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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie
Autoren: Amanda Mccabe
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laut. Sie spürte, wie seine Hand ihren Arm packte und er sie grob hinter sich schob. Ihr Beschützer, ihr rettender Ritter.
    Doch sie gehörte nicht zu den schreckhaften Damen. Während sie ihren Dolch zückte, stellte Marguerite sich auf die Zehenspitzen und warf einen Blick über Nikolais Schulter.
    Es war der Comte de Calonne, der sie bedrohte. Aber ein Comte, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Sie hatte ihn immer für einen freundlichen Mann gehalten, wenn auch eher unbedeutend in seiner leutseligen Art. Geschlagen mit einer unzufriedenen Frau, war er nur kraft seines alten Familiennamens und wegen guter Verbindungen mit dem Auftrag betraut worden, den englischen König zu einem Vertrag mit Frankreich zu bewegen.
    Aber sie hatte sich getäuscht. Es war sehr töricht gewesen, ihn zu unterschätzen. Wirklich töricht, denn ihr Leben hatte immer davon abgehangen, wie schnell sie das wahre Gesicht eines Menschen erkannte. Pater Pierre hatte recht – sie war so mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt gewesen, dass sie nicht gemerkt hatte, dass es einen Feind in den eigenen Reihen gab, der ihr nach dem Leben trachtete. Wie viele Fehler hatte sie auf dieser Reise schon begangen!
    Der Comte blieb mit erhobenem Degen in einiger Entfernung vor ihnen stehen. Er war offenbar allein gekommen, ohne Wachen zu seiner Unterstützung. Aber er schien sie heute Nacht auch nicht nötig zu haben. Sein Gesicht war wie aus Marmor, und er glich einer antiken Statue. Weit davon entfernt, ein feierfreudiger höfischer Possenreißer zu sein, der unter der Fuchtel seiner Frau stand, war er jetzt ein Soldat mit einer tödlichen Mission.
    „Monsieur Ostrowski“, sagte er ruhig. „Ich habe keinen Streit mit Euch, aber wenn Ihr mich an meinem Vorhaben hindert, muss ich Euch leider beseitigen. Es tut mir sehr leid, je suis désolé, aber ich muss den Befehlen meines Königs gehorchen.“
    Nikolai schüttelte den Kopf und beschrieb mit seinem eigenen Degen einen eleganten Bogen. „Marguerite wird meine Frau werden. Wenn Ihr mit ihr einen Streit habt, so habt Ihr ihn auch mit mir.“
    „Oh, wie schade, Monsieur!“, erwiderte der Comte traurig. „Trotz Eurer Verbindung zu den Spaniern schient Ihr mir ein feinfühliger Mann zu sein. Jetzt sehe ich, dass Ihr nicht anders seid als alle anderen, beherrscht von Eurer männlichen Eitelkeit angesichts ihrer Schönheit. Schon früher bedeutete Marguerite den Tod für so viele Männer. Lasst sie jetzt nicht für Euren Tod verantwortlich sein. Befreit Euch von ihrem Zauber und überlasst sie mir.“
    Marguerite schloss die Finger fester um den Griff ihres Dolches. Ihr war, als würde sie innerlich gefrieren. Und gleichzeitig mit diesem Gefühl stieg eine heiße Wut in ihr auf. Wie konnte er es wagen, Nikolai derart zu beleidigen? Wie konnte er es wagen, sie zu verleumden, wenn er selbst nichts anderes als ein gedungener Mörder war? Ein gedungener Mörder, der zwischen ihr und alldem stand, was sie liebte und wonach sie sich in dieser Welt sehnte.
    Sie trat an Nikolais Seite und ließ sich nicht erneut von ihm zurückschieben. Lässig spielte sie mit dem Dolch, während sie den Comte genau musterte in der Hoffnung, eine Schwachstelle zu entdecken, die sie zu ihrem Vorteil nutzen konnte. Sie selbst durfte keine Schwäche zeigen.
    „Ihr habt recht, Monsieur le Comte“, sagte sie mit ihrer verführerischsten Stimme. Dabei ließ sie ihren Mantel von den Schultern gleiten, der sich zu ihren Füßen bauschte, und benutzte den Dolch, um die Verschlüsse ihrer Weste zu öffnen. „Unsere Auseinandersetzung betrifft nicht Monsieur Ostrowski. Er folgte nur meinen Anweisungen. Man könnte sagen, er war mein Werkzeug und half mir bei meinem Auftrag. Männer sind solche dummen kleinen Lämmer, n’est-ce pas ?“ Mit der freien Hand öffnete sie die Weste, löste die Bänder ihres Hemdes und entblößte die weichen, weißen Rundungen ihres Busens. „So hilflos gegenüber den Reizen einer Frau …“
    „Marguerite!“, knurrte Nikolai. Sie warf ihm einen raschen Blick zu und betete, dass er ihre verzweifelte Botschaft verstand. Spiele mit, flehte sie. Vertraue mir .
    Er hob die Brauen, und sie wusste, dass er sie verstanden hatte. Jetzt waren sie wie ein Wesen, eine untrennbare Einheit. Und das musste genügen, um sie beide zu retten.
    „Du treulose Hure!“, brüllte Nikolai. Er ließ den Degen dicht vor seine Füße fallen und hob die Hände, als wollte er Marguerite an die Kehle gehen. Sie wehrte
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