schlanken, mittelgroßen Mann an, dessen Kopf von einem Turban aus kostbarer Seide umhüllt war. Die olivfarbenen Wangen und das Kinn waren von einem gepflegten Bart bedeckt. Ein großer Saphir, der an seiner Kopfbedeckung befestigt war, hing ihm mitten in die Stirn. Und seine Kleidung … Sie konnte nicht aufhören, sie erstaunt zu betrachten. So farbenprächtig. So prächtig. So …
    So fremdländisch.
    "Ich … oh … Wie …wie geht es Ihnen?" Wie schrecklich ungeschickt! Der Mann musste sie ja für eine Närrin halten. Iantha errötete.
    "Danke, sehr gut." Er zog verwundert die Brauen hoch. "Ich wusste nicht, dass wir hier eine Dame beherbergen."
    "Lord Duncan rettete mich vor dem Sturm. Ich bin Iantha Kethley. Könnten Sie mir den Weg zum Speisezimmer zeigen?"
    "Ah. Bitte erlauben Sie mir, dass ich Sie dorthin geleite. Sie gehen genau in die falsche Richtung." Die Erscheinung bot Iantha nicht den Arm an, doch sie forderte sie mit einer eleganten Handbewegung auf, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Die junge Frau wandte sich um und begleitete den Mann den Weg zurück, den sie gekommen war. Was für einen Anblick mussten sie beide wohl abgeben, sie in ihrem altmodischen Kleid, er in seinem juwelengeschmückten seidenen Gewand? Wie Gäste einer Maskerade!
    In Ianthas Kopf drehte sich alles. Sie schien den Bezug zur Realität zu verlieren, sie fühlte sich fast wie die Heldin in einer Schauergeschichte. Der Sturm hatte sie aus ihrer eigenen Zeit, von ihrem angestammten Platz hinweggefegt … wohin? Würde sie als Nächstes einem Gespenst begegnen, das seinen Kopf unter dem Arm trug? Der Himmel mochte es verhüten!
    Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als sie Lord Duncans kräftige Gestalt die Treppe heraufkommen sah. Wenigstens sah er in seinen Kniehosen aus Wildleder und dem sauberen Mantel um die breiten Schultern sehr englisch, vertraut und normal aus. Die Wirklichkeit hatte sie wieder.
    "Da sind Sie ja, Miss Kethley. Ich komme, um Sie zum Essen zu geleiten. In diesem Gemäuer kann man sich leicht verirren."
    "Ja. Das habe ich mich bereits." Sie lächelte. "Wie es scheint, muss ich heute ziemlich oft gerettet werden."
    Seine Lordschaft schmunzelte. "Es ist uns ein Vergnügen. Ich sehe, dass Sie bereits meinen Freund Prinz Vijaya begegnet sind. Auf Wunsch seines Vaters, dem Maharadscha von Orissa, ist er mit mir nach England gekommen, um unser Land besser kennen zu lernen."
    Vor der Tür eines kleinen Esszimmers angekommen, verbeugte sich der Inder erneut. "Stets zu Ihren Diensten, Miss Kethley. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden?"
    Ohne eine weitere Erklärung verschwand er den Gang hinunter. Iantha blickte Seine Lordschaft fragend an.
    "Vijaya zieht es vor, allein zu speisen." Rob führte sie in den Raum, bot ihr einen Stuhl an und setzte sich dann ihr gegenüber. "Viele Inder sind der Meinung, dass Essen eine private
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