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Die Schwarze Keltin

Die Schwarze Keltin

Titel: Die Schwarze Keltin
Autoren: Ellis Peters
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Frau und dem Dutzend seiner Leute davongemacht hatte, die es vorzogen, sich ins Lager zurückzuschleichen und ihre Wunden zu lecken, blieben ihm noch genügend kräftige Kämpfer, um die Sache zu bewerkstelligen. Noch allerdings mußten sie warten, warten, bis die Herde mit ihrer Eskorte eintraf, denn wenn der Angriff einmal im Gange war, würden sicher auch andere seine Rechtmäßigkeit erkennen und ihnen nachfolgen. Nicht einmal Hywel, vorausgesetzt, der Fürst schickte ihn auch diesmal wieder als seinen Vertreter, würde es gelingen, seine Krieger zurückzuhalten, wenn sie erst einmal dänisches Blut hatten fließen sehen. Erst Cadwaladr, und dann natürlich die Boote. War der Fehdehandschuh geworfen, würden die Waliser sich nicht mehr aufhalten lassen und sich ihr Silber zurücknehmen und Otir mit seinen Piraten aufs Meer hinaustreiben.
    Es war eine lange Wartezeit, und den Wartenden schien sie sogar noch länger, aber Otir rührte sich kein einziges Mal von seinem Posten vor seinen Linien. Sie hatten ihre Wachsamkeit einmal schleifen lassen, das würde ihnen nicht wieder passieren. Die Gelegenheit war verpaßt worden, eine zweite Überraschung würde es nicht geben. Sie würden weder Hywel noch Owain selbst noch einmal vollauf vertrauen.
    Gwions Wachtposten auf dem Hügel machte regelmäßig seine immer gleiche Meldung: keine Veränderung, nichts rührte sich, noch kein Zeichen von Staub, den die Herde auf dem sandigen Pfad aufwirbelte. Sonnenaufgang lag schon mehr als eine Stunde zurück, als er endlich ausrief: »Sie kommen!« Und dann klang auch schon das träge und unregelmäßige Muhen der Tiere zu ihnen herüber. Dem Klang nach waren sie wohlgenährt und getränkt und verfolgten ihren Weg nach einer nächtlichen Ruhepause von mindestens ein paar Stunden.
    »Ich sehe sie. Gut eine halbe Kompanie! Jetzt tauchen sie neben und vor den Treibern aus dem Staub auf. Hywel hat seine Truppen mitgebracht. Nun haben sie die Dänen entdeckt...« Dieser An blick hätte Owains Truppe wohl innehalten lassen können.
    Sie hatten schließlich nicht damit gerechnet, die vollständige Streitmacht der Eindringlinge in Schlachtaufstellung vorzufinden, nur um ein paar hundert Stück Vieh zu verladen.
    Aber sie rückten im Schrittempo der Tiere unverdrossen weiter vor. Und nun war der erste der Reiter deutlich zu erkennen: hochaufgerichtet in seinem Sattel, barhäuptig, flachsblondes Haar. »Das ist nicht Hywel, das ist Owain Gwynedd selber!«
    Cadfael hatte von seinem Hügel oberhalb des verlassenen Lagers die Sonne auf diesen blonden Kopf scheinen sehen und erkannte selbst auf diese Entfernung, daß der Fürst von Gwynedd persönlich gekommen war, um die Dänen sein Land verlassen zu sehen. Langsam bewegte er sich näher heran und sah auf das bevorstehende Zusammentreffen unten am Strand hinunter.
    In der Mulde zwischen den Dünen stellte Gwion seine Linien auf und ließ sie ein wenig vorrücken. Noch waren sie aber hinter den geschwungenen Sandwällen verborgen, die vom Wind geformt worden waren und von den widerspenstigen Gräsern und Büschen teilweise überwuchert und an ihrem Platz gehalten wurden.
    »Wie weit noch?« Er würde es wagen, auch Owain zum Trotz. Und die Stammesmitglieder, die dort Owain auf den Fersen folgten, würden nicht alle bedingungslos ihrem Fürsten gehorchen. Sie würden den Angriff sehen und nahe genug heran sein, daß das Feuer auf sie über springen konnte, und dann würden sie sich ihnen hinzugesellen und der Attacke zum Sieg verhelfen.
    »Noch nicht in Rufweite. Ein wenig noch!«
    Otir stand auf seinen kräftigen, sorgfältig geschienten Beinen wie ein Felsen in der auslaufenden Brandung und beobachtete das Herannahen des stämmigen schwarzbraunen Viehs und seiner bewaffneten Eskorte. Sie war nur in leichter Bewaffnung, wie Männer, die ihren alltäglichen Geschäften nachgehen. Von dieser Seite brauchte man keinen Verrat zu fürchten. Es war auch kaum wahrscheinlich, daß Owain bei dem ungeschickten Überfall der letzten Nacht irgendeine Rolle gespielt oder auch nur Kenntnis davon gehabt hatte. Unter seiner Ägide wäre die Durchführung sicher sehr viel besser ausgefallen.
    »Jetzt!« rief die Wache schneidend von oben. »Jetzt, wo sie alle auf Owain sehen. Ihr könnt sie über die Flanke nehmen.«
    »Vorwärts!« schrie Gwion und schoß mit einem entschlossenen und befreiten, ja beinahe frohlockenden Gebrüll aus dem Schutz der Dünen hervor. Seine Kameraden stürzten Hals über Kopf hinter
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