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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2
Autoren: Celia Friedman
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durch den Leinensack mit den Vorräten gefressen, aber das bemerkt niemand, denn niemand hat mehr die Kraft dafür. Der Krieg gegen die Ratten ist nicht zu gewinnen, sie sind inzwischen stärker als die Menschen; die geflügelten Dämonen haben die Natur neu geordnet, um ihren Hunger besser stillen zu können …

    … Das Brennholz für den Winter geht zur Neige, zum Heizen sind nur noch Möbel, Kunstwerke und Bücher geblieben. Wozu den Dingen nachtrauern? Sie werden nicht mehr gebraucht. Neben der Tür liegt eine Axt, sie ist unbenutzt, denn niemand hat mehr die Kraft – oder den Willen –, sie zu gebrauchen. Das Kind in der Wiege fröstelt im Schlaf, aber es wacht nicht auf. Seiner Seele wurde alle Kraft entzogen, nur eine leere Hülle ist geblieben, zu schwach, um selbst im Traum die versiegte Milch der Mutter zu vermissen …

    … Einstmals goldene Städte sind gealtert, verwahrlost, ihres Glanzes beraubt, von Unkraut überwuchert. Von prächtigen Tempeln schlägt man den Marmor ab, um damit andere Bauten zu errichten, die ihrerseits bald wieder aufgegeben werden. Götterbilder aus Ebenholz werden zu Brennholz zerhackt. Wenn es nichts mehr gibt, um sich zu kleiden, reißt man unersetzliche Wandteppiche in Stücke, oder man legt sie auf die Erde, um darauf zu schlafen, bis sie mit der Zeit feucht werden und zerfallen …

    … Eine Handvoll Überlebender stolpert durch das sterbende Land, um nach Schicksalsgenossen zu suchen. Hoch über ihnen kreist ein einzelner Dämon und pickt an ihren Seelen wie ein Aasvogel an verwesendem Fleisch, aber diese Seelen lassen sich nicht so schnell und mühelos verschlingen wie bei anderen Menschen. Ein Geschenk der Götter? Oder nur eine Laune der Natur? Einer der Überlebenden stürzt und steht nicht mehr auf, aber die anderen sind stärker. Entschlossener. Sie bringen die Kraft auf, ihm ein Totenmal zu errichten – an sich schon ein Akt des Widerstands –, dann setzen sie ihren Weg fort. Irgendwo muss es andere geben wie sie, die sich zu wehren wissen gegen die Macht der Dämonen, vielleicht sind einige sogar vollends dagegen gefeit …

    … Wenn sie durch Dörfer kommen, lassen sie die Schwächeren zurück, die Starken fordern sie auf, mit ihnen zu ziehen. Sie wollen nach Norden, wollen Schutz suchen auf schneebedeckten Fluren unter eisigem Himmel in den sonnenlosen Landen, die von den Dämonen gemieden werden. Männer und Frauen verschiedener Hautfarbe, verschiedener Gestalt und verschiedener Sprache finden sich so zusammen. Manchmal schließen sich gleich mehrere aus einem Dorf an, manchmal trottet nur ein Einzelner traurig zwischen den Fremden dahin. Auch Kinder sind darunter, sie müssen laufen, um Schritt zu halten. Hagere Gesichter, gequälte Augen. Einige von den Jüngeren haben ihre Eltern weit hinter sich gelassen, andere zerren sie hinter sich her wie übergroße Puppen, ohne zu begreifen, dass der Geist in ihnen längst erloschen ist …

    … Hexen und Hexer schreien ihre Macht zum Himmel und schaffen mit ihrem letzten Atemzug gewaltige Illusionen. Die Eindringlinge werden von Bildern riesiger Ungeheuer mit kobaltblauen Schuppen und Schwingen aus Buntglas – zehn Mal größer als sie selbst – eingeschüchtert und nach Norden getrieben. Die Sonne wird, außer in einer Richtung, überall durch Wolken verdeckt, die mit Hexerei erzeugt wurden. Auch damit scheucht man die Dämonen nach Norden. Immer nach Norden. Kein Zauber dieser Größe kann lange standhalten, aber für jede Hexe, jeden Hexer, der fällt, steht ein anderer auf und nimmt seinen Platz ein, denn alle kennen den Preis des Scheiterns …

    … Sie setzen die Fundamente für den letzten Verteidigungswall der Menschen, einen Fluch, der so grauenvoll ist, dass ihn kein lebendes Wesen überwinden kann. Aber wer soll die Bewohner der Eisfelder schützen, die hinter dieser Linie wohnen, wenn die Zauberwand endgültig steht? Alkal antwortet: Sie sind nicht zu retten. Sie sind Opfer. Lasst uns um sie trauern …

    … Blut auf dem Eis, gebrochene Schwingen im Schnee, Dämonengeruch: All das markiert den Weg für die Jäger, die folgen werden. Denn der Feind ist angeschlagen und findet unter dem kalten Himmel weder Trost noch Heilung …

    … Hexen und Hexer murmeln Gebete, während sie die Wände ihrer zylinderförmigen Gräber hochziehen. Stein für Stein legen sie mit eigener Hand, und schließlich schreiben sie von innen das Lied ihres allerletzten Opfers auf die Mauern. So gehen wir denn in den
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