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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2
Autoren: Celia Friedman
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entsprechend anzupassen. Die Anfangsfehler würden sich nicht wiederholen.
    »Warum bringt ihr diese Kreaturen in unsere Welt zurück?«, fragte Anukyat. »Ihr müsstet doch wissen, was sie anrichten werden.«
    Hinter ihm zuckte ein Blitz auf. Nyukus Augen leuchteten silbrig und reflektierten das Licht wie die Augen einer Katze. »Sie sind inzwischen mehr als nur Tiere«, sagte er.
    Bisher hatte sich Anukyats Zorn nur gegen ihn selbst gerichtet, doch jetzt fand er plötzlich ein neues Ziel. »Nähren sie sich nicht mehr von menschlichen Seelen?«, wollte er wissen. »Rauben sie den Menschen nicht länger jenen Funken, der sie menschlich macht? Willst du behaupten, ihr hättet sie ›gezähmt‹, und sie könnten nun friedlich unter uns leben?« Er starrte den Ikata an; aus seinem Blick sprach ungezügelter, glühender Hass. Ein Hass, der seltsam reinigend war und all seine verabscheuungswürdigen Handlungen der jüngsten Zeit aus seinen Poren zu spülen schien wie ein tödliches Gift. »Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
    »Viele Menschen werden sterben.« Nyuku nickte. »Das ist der Preis dafür, dass ihre Vorfahren uns in die Verbannung getrieben haben. Tausend Jahre waren wir abgeschnitten von der Welt, vom Herzschlag der Menschheit. Doch nun sind wir frei.«
    Wie von selbst kamen die Worte über Anukyats Lippen. »Nicht alle.«
    Der Zorn flammte in Nyukus Augen auf wie die Blitze am Himmel. »Die Übrigen werden folgen. Diejenigen von uns, die stark genug waren, um hierherzukommen, werden ihnen den Weg ebnen. Sobald wir die Menschen unserer Herrschaft unterworfen haben, kehren wir zurück und reißen den Heiligen Zorn zur Gänze nieder.«
    Wieder raste ein Blitz über den Himmel; der folgende Donnerschlag war so laut, das Anukyat die Ohren dröhnten. Er würde mir das alles nicht erzählen, wenn er mich am Leben lassen wollte , dachte er. Doch die Erkenntnis konnte ihn nicht allzu sehr erschrecken. Vielleicht war er abgestumpft gegen die Angst … oder er fürchtete sich noch mehr davor, am Leben zu bleiben und die Folgen seines Verrats mit ansehen zu müssen.
    »Die Lyr werden nach euch suchen«, sagte er leise. »Sie wissen, wer ihr seid. Und sie wissen, wo sie euch finden können.«
    »Bis sie sich aufgerafft haben, sind wir längst nicht mehr in dieser Gegend. Und sie werden nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen.« Der Ikata schlug mit dem Schwanz gegen Nyukus Schenkel; sein Reiter streckte die Hand aus und strich über die glänzende Haut. »Es ist ein weiter Flug, Anukyat.« Er sprach leise. »Ich denke, du verstehst, wie ich das meine.«
    Anukyat verstand.
    Die schwarzen Augen des Ungeheuers fingen seinen Blick ein und hielten ihn fest. Er konnte sich nicht losreißen. Die Macht des Ikata leckte an seiner Seele, löste seine Lebenskräfte aus ihrer Verankerung, riss daran, als wären sie rohes Fleisch. Währenddessen schlug hinter ihm ein Blitz ein, und der kurze Lichtstrahl spiegelte sich tausendfach in den schwarzen Facettenaugen des Ikata.
    »Fahr zur Hölle«, sagte er.
    Und sprang.
    Der brennende Hunger des Ikata war noch für einen kurzen Moment zu spüren, dann ging er im Gefühl des Fallens unter. Die Luft rauschte an Anukyats Gesicht vorbei. Regentropfen lieferten sich ein Wettrennen mit ihm. Die Schwerkraft umarmte ihn sanft, mit gelassener Unerbittlichkeit. Und ganz am Ende kam sie ihm entgegengerast: die Freiheit.
    Nyuku stand stumm auf dem Felsturm und sah enttäuscht auf den zerschmetterten Körper hinab. Hinter ihm zappelte sein Konjunkt rastlos hin und her. Er war hungrig. Und an diesem Ort war kein menschliches Futter mehr zu finden, also musste er sich mit ein paar einheimischen Schlangen und Fröschen begnügen. Und das vor einem langen Flug. Noch dazu im Regen. Die große Bestie war von der Aussicht nicht begeistert.
    Nyuku schaute nach Norden. Die unheilvolle Macht des Heiligen Zorns war bis hierher zu sehen: Der Fluch war durchbrochen und verblutete langsam. Die Lyr würden sich um die Bresche scharen und versuchen, jeden seiner Brüder zu töten, der die Barriere überwinden wollte. Vielleicht gelang es ihnen irgendwann sogar, die Lücke behelfsmäßig zu schließen. Aber auch das würde das Unvermeidliche nur hinausschieben. Von seinen Brüdern waren bereits so viele hierher gelangt, wie er für seine Pläne brauchte. Und in den Südlanden befand sich eine Königin. Sie waren also nicht länger im Land der Finsternis und der Kälte gefangen. Die ganze Welt stand ihnen
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